Leicht erhöhtes KHK-Risiko bei Gallensteinen

Drei große Kohortenstudien bestätigen: Bei Gallensteinen ist auch das Risiko für eine KHK erhöht. Das liegt allerdings zum größten Teil am ungesunden Lebensstil der Gallensteinpatienten. Risikofaktoren für Gallensteine überlappen sich zum Teil mit denen für eine KHK – so sind Diabetiker, Adipöse und Patienten mit metabolischem Syndrom offenbar besonders gefährdet, größere Kristalle in der Gallenblase zu bilden. Einige epidemiologische Studien deuten in der Tat darauf, dass Gallensteinpatienten ein erhöhtes Risiko für eine KHK tragen. Allerdings hätten viele dieser Studien nur eine kurze Nachbeobachtungszeit gehabt, zudem sei nicht immer für Lebensstilfaktoren korrigiert worden, berichten Forscher um Dr. Yan Zheng von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston. Damit lässt sich also noch immer nicht sicher sagen, ob Gallensteine einen unabhängigen Risikofaktor für eine KHK darstellen und eine dysfunktionale Gallenblase möglicherweise sogar eine KHK begünstigt. Die Ernährungswissenschaftler und Epidemiologen um Zheng wollten etwas mehr Klarheit erlangen, indem sie einige der größten und ältesten Kohortenstudien der USA nach entsprechenden Angaben durchforsteten: die Nurses’ Health Studies (NHS) I und II sowie die Health Professionals Study (HPS). Die NHS I begann im Jahr 1980, hier liegen Angaben zu Nachuntersuchungen über 30 Jahre vor, 22 Jahre sind es bei der NHS II und 24 Jahre bei der HPS. Das Alter der Teilnehmerinnen der NHS I lag zu Beginn bei Ende 40, in der NHS II bei Mitte 30. Die männlichen Ärzte der HPS waren zu Beginn Mitte bis Ende 50. Auswerten ließen sich Angaben zu rund 225.000 Krankenschwestern und 44.000 männlichen Ärzten. KHK-Rate teilweise verdoppelt Bei der Erstbefragung gaben 6,2% der Frauen der beiden NH-Studien an, schon einmal unter Gallensteinen gelitten zu haben, etwa halb so viele (3,3%) waren es bei den Männern in HPS. Wie erwartet, fanden die Forscher bei Gallensteinpatienten deutlich mehr kardiovaskuläre Risikofaktoren: So war der BMI in NHS II mit 28 versus 24 deutlich höher, in den beiden anderen Studien waren die Unterschiede etwas kleiner. Männer mit Gallensteinen trieben deutlich weniger Sport als solche ohne – das ließ sich mit etwas geringeren Unterschieden auch bei den Frauen in den beiden NH-Studien beobachten. Gallensteinpatienten hatten in allen drei Studien öfter einen Diabetes, eine Hypertonie und Hypercholesterinämie, auch tranken sie weniger Alkohol als solche ohne Gallenprobleme. Im Laufe der drei Studien wurde bei rund 21.200 Patienten erstmals eine KHK festgestellt. Berücksichtigten die Forscher das unterschiedliche Alter der Teilnehmer, war die KHK-Rate in NHS I bei Gallensteinpatienten um 51%, in NHS II um 113% und in HPS um 26% erhöht. Wurden jedoch die üblichen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes, Hypertonie, Rauchen, körperliche Inaktivität, Übergewicht und erhöhte Cholesterinwerte berücksichtigt, blieb nur noch ein relativ kleiner Unterschied übrig. Danach war das KHK-Risiko bei Gallensteinpatienten in NHS I nur noch um 15%, in NHS II um 33% und in HPS um 11% erhöht. Nach diese Daten scheinen Gallensteine in der Tat ein unabhängiger, wenngleich nicht besonders relevanter Risikofaktor für eine KHK zu sein. Bei einer derart starken Überlappung mit kardiovaskulären Risikofaktoren ist es allerdings auch gut möglich, dass das verbleibende kleine „Restrisiko“ auf noch nicht berücksichtigten Begleitfaktoren beruht und Gallensteine letztlich doch nichts anderes als ein Marker für einen ungesunden Lebensstil darstellen. Auffallend ist jedenfalls, dass die KHK-Rate bei Gallensteinpatienten ohne Adipositas, Diabetes oder Hypertonie ebenfalls deutlich erhöht war. Die Risikodifferenz war sogar noch höher als die zwischen kardiovaskulären Risikopatienten mit und ohne Gallensteine. Ob sich hier ein noch nicht berücksichtigter Begleitfaktor oder ein unabhängiger Risikofaktor manifestiert, lässt sich jedoch kaum sagen. Einfluss auf Darmmikrobiom? Wurde in weiteren Analysen nach einem Zusammenhang mit Herzinfarkten oder Revaskularisierungsprozeduren geschaut, ergaben sich ähnliche Differenzen: Die Raten waren bei den Gallensteinpatienten nach Berücksichtigung der kardiovaskulären Risikofaktoren um 8–20% erhöht. Nahmen die Forscher um Zheng noch vier weitere Kohortenstudien dazu, fanden sie vergleichbare Ergebnisse: Die KHK-Rate war über alle Studien gemittelt bei Gallensteinpatienten im Schnitt um 23% erhöht. Gallensäuren sind wichtig zur Regulation des Darmmikrobioms. Stoffwechselprodukte aus dem Darm wie Trimethylamin-N-Oxid und L-Carnitin werden mit einem erhöhten KHK-Risiko assoziiert. Auf diese Weise könnte eine gestörte Gallenfunktion zum erhöhten KHK-Risiko beitragen, vermuten die Harvard-Forscher.

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