Unzureichende Diagnostik Diabetes-Fehlklassifikation kostet jungen Mann das Bein

Bei einem jungen Mann deutet klinisch vieles auf einen Typ-2-Diabetes hin. Erst als er sich mit schweren Komplikationen vorstellt, wird die Fehldiagnose korrigiert. Der Mann, in dessen Familie viele an Typ-2-Diabetes leiden, ist 23 Jahre alt, hat einen BMI von 40 kg/m2 und weist einen Gelegenheitsblutzucker von 1000 mg/dl auf, als die Erkrankung auch bei ihm diagnostiziert wird (1). Danach gelingt es dem Patienten zwar, über 60 kg abzunehmen, er begibt sich aber nur gelegentlich in ärztliche Behandlung und trotz Therapieversuchen mit oralen Antidiabetika, inklusive Metformin und Glipizid, ist sein Blutzucker weiter zu hoch. Im Alter von 30 Jahren landet er dann mit einem diabetischen Fußulkus im Krankenhaus. Bei dem jetzt normalgewichtigen Patienten wird ein HbA1c von 13% gemessen – was den Verdacht auf einen latenten Autoimmundiabetes im Alter (LADA) weckt. Das Labor bestätigt die Verdachtsdiagnose eines Autoimmundiabetes durch den Nachweis von Autoantikörpern gegen Glutamatdecarboxylase (GADA) und, durch einen C-Peptidspiegel von 0,3 ng/ml, auch die Notwendigkeit einer Insulintherapie. (Das C-Peptid entsteht bei der Insulinsynthese aus Proinsulin; Werte unter 0,9 ng/ml sprechen für eine Insulintherapie.) Unter dem daraufhin eingeleiteten Basis-Bolus-Insulinregime wird eine deutliche Verbesserung der Blutzuckereinstellung erreicht, die Therapie kommt aber zu spät, um die Amputation des rechten Beins unterhalb des Knies (sowie nachfolgende Amputationen) und eine Nephropathie zu verhindern. "Tests auf LADA breiter einsetzen!" „Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei Erwachsenen Verdacht auf einen Autoimmundiabetes zu schöpfen, besonders wenn die klinischen Informationen nicht richtig zusammenpassen“, schreibt das Ärzteteam um Camryn Keller von Ochsner LSU Health Shreveport (Louisiana), das die Kasuistik in JAMA Internal Medicine vorstellt. Laut Keller et al. haben 2–12% aller Menschen, die im Erwachsenenalter an Diabetes erkranken, einen LADA. Die Schwierigkeit bestehe darin, dass der LADA klinisch anfangs oft nicht von einem Typ-2-Diabetes zu unterscheiden sei. „Bis zu 40% der Betroffenen werden initial als Typ-2-Patienten fehldiagnostiziert.“ Durch die verspätete Diagnose eines LADA könnten Morbidität und Mortalität der Erkrankung erheblich steigen. Umgekehrt hätten im vorliegenden Fall durch eine engere Überwachung und einen früheren Beginn der Insulintherapie die schweren vaskulären Komplikationen wahrscheinlich verhindert oder zumindest verzögert werden können. Empfehlung der Redaktion Fortbildung zu Prävention, Therapie und Folgeerkrankungen DIAD – Die Initiative gegen Diabetes und Adipositas von Springer Medizin Live-Webinare und aktuelle Fortbildungsartikel sind das Herzstück von DIAD – der Initiative gegen Typ-2-Diabetes und Adipositas von Springer Medizin, gemeinsam mit Gesundheitspartnern. Die interprofessionelle Zusammenarbeit steht dabei im Fokus. Wir halten Sie zu Prävention, neuen Therapien und optimierter Patientenversorgung informiert! Zur Vermeidung von solchen Fehldiagnosen raten Keller et al., sich an die Empfehlung eines internationalen Expertenteams zu halten und die Tests auf LADA breiter einzusetzen (2). Dies soll insbesondere dann geschehen, wenn die Patienten unter 50 sind, bei ihnen oder in der Familie Autoimmunkrankheiten bekannt sind, der BMI < 25 kg/m2 ist und sie auf orale Antidiabetika nicht im erwarteten Ausmaß ansprechen. Die stufenweise Abklärung beginnt mit einem Screening auf GADA. Ein positives Ergebnis spricht für einen LADA. Durch die nachfolgende Messung des C-Peptids (in nüchternem Zustand und nach Pausierung von Medikamenten wie Insulin, Sulfonylharnstoffen, GLP-1-Agonisten und DPP-4-Inihbitoren) wird geklärt, ob die Betazellen noch Insulin produzieren und damit wie bei Typ-2-Diabetes behandelt werden kann oder ob bereits Insulin gespritzt werden muss.

Springer Medizin

Unzureichende Diagnostik Diabetes-Fehlklassifikation kostet jungen Mann das Bein

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft