Erschienen in:
16.11.2017 | Larynxkarzinom | Übersichten
Rekonstruktion der Befundung des Larynxkarzinoms Kaiser Friedrichs III. durch Rudolf Virchow
verfasst von:
Prof. Dr. K. Hussein, B. Panning
Erschienen in:
Die Pathologie
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Ausgabe 2/2018
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Zusammenfassung
Rudolf Virchow ist einer der Mitbegründer der modernen Pathologie und viele seiner Vorstellungen von entzündlichen und neoplastischen Krankheiten haben bis heute Gültigkeit. Die Dignitätsbestimmung war natürlich auch für Virchow nicht immer leicht. Dies soll am Beispiel der Kehlkopferkrankung des deutschen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, des späteren Kaisers Friedrich III., erläutert werden.
Der klinische Befund sprach von Anfang an für ein Karzinom, aber auch eine entzündliche Läsion wurde diskutiert. Es wurde mehrfach versucht, die Läsion bioptisch abzutragen, aber es kam zu lokalen Rezidiven, wobei die ersten Gewebeentnahmen nicht histopathologisch untersucht worden waren. Da Kehlkopftumoroperationen damals eine hohe Mortalität hatten, sollte die histopathologische Klärung der Dignität erfolgen, um eine Entscheidung für oder gegen die Operation zu treffen. Die nach Vortherapie entnommenen Proben erfüllten nicht Virchows Kriterien zur Festlegung eines Karzinoms. Entgegen der heutigen Vorstellung einer Carcinoma-in-situ-Karzinom-Sequenz vertrat Virchow das Konzept, dass sich Karzinome nicht aus dem Epithel ableiten, sondern durch eine mesenchymal-epitheliale Transformation aus dem Bindegewebe entstehen. Erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium wurde ein Kehlkopfkarzinom histopathologisch gesichert.
Die immer wieder aufgeworfene Frage ist, ob Virchow bereits am Anfang der Erkrankung ein Karzinom hätte diagnostizieren müssen. Die Antwort ist seit mehr als hundert Jahren die gleiche: Der Kliniker ist mit der histopathologischen Diagnose unzufrieden, also ist der Pathologe schuld.