Zusammenfassung
Kulturelle Faktoren beeinflussen die Entscheidung zur Therapiebegrenzung auf Intensivstationen maßgeblich − allerdings oft implizit. Wir sehen daher Handlungsbedarf in drei Bereichen:
Umgang im klinischen Alltag: Für eine kultursensitive Entscheidungsfindung sollte stärker eine Kommunikation und Beratung mit Patienten und den Angehörigen erfolgen, die eine aktiv initiierte, offene Gesprächsbereitschaft über kulturelle Werteinstellungen beinhaltet. Zur Unterstützung können neben qualifizierten Sprachdolmetschern auch sog. Kulturdolmetscher eingesetzt werden. Besonders wichtig ist es, dass Ärzte und Pflegepersonal ihre eigenen kulturellen Vorstellungen kritisch reflektieren und im Umgang mit Patienten und deren Familien kulturelle Stereotype vermeiden.
Rolle von Familie/Gemeinschaft: Da der Wille des Patienten im Zentrum von Entscheidungen stehen sollte, muss der Einbezug der Familie in Absprache mit den Patienten erfolgen. Da sich in zahlreichen Kulturen der einzelne über die Familie definiert, ist ihre Einbindung erforderlich. Allerdings ist es wichtig, auch moderne bzw. alternative Familienformen zu berücksichtigen.
Kultursensitiver Forschungsbedarf: Angesichts der Vielschichtigkeit kulturabhängiger Probleme gerade bei medizinethisch heiklen Entscheidungen wie Therapiebegrenzungen ist es wichtig zu realisieren, dass die Forschungen hier erst am Anfang stehen. Für die Zukunft wird es wichtig sein, dass verschiedene kulturelle Sub-Kategorien auch in ihrer Interaktion (als sog. Akkulturation) genauer untersucht werden.