Erschienen in:
29.10.2019 | Leistenhernie | Originalien
Die demografische Perspektive auf maßgeschneiderte Therapieansätze
Eine Analyse der Lebensqualität am Beispiel der Leistenhernie
verfasst von:
M. Leuchter, E. Klar, M. Philipp
Erschienen in:
Die Chirurgie
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Ausgabe 1/2020
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Zusammenfassung
Einleitung
Der konstante Anstieg der Lebenserwartung seit über 170 Jahren ist eine der größten Leistungen der modernen Gesellschaft. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein 80-Jähriger 100 Jahre wird, hat sich in Deutschland seit 1950 verzwanzigfacht. Dieser Sachverhalt hat verschiedenste Implikationen für den klinischen Alltag und therapeutische Leitlinien. In der Hernienversorgung sollte neben quantitativen Faktoren (Komplikationen, Rezidivrate) auch die Lebensqualität („quality of life“, QoL) als patientenzentrierter subjektiver Faktor bei der Therapieoption berücksichtigt werden. Um heterogene Patientengruppen im Hinblick auf die QoL vergleichen zu können, muss eine Standardisierung gegenüber einer Referenzbevölkerung vorgenommen werden.
Material und Methoden
Datengrundlage bilden 310 nachverfolgte Patienten der Chirurgischen Universitätsklinik Rostock. Die Patienten wurden präoperativ klinisch untersucht und befragt sowie postoperativ auf postalischem Weg (Follow-up-Rate 66 %) eingebunden. Die mediane Nachverfolgungsdauer beträgt 20 Monate. Die Schmerzbelastungen wurden anhand der visuellen Analogskala (VAS) und die krankheitsunspezifische QoL durch den Erhebungsbogen EQ-5D evaluiert. Die Basis der Standardisierung bilden die repräsentativen Normwerte des EQ-5D für Deutschland.
Ergebnisse
Eine Analyse der Patienten in den verschiedenen Therapiearmen zeigt signifikante Unterschiede in der Alterszusammensetzung und im Gesundheitszustand (nach American Society of Anesthesiologists, ASA). Der Vergleich der QoL zwischen den beiden netzbasierten Verfahren (TAPP [transabdominell präperitoneal]/Lichtenstein) führt zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Rekonvaleszenz nach 6 Monaten möglich ist. Auffällig ist das leichte Absinken der QoL in der Lichtenstein-Kohorte, welches durch die Methode und das hohe Lebensalter begründet ist. Eine Berücksichtigung dieser Altersunterschiede führt zu einem veränderten Outcome.
Fazit
Das Konzept der Lebensqualität (QoL) spielt in den aktuellen Bewertungen von Therapieverfahren eine immer wichtigere Rolle. Bei einem Vergleich zwischen mehreren Verfahren muss eine Standardisierung vorgenommen werden, um die Heterogenität zwischen den Gruppen zu berücksichtigen. Ähnlich dem Konzept des „relative survival“ in der Krebsepidemiologie sollten die gemessenen QoL-Werte in das Verhältnis zu der alters- bzw. geschlechtsspezifischen Referenz der Allgemeinbevölkerung gesetzt werden, um den Effekt der beobachteten Erkrankung bzw. deren Therapie darzustellen.