Erschienen in:
01.12.2013 | Originalien
Letale Komplikationen nach Anlage suprapubischer Harnblasenkatheter
verfasst von:
Dr. L. Hagemeier, B. Madea, M. Klintschar, K. Albrecht
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 6/2013
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Versorgung mit einem suprapubischen Harnblasenkatheter (SPK) gehört zu den gängigen harnableitenden Maßnahmen bei Patienten mit Blasenentleerungsstörungen. Aufgrund der engen topografischen Lagebeziehungen der Beckenorgane in Verbindung mit dem Verlauf des Peritoneums können bei der Anlage allerdings iatrogene Verletzungen innerer Organe auftreten, die mit schwerwiegenden Folgen verbunden sein können.
Ziel der Arbeit
Der vorliegende Beitrag beschreibt letale Komplikationen nach SPK-Anlage. Er vermittelt dem Rechtsmediziner Kenntnisse darüber, was bei der Überprüfung eines möglichen kausalen Zusammenhangs zwischen einem letalen Outcome des Patienten und der SPK-Anlage zu beachten ist.
Material und Methoden
Aus dem Obduktionsgut eines einjährigen Zeitintervalls der rechtsmedizinischen Institute Bonn und Hannover erfolgte die Auswertung der Fälle letaler Komplikationen nach SPK-Anlage, die einer gerichtlichen Leichenöffnung zugeführt worden waren. Die Datenanalyse schloss das Studium der Behandlungsunterlagen ein.
Ergebnisse
Es fanden sich insgesamt 7 Fälle, bei denen durch die Obduktion sämtlich letztlich eine Peritonitis diagnostiziert wurde. Bei 2 Untersuchten lag gleichzeitig eine konkurrierende bzw. begleitende kardiale Todesursache vor, die durch die ausgeprägte Peritonitis jedoch vorstellbar begünstigt wurde. In 3 Fällen war aufgrund der allgemeinen Zustandsverschlechterung der Patienten nach der Punktion eine notfallmäßige Laparotomie notwendig. Als kritisch anzusehende Faktoren waren bei 2 der 7 Patienten vor der Einlage des Katheters ein geringes Blasenvolumen (Schrumpfblasen) bekannt und in 2 Fällen eine unzureichende präinterventionelle Blasenfüllung erfolgt. In einem Fall führte der Kontakt des Blockungsballons mit scharfkantigen Blasensteinen zum Platzen des Ballons, hiernach zum konsekutiven Verlust des Katheters und zu einer Infektion des Peritoneums.
Schlussfolgerung
Als typische Komplikationen der SPK-Anlage sind Hämaturie, Infektionen, Punktion eines prominenten Prostatamittellappens und Darmverletzungen zu nennen, die, für sich genommen, eine Peritonitis induzieren können. Bei Verdacht auf eine mögliche Fehlpunktion der Harnblase im Rahmen der Obduktion sollte, neben der genauen Beschreibung des Katheterverlaufs in situ, die laborchemische Untersuchung von ggf. in der Bauchhöhle befindlicher freier Flüssigkeit auf Kreatinin und Harnstoff erfolgen, um eine Urinäquivalenz zu verifizieren. Die Behandlungsunterlagen sind bezüglich möglicher absoluter Kontraindikationen zu überprüfen. Insbesondere der unzureichenden präinterventionellen Harnblasenfüllung kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Ferner sollten die Behandlungsunterlagen dahingehend überprüft werden, ob mögliche Beschwerden durch eine beginnende Peritonitis zu spät oder falsch erkannt und entsprechend behandelt wurden.