Erschienen in:
27.06.2019 | Originalarbeit
Liebe in der analytischen Behandlung
verfasst von:
Dr. Bernd Nissen
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 3/2019
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Zusammenfassung
Mit der Liebe tut sich die Psychoanalyse schwer. Sie wird als Gefahr für den analytischen Prozess begriffen, die – so die Angst – hinterlistig camoufliert den therapeutischen Prozess bedroht. In dieser Angst wird zu häufig übersehen, dass nicht die Liebe die Gefahr darstellt, sondern wie der Widerstand sich ihrer bedient, wie eine pathologische Organisation sie für ihre Zwecke missbraucht. Das Zulassen von Übertragungsliebe ist zweifellos mit Risiken behaftet – doch die Gleichsetzung der Übertragungsliebe mit Widerstand/pathologischer Organisation verunmöglicht die Entfaltung der Liebesfähigkeit; in der Verwicklung droht Verführung, damit Zerstörung des analytischen Raums; zu große Distanzierung führt über Kränkung und Beschämung in Stillstand. Der Liebe muss der Raum gegeben werden, damit sie sich zeigen und entfalten kann; sie muss im analytische Prozess werden. In dieses Werden ist der Analytiker involviert: In einer interpsychischen Dynamik wird Liebe momenthaft wie eine eigene Bildung erscheinen, in der sich eine historische, biografische Wirklichkeit und individuelle Wahrheit des Patienten zeigen, obwohl es sich um eine Schöpfung des Paares handelt. Die Komplexität dieser Dynamik wird mit einem ausführlichen Fallbeispiel illustriert, das den Prozess von der initialen Szene bis zur Aufhebung ins Ödipale beschreibt.