Erschienen in:
22.03.2017 | Journal Club
Kriminologischer Beitrag
Opfer und Täter(in) in einer Person: ein qualitativer Versuch des Verstehens
verfasst von:
Dr. Angelika Treibel
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
|
Ausgabe 2/2017
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Auszug
Die Kriminalpolitik baut üblicherweise auf der Trennung von Tätern und Opfern auf, konstatieren Hass und Hannis (
2017) in ihrer aktuellen Studie. Dass sich diese Trennung in Forschungsbefunden nicht widerspiegelt, ist hinlänglich bekannt. Vielmehr zeigt sich empirisch, dass Viktimisierung und Täterschaft keine polarisierten Gegensätze sind, sondern in Biografien häufig gemeinsam auftreten. Den Forschungsstand fassen Hass und Hannis diesbezüglich wie folgt zusammen: Täter/-innen haben im Vergleich zu Nichttäter/-innen ein 1,5- bis 7‑faches Risiko, Opfer zu werden; Opfer haben ein 2‑ bis 7‑faches Risiko, Täter/-innen zu werden. Der Zusammenhang von Opfer- und Täterschaft steht im Zentrum der Studie der Autorinnen. Sie beziehen sich dabei explizit auf die Erklärungsmodelle der Lifestyle- und „Routine-activities“-Ansätze, die in den 1970er-Jahren aufkamen und besagen, dass demografische Merkmale und der Lebensstil einer Person das Risiko von Viktimisierung und von Täterschaft erhöhen. Auch jüngere Studien belegen, dass der Lebensstil sowohl Täterschaft als auch Viktimisierung vorhersagen kann. Es besteht jedoch aus Sicht der Autorinnen eine Forschungslücke im Sinne einer qualitativen Betrachtung des Aspekts von gleichzeitigem Opfer- und Tätersein, insbesondere aus Sicht von Täter/-innen. …