Erschienen in:
24.02.2021 | Sprachentwicklung | Originalien
Langzeitverlauf nach stationärer Sprachtherapie: schulische und sprachliche Entwicklung von Kindern mit schwerer spezifischer Sprachentwicklungsstörung (SES)
verfasst von:
Dr. Sebastian Dippold, Jana Wolf-Mühlbauer, Dr. Anne Lässig, Dr. Marie-Anne Kainz, Prof. Dr. Matthias Echternach, Prof. Dr. Annerose Keilmann
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 12/2021
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Zusammenfassung
Hintergrund
Vornehmlich im anglikanischen Sprachraum durchgeführte Studien zeigen, dass Sprachentwicklungsstörungen zu Benachteiligungen in schulischer und beruflicher Entwicklung führen. Wie sich die Situation in Deutschland darstellt, ist nicht publiziert. Wir haben Heranwachsende und junge Erwachsene, die aufgrund einer SES stationär behandelt worden waren, bezüglich ihrer schulischen und sprachlichen Entwicklung befragt.
Methodik
Auf Grundlage eines hierfür entwickelten Fragebogens wurden insgesamt 193 junge Erwachsene, die in den Jahren 1998–2005 stationär in der Abteilung Kommunikationsstörungen der HNO-Universitätsmedizin Mainz behandelt worden waren, kontaktiert und bezüglich ihrer schulischen Entwicklung und der noch aktuell bestehenden sprachlichen Defizite befragt. Es konnten 70 Probandinnen/Probanden in die Studie eingeschlossen werden.
Ergebnisse
Knapp die Hälfte der Probandinnen/Probanden (48,6 %; n = 34) besuchte in den ersten vier Jahren durchgehend die normale Regelgrundschule, die andere Hälfte (50 %; n = 35) eine Sprachheilschule bzw. Förderschule mit Schwerpunkt Sprache/Kommunikation (andere: 1,4 %; n = 1).
Die Schullaufbahn beendeten 31,5 % (n = 22) mit dem Abitur/Fachabitur, 33 % (n = 23) mit dem Realschulabschluss und 30 % (n = 21) mit dem Hauptschulabschluss, drei Personen mit einem sonderpädagogischen Abschluss, eine ohne Abschluss. Heute noch sprachliche Einschränkungen zu haben verneinten 71 % (n = 50) der Probandinnen/Probanden.
Schlussfolgerung
Die schulische und sprachliche Entwicklung nach einer stationären Therapie einer schweren SES scheint günstig zu verlaufen. Die schulische Laufbahn wurde in über 90 % mit einem Regelschulabschluss beendet, und sprachliche Schwierigkeiten wurden von den befragten Probandinnen/Probanden als untergeordnet eingeschätzt.