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Erschienen in: Der Gynäkologe 11/2013

01.11.2013 | Geschichte der Gynäkologie und Geburtshilfe

Lebendgeburt und Totgeburt in der DDR

Motive und Konsequenzen der Neudefinition von 1961

verfasst von: Dr. phil. S. Mallik

Erschienen in: Die Gynäkologie | Ausgabe 11/2013

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Auszug

Überraschend wurde im Jahr 1961 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Gesetzgebung über die Tot- und Lebendgeburt (nachfolgend: Neudefinition) geändert. Als lebend geboren galten nur noch Neugeborene mit mindestens zwei definierten Lebenszeichen. In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) galt weiterhin die Ein-Lebenszeichen-Regelung. In der Folge wurde oft vermutet, dass die relativ positive Entwicklung der Säuglingssterblichkeit (SSt) der DDR nicht aus Fortschritten des Gesundheitssystems, sondern ganz oder zu Teilen aus diesem juristischen Eingriff resultierte. …
Fußnoten
1
Personenstandsgesetz 16.11.1956 sowie 1. Durchführungsbestimmung 07.01.1957.
 
2
BArch DQ 1/4069, September 1961.
 
3
Marcusson verwies im Juni 1960 zur Begründung auf einen Beschluss des Politbüros der SED zur Verbesserung der Auswertung von Todesursachen und fordert die Einführung getrennter Totenscheine für Totgeborene und gestorbene Säuglinge im ersten Lebensjahr bzw. für Gestorbene, die älter als 1 Jahr waren. Quelle: BArch DQ 1/6338, Ministerium für Gesundheitswesen, 17.07.1961, Sektor Recht.
 
4
§1 (2) Als menschliche Leiche gilt auch (a) eine entbundene Leibesfrucht, bei der Lungenatmung und Herzschlag eingesetzt hatten (lebend geboren); b, eine vor oder unter der Geburt verstorbene Leibesfrucht, wenn sie mindestens 30 cm lang ist (tot geboren).
 
5
BArch DQ 1/23878 Beratung der Kommission für die Definitionen auf dem Gebiet der Geburtshilfe, Aktenvermerk 10.05.1961.
 
6
BArch DQ 1/23878, Ministerium für Gesundheitswesen, Aktennotiz 07.08.1960.
 
7
BArch DQ 1/23878, Ministerium für Gesundheitswesen, Hausmitteilung der Sektion Gesundheitsschutz für Mutter und Kind 21.05.1959.
 
8
BArch DQ 1/3638, Ministerium für Gesundheitswesen, Schreiben des Sektors Gesundheitsschutz für Mutter und Kind 18.09.1961.
 
9
Vom 06.09.1961.
 
10
BArch DQ 1/4069, Ministerium für Gesundheitswesen, Sekretariat des Ministers, Vorlage für die Leitungssitzung, 04.11.1961, S 4.
 
11
Vgl.: Schubert O (1969) Über den Totenschein. In: Das Deutsche Gesundheitswesen, S. 1612, Heft 35/Jahrgang 14/1969, S. 1612–1620.
 
12
In Kraft getreten zum 01.10.1950.
 
13
Viertes Kind 250, jedes weitere 500 DM.
 
14
Weitere jeweils 600, 700, 850 DM, jedes weitere darüber hinaus: 500 DM; ab Juli 1972 jedes Kind 1000 M (10.05.1972, GBI. ll S. 314).
 
15
BArch DN 1/2261, Analysen zum Staatshaushaltsplan des Ministeriums für Finanzen.
 
16
Naujoks H (1957) Gerichtliche Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart, S 2. Nun war Naujoks nicht Arzt in der DDR, jedoch bestanden bis zum Bau der Mauer und darüber hinaus enge Verbindungen zwischen der Ärzteschaft der DDR und der Bundesrepublik. So beklagte das ZK der SED, Sektor Sozial- und Gesundheitswesen in einer „Übersicht über Feindtätigkeit im Bereich des Gesundheitswesens“ vom 24.06.1957 die „Einwirkungen auf unsere Ärzte während Besuchen von Westkongressen“, über „Propagandisten der westlichen Welt“ und die Kirche in Gesundheitseinrichtungen der DDR.
 
17
Landtag Brandenburg, Kleine Anfrage 2893 vom 17.05.2013, Drucksache 5/7314. Antwort der Landesregierung vom 18.06.2013, Drucksache 5/7487.
 
18
a.a.O.
 
19
Süddeutsche Zeitung vom 05.11.1992 „Ermittlung wegen Tötung Frühgeborener eingestellt“, S 6.
 
20
Auskunft der Landesärztekammer Thüringen vom 27.06.1996.
 
21
BArch DQ 1/4069, Ministerium für Gesundheitswesen, Sekretariat des Ministers, Vorlage für die Leitungssitzung am 04.11.1961, S 5.
 
22
BArch DQ 1/23881, Plan zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit 1952, Zwischenbericht, undatiert.
 
Literatur
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Zurück zum Zitat Breunung M, Rayner H, Rothe J (1971) Die Kriterien des Lebens bei Neugeborenen aus medizinischer und rechtlicher Sicht. Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Mathematisch-naturwissenschaftliche Reihe 1:18–19, S 18 Breunung M, Rayner H, Rothe J (1971) Die Kriterien des Lebens bei Neugeborenen aus medizinischer und rechtlicher Sicht. Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Mathematisch-naturwissenschaftliche Reihe 1:18–19, S 18
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Zurück zum Zitat Vogel C, Scheibe F-W (1970) Zur Frage der Entwicklung der Früh- und Spätsterblichkeit als Ausdruck der Epidemiologie der Säuglingssterblichkeit. Zentralbl Gynäkol 40:1295–1306 (Geburten in der Stadt Plauen von 1963–1968) Vogel C, Scheibe F-W (1970) Zur Frage der Entwicklung der Früh- und Spätsterblichkeit als Ausdruck der Epidemiologie der Säuglingssterblichkeit. Zentralbl Gynäkol 40:1295–1306 (Geburten in der Stadt Plauen von 1963–1968)
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Zurück zum Zitat Rahn J, Hinz G (1962) Pathologische Institute – Sektionseinrichtungen. Bau und Einrichtung pathologisch-anatomischer Krankenhausabteilungen (mit Ausnahme der Universitäts- und Akademie-Institute). Das stationäre und ambulante Gesundheitswesen, Bd 2 Rahn J, Hinz G (1962) Pathologische Institute – Sektionseinrichtungen. Bau und Einrichtung pathologisch-anatomischer Krankenhausabteilungen (mit Ausnahme der Universitäts- und Akademie-Institute). Das stationäre und ambulante Gesundheitswesen, Bd 2
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Zurück zum Zitat Lommatzsch F (1967) Der Begriff des „reifen“ und „unreifen“ Frühgeborenen und der Totenschein. Das Deutsche Gesundheitswesen 717–719 Lommatzsch F (1967) Der Begriff des „reifen“ und „unreifen“ Frühgeborenen und der Totenschein. Das Deutsche Gesundheitswesen 717–719
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Zurück zum Zitat Rothe J, Giersdorf P (1964) Zur Definition einiger geburtshilflicher Begriffe. Das Deutsche Gesundheitswesen 1058–1063 Rothe J, Giersdorf P (1964) Zur Definition einiger geburtshilflicher Begriffe. Das Deutsche Gesundheitswesen 1058–1063
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Zurück zum Zitat Schönherr W (1957) Die Rechtsstellung des Neugeborenen. Zentralbl Gynäkol 10:369–377, S 375 Schönherr W (1957) Die Rechtsstellung des Neugeborenen. Zentralbl Gynäkol 10:369–377, S 375
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Zurück zum Zitat Rahn J, Kuschel H (1967) Einige Rechts- und Verfahrensfragen des Pathologen in Bezug auf die Anordnung über die ärztliche Leichenschau vom 1. November 1961. Zentralbl Allg Pathol 110:19–29, S 20PubMed Rahn J, Kuschel H (1967) Einige Rechts- und Verfahrensfragen des Pathologen in Bezug auf die Anordnung über die ärztliche Leichenschau vom 1. November 1961. Zentralbl Allg Pathol 110:19–29, S 20PubMed
Metadaten
Titel
Lebendgeburt und Totgeburt in der DDR
Motive und Konsequenzen der Neudefinition von 1961
verfasst von
Dr. phil. S. Mallik
Publikationsdatum
01.11.2013
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Die Gynäkologie / Ausgabe 11/2013
Print ISSN: 2731-7102
Elektronische ISSN: 2731-7110
DOI
https://doi.org/10.1007/s00129-013-3272-1

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