Nicht selektive β-Blocker bei Patienten mit Leberzirrhose und klinisch signifikanter portaler Hypertension

Haben Patienten mit Leberzirrhose und klinisch signifikanter portaler Hypertension einen Nutzen vom Einsatz nicht selektiver ß-Blocker? Eine aktuelle Studie weiß Antwort auf diese Frage. Fragestellung: Eine klinisch signifikante portale Hypertension (CSPH) wird durch einen hepatisch-venösen Druckgradienten (HVPG) von ≥10mmHg definiert. Ziel der Studie war es, den Einfluss von β-Blockern auf die Anzahl der Dekompensationen und die Mortalität zu untersuchen. Hintergrund: CSPH ist ein starker Prädiktor für die hepatische Dekompensation und eine gesteigerte Mortalität bei Patienten mit Leberzirrhose. Der prophylaktische NSBB-(Nicht-selektive β-Blocker)-Einsatz wird allgemein bei Patienten mit CSPH empfohlen, primär aufgrund des Benefits in der Therapie von Ösophagusvarizen. Der Einfluss auf andere Komplikationen ist bisher nicht ausreichend untersucht. Patienten und Methodik: Die hier vorgestellte multizentrische Studie wurde von 2010 bis 2013 in Spanien durchgeführt. Es wurden Patienten im Alter von 18-80 Jahren eingeschlossen, die Therapie-naiv für Betablocker waren und einem HVPG ≥10mmHg, keine vorherige Dekompensation oder high-risk Varizen, aufwiesen. Die Diagnose der Leberzirrhose basierte auf einer Histologie oder kombiniert laborchemisch-sonografischen Parametern. Vor Einschluss in die Studie erfolgte eine HVPG-Messung, hierbei wurde das Ansprechen auf die i.v.-Gabe von Propanolol getestet. Bei einer Reduktion des HVPG um >10% erfolgte der Einschluss in den Propanolol/Placebo-Arm der Studie. Bei schlechterem oder ausbleibendem Ansprechen erfolgte die Randomisierung in den Carvedilol/Placebo-Arm. Insgesamt wurden 201 Patienten eingeschlossen, 101 in die Placebo-Gruppe, 67 erhielten Propranolol, 33 Carvedilol. Im Verlauf wurden bei den Patienten regelmäßig Blutanalysen, HVPG-Messungen und Endoskopien durchgeführt. Die Patienten durften keine Hepatitis-Therapie erhalten. Mit Einführung der DAA wurde die Studie aus ethischen Gründen vorzeitig beendet. Ergebnisse: Die primären Endpunkte wurden von 16% der β-Blocker-Gruppe und von 27% der Placebo-Gruppe erreicht (p=0,041). Der HVPG konnte in der β-Blocker- im Gegensatz zur Placebo-Gruppe signifikant reduziert werden. Der wesentliche positive Effekt einer β-Blocker Therapie war der signifikante Einfluss auf eine geringere Rate hepatischer Dekompensationen mit Entwicklung von Aszites und Spontan-Bakteriellen-Peritonitiden (p=0,0297). Die Rate an Nebenwirkungen war in der β-Blocker- und Placebo-Gruppe vergleichbar. Schlussfolgerung: Der Einsatz von NSBB verlängert das dekompensationsfreie Überleben von Patienten mit Zirrhose und CPSH, a. e. primär durch Reduktion von Aszites. Kommentar von Alexander Flaßhove und Christian Trautwein, Aachen Makuch et al. veröffentlichten 2005 im NEJM die Timolol-Studie, bei der der Einsatz von β-Blockern als kritisch, sogar kontraproduktiv eingeschätzt wurde. [1] Seitdem gab es eine Reihe von Studien, die zeigten, dass der kalkulierte Einsatz von β-Blockern vorteilhaft ist. Hierdurch ergibt sich ein Behandlungskorridor für die Therapie mit β-Blockern bei Patienten mit Leberzirrhose. [2] Das Fenster öffnet sich bei Erhöhung des CPSH bei ausreichend verbleibender kardialer Restfunktion zur Kompensation der negativen Effekte der β-Blocker auf die Herzfunktion. Bei zu starker Reduktion der kardialen Funktion schließt sich das Fenster und der Einsatz von β-Blockern erhöht z.B. das Risiko eines hepato-renalen Syndroms (HRS). Therapielimitierungen ergeben sich zusätzlich durch Daten, laut derer β-Blocker nicht bei Vorliegen einer SBP eingesetzt werden sollten. [3] Die aktuelle Studie erweitert die Indikation für NSBBs, um diese auch bei Patienten mit Leberzirrhose und erhöhten CPSH ohne fortgeschrittene Ösophagusvarizen einzusetzen. Die Studie hat allerdings verschiedene Limitationen. Der damals vorrangig eingesetzte β-Blocker war Propanolol. Mittlerweile wurde in mehreren Studien postuliert, dass Carvedilol bei Patienten mit Leberzirrhose und erhöhtem CSPH Propanolol überlegen ist. Hier kam es nur als Ersatzmittel zum Einsatz. Zudem ist die invasive Messung des HVPG in der klinischen Praxis nicht geregelt umsetzbar. Die Autoren empfehlen die indirekte Diagnose eines CSPH per Elastrografie oder Darstellung von Kollateralen. Schließlich verhindert die vorzeitige Beendigung der Studie eine höhere Aussagekraft bezüglich des Langzeitverlaufs. Fazit: Die Studie erweitert die Indikation des Einsatzes von NSBB bei Patienten mit Leberzirrhose und CSPH. Neben der Prophylaxe einer Ösophagusvarizenblutung, stellt dadurch auch die Primärprophylaxe von Aszites und SBP eine Indikation zum Einsatz von NSBB bei diesem Patientenkollektiv dar. Literatur 1. Groszmann RJ, Makuch R, et al. Beta-blockers to prevent gastroesophageal varices in patients with cirrhosis. N Engl J Med. 2005 Nov 24;353(21):2254-61 2. Krag A, Madsen BS, To block, or not to block in advanced cirrhosis and ascites: that is the question. Gut 2015 Jul;64(7):1015-7 3. Mandorfer M, Bota S, Schwabl P, et al. Nonselective beta blockers increase risk for hepatorenal syndrome and death in patients with cirrhosis and spontaneous bacterial peritonitis. Gastroenterology 2014;146: 1680–90.e1

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