Erschienen in:
06.04.2022 | Neugeborenenscreening | Leitthema
Prinzipien der translationalen Gentherapie für neuromuskuläre Erkrankungen
verfasst von:
Prof. Dr. med. B. Schoser
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 6/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
In den letzten Jahren ist aus der theoretischen Hoffnung Realität geworden – erste hereditäre neuromuskuläre Erkrankungen sind ursächlich behandelbar geworden. Neuromuskuläre Erkrankungen sind damit zum Schrittmacher dieser Therapieform für die Gesamtneurologie geworden.
Ziele
Dieser Beitrag beschreibt Prinzipen der Präzisionsgentherapie für neurogenetische Erkrankungen an Beispielen neuromuskulärer Erkrankungen.
Diskussion
Unterschiedliche Strategien der Gentherapie haben sich etabliert und sind in präklinischen und klinischen Studienphasen sowie in zugelassener Form in der Langzeitevaluation. Ziel jeder Gentherapie ist die Modifikation oder Einführung des Zielgens mit Initiierung einer Degradation dysfunktionaler Proteine. Unterschiedliche Techniken wie Gentransfer, Gensubstitution oder Geneditierung in vivo und ex vivo sind nun nutzbar. So kann eine Modifikation der Prä-mRNA mittels Antisense-Oligonukleotiden oder die RNA-Interferenz (siRNA) z. B. für ein Exonskipping genutzt werden. Eine Initiierung der Genexpression zur Produktion des Zielproteins kann auf einer Modifikation der DNA mittels Genersatz, zellbasierter Therapien (iPS-Zellen), Regulation durch kompensatorische Proteine oder pharmakologische Therapie mit sog. „small molecules“ beruhen. Jede Methode hat Vorteile und komplexe Nachteile, die individuell evaluiert werden müssen. Oft treten phänotypische Besonderheiten einer seltenen Erkrankung erst durch deren spezifische translationale Therapie hervor. Schon heute zeichnet sich ab, dass ein sehr früher Zeitpunkt für eine Gentherapie wohl der effektivste ist. Daher bekommt das Neugeborenenscreening einen neuen zusätzlichen Stellenwert, da durch die frühe Diagnosestellung der bestmögliche Erfolg der Therapien ggf. sogar präventiv erreichbar wird.