Die CL stellt eine der am häufigsten aus beliebten Urlaubsregionen rund um das Mittelmeer nach Deutschland importierten Reisedermatosen dar. Eine zunehmende Inzidenz von Fällen aus südeuropäischen Endemiegebieten wie Mallorca und westlichen bzw. südlichen Regionen Italiens ist zu beobachten [
7,
8]. Im Mittelmeerraum sind 4
Leishmania-Spezies nachgewiesen worden, bei denen es sich um Protozoenparasiten der Alten Welt (AW) handelt [
2,
11]. Verbreitung findet hierbei insbesondere der in periurbanen bzw. ländlichen Urlaubsgebieten dominierende parasitäre Erreger
L. infantum des L.-donovani-Komplexes durch die dämmerungs- und nachtaktive Sandmücke der Gattung
Phlebotomus.
Phlebotomus perniciosus ist ein sowohl in Spanien als auch Italien vorkommender, kompetenter Vektor mit Haushunden und Nagetieren als primärem Erregerreservoir sowie Menschen als akzidentiellem Wirt [
9]. Eine Ausbreitung des Vektors außerhalb endemischer Gebiete ist aufgrund von Klimawandel, globaler Erwärmung, Umweltveränderungen sowie vermehrter Migration zunehmend häufiger [
9]. Die Diagnosestellung kann durch eine variable Klinik mit häufig atypischen Verlaufsformen, unspezifischer Symptomatik sowie einer oftmals lückenhaften oder fehlenden Reiseanamnese erschwert sein [
2,
10]. Nicht selten werden die CL als epitheliale Hauttumoren wie in unseren beiden Patientenfällen, Pseudolymphome, tiefe Mykosen, Ekthymata, bakterielle Hautinfektionen durch
Staphylococcus aureus oder β‑hämolysierende Streptokokken, atypische Mykobakteriosen, Sarkoidose, Lepra oder Syphilis fehldiagnostiziert [
5,
9]. Aus diesem Grund sind für die histologische Diagnostik adäquate Probenentnahmen unabdinglich. Insbesondere bei Flachexzidaten mit nur oberflächlicher Bindegewebserfassung kann die pseudoepitheliomatöse Hyperplasie histologisch falsch interpretiert werden und zur Fehldiagnose eines gut differenzierten spinozellulären Karzinoms führen. Die fatale Konsequenz ist die komplette Exzision, an der dann letztendlich erst die richtige Diagnose einer Leishmaniose gestellt wird. Sekundärinfektionen sowie „Mistreatment“ können das Resultat einer Fehldiagnose unterstützen, was folglich durch Einleitung inadäquater Therapieansätze zu einer erhöhten Morbidität und verminderten Lebensqualität führt [
3]. Diagnostisch beweisend ist der histo- und molekularpathologische Nachweis von Leishmanien oder Leishmanien-DNS im Gewebe [
1]. Chronische Krankheitsverläufe erschweren durch Auftreten granulomatöser entzündlicher Infiltrate sowie reduzierte Anzahl parasitierter Makrophagen oftmals den Erregernachweis [
10]. Die PCR-Sequenzierung stellt aufgrund hoher Sensitivität und Spezifität den diagnostischen Goldstandard dar und dient zur exakten Speziesdifferenzierung vor Auswahl eines geeigneten Therapieregimes [
1]. Alternativ kann sich die Therapieentscheidung in Ausnahmefällen, wie bei unserem Patientenfall 1, an epidemiologischen Daten aus der mit
Leishmania-Spezies potenziell infizierten Urlaubsregion orientieren. In der zuletzt im November 2010 aktualisierten AWMF-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der kutanen und mukokutanen Leishmaniose sind diverse topische und systemische Therapieansätze abhängig von der diagnostizierten
Leishmania-Spezies beschrieben [
12]. Grundsätzlich sollte bei Nachweis von
L. infantum in immunsupprimierten Patienten zunächst eine extrakutane bzw. viszerale Beteiligung ausgeschlossen werden [
12]. Diesbezüglich kann zum Ausschluss einer disseminierten Infektion eine Knochenmarkbiopsie mit Erregerdiagnostik bei bestehender Immundefizienz erwogen werden [
5]. Ein selbstlimitierender Krankheitsverlauf mit narbiger Ausheilung sowie Immunisierung ist bei durch
L. infantum ausgelöster CL spätestens nach ca. 2 Jahren möglich [
2,
3]. Zur Senkung des Risikos irreversibler, kosmetisch-ästhetischer Komplikationen ist jedoch ein vorzeitiges therapeutisches Vorgehen anzuraten [
2,
3]. Periläsionales Antimon, häufig in Kombination mit Kryotherapie, ist ein etabliertes Therapieverfahren bei klinisch einfachen Hautläsionen [
2]. Komplexe Läsionen (> 3 Läsionen, eine Einzelläsion > 40 mm Durchmesser, Läsionen im Gesicht, an Händen, Gelenken oder Haut-Schleimhaut-Übergängen, Satellitenläsionen, Lymphangitis oder -adenitis) sollten systemisch mit Antimon, Miltefosin oder liposomalem Amphotericin B behandelt werden [
2,
13,
14]. Als eine in der Leitlinie beschriebene weitere Therapieoption ist bei unkomplizierter CL der Off-label-Einsatz einer PDT mit Rotlicht (cPDT) oder DL-PDT angegeben [
12]. In der Literatur finden sich mehrere Fälle einer durch
L. major, L. tropica oder
L. donovani verursachten CL mit erfolgreichem Therapieansprechen [
1]. Für DL-PDT und cPDT ist eine gleich gute Wirksamkeit belegt [
4].
L. infantum-assoziierte PDT-Ansätze sind bislang nicht verzeichnet. Umso interessanter ist der Nachweis einer vollständigen Regredienz unter Initiierung einer erfolgreich empirisch eingesetzten, insgesamt 4‑wöchigen DL-PDT mit 2‑mal wöchentlichen Bestrahlungen einer CL mit unbekanntem Erreger (vermutlich
L. infantum) in dem beschriebenen Patientenfall 1 unserer Klinik. Der Vorteil der PDT gegenüber den derzeit empfohlenen, topischen und systemischen Maßnahmen besteht in einem effektiven, nebenwirkungsarmen, nichtinvasiven Behandlungsansatz mit kosmetisch vielversprechendem, meist narbenfreiem Resultat [
1,
4,
6]. Als mögliche therapielimitierende Faktoren müssen neben dem erhöhten Zeitaufwand (mehrere PDT-Sitzungen) auch Off-label-Use und damit verbundene fehlende Kostenübernahme durch die Krankenkassen erwähnt werden. Zudem können ausgeprägte Schmerzsymptomatik, Entzündungsreaktion oder Hypo- oder Hyperpigmentierung zu einem vorzeitigen Therapieabbruch führen [
1]. Daher ist die nebenwirkungsärmere DL-PDT der cPDT potenziell überlegen. Immunsuppression sowie großflächige, tiefe Läsionen werden als mögliche Kontraindikationen bei DL-PDT-Monotherapie betrachtet [
4]. Burmann et al. haben basierend auf einem klinischen Therapieerfolg mit mehreren Zyklen einer Rot- bzw. Grünlicht-PDT in 3 Patientenfällen mit CL-Läsionen, verursacht durch
L. major und
L. tropica, die PDT als mögliche Monotherapie vorgeschlagen und PDT als Adjuvans bei systemisch behandelten, komplexen Läsionen in der Therapieauswahl erwogen [
1]. Diesbezüglich existiert jedoch bei
L. infantum keine valide Datenlage. Inwieweit die PDT sich zukünftig als zuverlässige und sicher wirksame Therapieempfehlung zunächst in der Monotherapie bei durch
L. infantum assoziierter CL etablieren lässt, bleibt daher abzuwarten.