Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags …

  • haben Sie eine Basis für ihre chirurgische Tätigkeit zur „optimalen Naht“,

  • treffen Sie die Entscheidung bezüglich Nahtmaterial selbst und überlassen dies nicht wie so oft dem Personal,

  • kennen Sie die chirurgischen Nadeln, deren Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile.

Einleitung

Die Nadeln von chirurgischem Nahtmaterial sind ein entscheidender Faktor beim Wundverschluss. Die chirurgische Nadel platziert und führt das Nahtmaterial ins Gewebe. Für die optimale chirurgische Naht stellt neben dem Operateur selbst das chirurgische Nahtmaterial, also Nadel und Faden, einen entscheidenden Faktor dar. Dabei wird das Nahtmaterial von der jeweiligen, für ein bestimmtes Gewebe vorgesehenen Nadel möglichst atraumatisch durchs Gewebe geführt. Dabei muss sie in der Lage sein, das Nahtmaterial mit kleinstem Trauma durch das Gewebe zu führen. Zu oft wird jedoch nicht dem Gewebe angepasstes Nahtmaterial verwendet, was dann zu Nahtproblemen führen kann. Dass dem so ist, ist nicht nur auf mangelnde Kenntnis des chirurgischen Nahtmateriales durch den Chirurgen zuzuführen, sondern auch der weltweit nahezu unübersichtlichen Menge an verschiedenen Nadeltypen, Nadelformen und Fäden, die dann noch nach verschiedenen Normen geregelt sind, zuzuschreiben. Somit hängt die richtige Wahl von Nadel und Faden von dem zu fixierenden Gewebe, respektive dem entsprechenden Operationsgebiet ab.

Da es sich bei der Aufarbeitung dieses Beitrag gezeigt hat, dass die Menge an Nadeln und Fäden sowie auch deren Nomenklatur dermaßen unterschiedlich und von der Menge her sehr groß sind, sollen hier die in Zentraleuropa meistverwendeten Produkte beschrieben werden.

Die Nadelkonfiguration und die adäquate Auswahl der Nadel sind für das operative Verfahren ausschlaggebend. Die vielen Konfigurationen von chirurgischen Nadeln und die Wahl der geeigneten Nadel durch den Chirurgen hängen ab von der Art der Wunde oder des Gewebes, das operiert wird und genäht werden soll, und damit von dem Operationsgebiet und dem richtigen Verhältnis zur Größe des Nahtmaterials. Die chirurgische Nadel sollte dabei in der Lage sein muss, das Nahtmaterial mit minimalem Trauma durch das Gewebe zu führen.

Sämtliche Aspekte dieses chirurgischen Werkzeugs können nicht abgehandelt werden. Es sollen grundlegende Kenntnisse von chirurgischen Nadeln erörtert werden, wobei der Schwerpunkt auf Nadeln liegt, die in Orthopädie und Unfallchirurgie Anwendung finden.

Nadelanforderungen

Der Chirurg wünscht sich natürlicherweise für jede Operationssituation unabhängig von Gewebe und der anatomischen Situation ein „universales“ Nahtmaterial, mit dem er ohne Wechsel des Materials alles nähen kann. Wie wir jedoch wissen, existiert ein solches Produkt nicht, da jede Körperregion, jedes Gewebe und jede Situation individuelle Anforderungen an die Naht stellen und somit entsprechendes Nahtmaterial benötigen. Wie die Gewebeeigenschaften in verschiedenen Regionen des Körpers oder Schichten unterschiedlich sind, so sind auch die Anforderungen an das Nahtmaterial, hier die Nadeln, unterschiedlich. Die nachfolgend aufgeführten Eigenschaften sind für chirurgische Nadeln zu unterscheiden.

Nadelschärfe

Eine optimale Nadel sollte das Gewebe mit geringem Widerstand/Druck durchdringen können, ohne dabei ein Gewebetrauma größeren Ausmaßes zu hinterlassen. Es darf bemerkt werden, dass das Durchführen der Nadel durch das Gewebe durch den Chirurgen mindestens von identischer Bedeutung ist.

Die Nadel muss scharf genug sein, um Gewebe mit geringstem Widerstand zu penetrieren, damit ein leichtes und schnelles Eindringen in das Gewebe ermöglicht wird.

Durchzugverhalten

Beim Eindringen in und durch Haut und Gewebe sollten Nadel und Faden im Durchzugkanal zu wenig zusätzlicher Schädigung führen. Eine glatte und besonders eine beschichtete Nadeloberfläche erleichtern dies. Der Durchmesser sollte möglichst klein sein. Auch das Herausziehen der Nadel muss ohne zusätzliches Trauma möglich sein.

Biegefestigkeit

Darunter verstehen wir den Wert, wie leicht sich eine Nadel verbiegen lässt. Prinzipiell sollte eine Nadel 2 Eigenschaften aufweisen: einerseits so steif respektive biegefest sein, dass sie sich nicht verformt, und andererseits doch eine gewisse Elastizität aufweisen. Wir nennen dies stabil-elastisch.

Die Nadel sollte so steif, bzw. biegefest sein, dass sie sich bei der Naht nicht verformt. Die Biegefestigkeit gibt an wie leicht sich die jeweilige Nadel verbiegen lässt.

Elastizität

Das Nadelmaterial sollte so elastisch und flexibel sein, dass Nadelbrüche möglichst vermieden werden. Die Nadel sollte also eine gewisse Elastizität aufweisen, sodass sie nicht permanent verbogen bleibt und bei gewissem Druck wieder in die ursprüngliche Form zurück „federt“. Dadurch sollten auch Nadelbrüche verhindert werden.

Größe

Die Nadel sollte so dünn, schlank sein, dass das Nadeltrauma möglichst gering bleibt.

Korrosionsbeständigkeit

Das Nadelmaterial sollte rostfrei und korrosionsbeständig sein. So können Reaktionen mit dem Gewebe oder Fremdkörperreaktionen vermindert werden.

Sterilität

Prinzipiell wird heute in den meisten Ländern von allen Herstellern das gesamte Nahtmaterial, Nadel/Faden, steril verpackt der Klinik zur Verfügung gestellt. Diese Packungen sollte nicht beschädigt oder aufgebrochen werden und nicht einem hausinternen Sterilisationsprozess zugeführt werden. Dies kann neben der möglichen nicht optimalen Sterilisation die von der Firma garantierte Qualität beeinflussen! Eine Inokulation von Keimen in das Gewebe kann durch steriles Nahtmaterial verhindert werden.

Gute Griffigkeit für den Nadelhalter

Ein sicherer Griff der Nadel im Nadelhalter, sodass sie sich nicht im Halter drehen kann, führt die Nadel im gewünschten Winkel in das Gewebe, ohne während des Eindringvorgangs und des Durchtritts durch das Gewebe die Position zu ändern. Um bei den oben erwähnten Voraussetzungen die Naht schlussendlich perfekt ausführen zu können, sollte ein der Nadeldimension, Nadelkrümmung und Nadelhärte angepasster Nadelhalter verwendet werden. Voraussetzung für den Nadelhalter ist, dass er auf einer möglichst kleinen Strecke die Nadel perfekt festhält, ohne die Nadel zu traumatisieren und zu verkrümmen.

Nadeleigenschaften

Eindringkraft/Schärfe

Abhängig von der Form der Nadel und insbesondere der Spitzenkonfiguration ist der Einstechwiderstand abhängig von der Gewebeart und der Stabilität des Gewebes und selbstverständlich von der Konfiguration von Spitze und Design der Nadel. Bei plastisch-chirurgischen Eingriffen werden meist kleine scharfe Nadeln verwendet. Ein bekannter Spruch ist, je schärfer, desto weniger Narbenbildung [1]. Die Gefahr zu scharfer Nadeln auf der anderen Seite soll nicht unerwähnt bleiben, da hierbei die Kontrolle der Nadelpassage durch das Gewebe verloren gehen kann.

Elastizität

Elastizität ist die Fähigkeit des Materials, die Ausgangsform wieder einzunehmen. Beim Einstechen und der Kraftübertragung von der Hand des Operateurs über den Nadelhalter auf die Nadel werden Verformungskräfte auf das Material übertragen. Die Verformbarkeit, auch als Duktilität bezeichnet, gibt an, wann der Elastizitätsmodul überschritten ist und die Nadel bricht [2]. Dieser Faktor ist abhängig von den verwendeten Stahleigenschaften. Die Duktilität nimmt zu von 420er-Stahl zu 300er-Stahl. Normalerweise wird sich eine Nadel mit hoher Duktilität erst verbiegen, bevor sie bricht.

Biegefestigkeit

Der kritischste Aspekt der Nadelfestigkeit ist die permanente Verbiegung der Nadel. Wichtig ist, wie viel Winkelverformung die Nadel aushält, bevor sie sich dauerhaft verformt. Dieser Punkt liegt in der Regel zwischen 10 und 30°, abhängig vom Material und dem Herstellungsprozess [1]. Eine verbogene Nadel sollte der Operateur nur in seltenen Fällen wieder zurückbiegen.

Biegekraft

Die Biegekraft gibt an, wie viel Kraft benötigt wird, die Nadelform zu verbiegen. Mit höherem Radius nimmt die Biegekraft zu, also z. B. von HR22 zu HR36 (Abb. 1 und 6). Eine schwache Nadel, die sich zu leicht verbiegt, beeinträchtigt die Kontrolle des Chirurgen über die Nadel und kann das umliegende Gewebe beschädigen [1].

Abb. 1
figure 1

Aufbau der chirurgischen Nadel mit traumatischer (Öhr-) und atraumatischer Armierzone

Merke

Die Nadelbiegung/-krümmung kann durch die Breite der Nadelhalterbranchen verändert werden.

Nadelmaterial

Nach AISI (American Iron and Steel Institute) werden die für Nadeln verwendete Edelstähle eingeteilt: 420er-Stahl, 455er-Stahl und 300er-Stahl. Stahl der 420er-Sorte hat die niedrigste Biegefestigkeit und Bruchfestigkeit, Stahl der 300er-Serie hat die höchste Biegefestigkeit und Duktilität (Bruchfestigkeit). Bei den Nadeln sollen laut EASSI (European Association of the Surgical Suture Industry) Standards eingehalten werden, bei Nichteinhaltung der Qualität sollten sie nicht verwendet werden. So werden Verfärbungen, Flecken, Vertiefungen (Defekte) auf der Oberfläche, die mit dem bloßen Auge oder unter der definierten Vergrößerung erkennbar sind, als Nadelfehler eingestuft [3]. Partikel auf der Oberfläche, die unter der festgelegten Vergrößerung sichtbar sind, stellen einen Defekt dar [3].

Aufbau einer chirurgischen Nadel

Eine chirurgische Nadel können wir beschreiben mit den Abschnitten Nadelspitze, Nadelkörper, Nadeldurchmesser, Nadelradius, Armierzone bzw. Öhrzone, Nadellänge und Sehnenlänge (s. Abb. 1).

Mit der Sehnenlänge wird die Gerade zwischen Nadelspitze und Nadelende/Öhr bezeichnet. Die Nadellänge gibt die Strecke von der Spitze entlang des Verlaufs der Nadel bis zur Armierzone/Öhr an. Der Nadelkörperdurchmesser und der Durchmesser des eingesetzten Fadens sollten möglichst identisch sein, um das Trauma für das Gewebe wie Gewebeeinreißung und Blutung durch größeren Fadendurchmesser zu vermeiden. Am Nadelkörper wird der Nadelhalter angesetzt (s. unten).

Atraumatische und traumatische Nadeln

Grundsätzlich werden bei den Nadeln 2 Grundformen unterschieden: atraumatische und traumatische Nadel-Faden-Verbindungen. Die Verbindung zwischen Nadel und Faden erfolgt entweder über ein Öhr oder öhrlos. Die traumatischen Nadeln besitzen zur Fadenaufnahme ein Öhr.

Traumatische Nadeln

Bei den traumatischen Nadeln wird das Nahtmaterial in das Auge oder Öhr, z. B. Langlochöhr (Abb. 2), eingefädelt oder durch einen Schlitz, ein Federöhr bzw. Schlitzöhr (Abb. 3) hineingezogen. Das Langlochöhr erinnert sehr an Haushaltsstopfnadeln. Der Faden wird bei diesem Vorgang nicht geschädigt. Beim Schlitzöhr wird das Nahtmaterial durch den Schlitz in das Öhr gezogen. Beim Durchziehen des Fadens durch den geschlitzten Teil des Öhrs können hohe Reibungseffekte entstehen und zur Abrasion des Nahtmaterials im Schlitz führen. Bei beiden Varianten liegt der Faden also immer doppelt auf einer gewissen Strecke hinter dem Öhr (Abb. 4).

Abb. 2
figure 2

Öhrnadel mit Langlochöhr. a Schemazeichnung. b Innenaufsicht. b Außenansicht

Abb. 3
figure 3

Öhrnadel mit Schlitzöhr. a Schemazeichnung. b Innenaufsicht

Abb. 4
figure 4

Doppelsträngiger Fadenlauf in Nadel mit Öse

Das Nahtmaterial löst deshalb im Gewebe einen größeren Reibewiderstand aus, der teilweise auch als Sägeeffekt bezeichnet wird. Beim Durchgang des doppelsträngigen Nahtmaterials in der Öse der Nadel entsteht beim Eintritt in und beim Ziehen durch das Gewebe ein größeres Gewebetrauma, deshalb wird von traumatischen Nadeln gesprochen. Auch bei geöhrten Nadeln sollten Fadendurchmesser und Nadelöhr aufeinander abgestimmt sein. Nadeln mit Öhr werden teilweise als wirtschaftlich(er) angesehen, da die Nadeln einige Male wiederverwendbar sind. Dies wird aber auf Kosten von abnehmender, also geringerer Schärfe und größerer Traumatisierung des durchstochenen Gewebes in Kauf genommen. Aus hygienischen Gründen sollten diese Nadeln eigentlich nicht mehr regulär zum Einsatz kommen. Auch erfordert das Einfädeln mehr Zeit als das Anreichen einer mit Faden armierten Nadel, sodass der ökonomische Faktor Materialersparnis durch Personalkosten und Operationssaalkosten aufgefressen wird. Zusätzlich sollte das Verletzungsrisiko des Personals beim Einfädeln nicht außer Acht gelassen werden.

Atraumatische Nadeln

Atraumatische Nadeln, auch gestauchte Nadeln genannt, haben kein Öhr [4]. Die Fadenaufnahme wird mittels mechanischer oder Laserbohrung in die Armierungszone eingebracht [2]. Die Laserbohrung ermöglicht längere Bohrkanäle und damit bessere Verankerungen der Fäden [2]. Der Faden ist ohne wesentlichen Durchmesserunterschied (Abb. 5) in der Nadel verquetscht, verklebt, gelasert. Das etwas gestauchte Ende verbindet die Nadel mit dem Nahtmaterial. Nahtmaterial und Nadel können so ohne eine zusätzliche Gewebeverletzung, als der Nadelstich selbst verursacht, ins Gewebe geführt werden. Der Durchmesser von Nadel und Nahtmaterial ist geringer als bei der geösten Nadel. Der Faden ist werkseitig fest mit der Nadel verbunden. Die stufenlosen Verbindungen von Nadel und Faden werden „atraumatisch“ genannt [5]. Eine Sonderform bei den atraumatischen Nadeln sind die Abreißnähte. Hier wird durch kurzen Zug an der sicher im Nadelhalter gehaltenen Nadel der Faden aus seiner Verankerung in der Armierungszone mit einer Kraft von 3–10 N herausgezogen [5].

Abb. 5
figure 5

Atraumatische Nadel, erkennbar ist, dass der Faden nicht stärker als die Nadel ist

Nadelkrümmung/-radius

Grundsätzlich werden gerade von gebogenen Nadeln unterschieden. Im Detail werden wir die geraden Nadeln nicht detailliert abhandeln, da sie sich nur in der Nadelform, aber nicht an der Armierungszone unterscheiden. Die Nadelkrümmung oder Nadelbiegung wird ursprünglich bezogen auf den Kreisdurchmesser in Achtelbruchanteilen. Oder anders ausgedrückt ist dies der Radius von der Kreismitte zum Nadelkörper, wenn die Krümmung der Nadel zu einem vollen Kreis fortgesetzt würde.

In Deutschland wird die jeweilige Bruchangabe mit einem Buchstaben kodiert, (Abb. 6). Mit gekrümmten Nadeln wird weniger Platz zum Nähen benötigt als mit geraden Nadeln; 1/4, 3/8, 1/2 und 5/8 sind die am häufigsten verwendeten Krümmungen. Die Krümmung programmiert den Weg der Nadel durch das Gewebe vor. Die Schlitten- oder Skinadel werden nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Diese finden in Orthopädie und Unfallchirurgie eigentlich keine Anwendung, sondern eher im laparoskopischen Bereich.

Abb. 6
figure 6

Darstellung der Nadelkrümmungen mit alphabetischer Kodierung und Angabe der Winkelgrade

Nadeln mit einer Krümmung von 135° (3/8) eignen sich gut für Inzisionen, Platzwunden etc., die leicht zugänglich sind. Hier ist nur eine geringe Handgelenkdrehung erforderlich, um die Nadel durch das Gewebe zu führen [2]. In der Tiefe des Operationsgebietes, z. B. Becken, ist die 3/8-Nadel ungünstig, da die Handgelenkdrehung in der Regel nicht ausreicht, um die Nadelspitze wieder aus den Gewebeschichten herauszuführen [2]. Die Nadelspitze bleibt im Gewebe und kann in dem tiefen kleinen Operationsfeld nur schwierig durch Nachsetzen des Nadelhalters getastet werden. Bei diesem Tastmanöver mit den leicht geöffneten Branchen des Nadelhalters wird das Gewebe häufig traumatisiert. Bei tiefem Operationsfeld ist eine 1/2 (180°)-Nadel günstiger im Handling, da auch bei anatomisch begrenzter Handgelenkdrehung die gesamte Nadel durch das Gewebe geführt und damit die Nadelspitze gefasst werden kann [2]. In der Mikrochirurgie kommen Nadeln mit einem 90°-Krümmungswinkel (1/4-Nadeln) häufiger zum Einsatz.n

Es kann festgestellt werden, dass die Krümmung der Nadeln immer mehr gebogen sein sollte, je weniger Platz im Operationsfeld vorhanden ist. Je stärker die Nadel gebogen ist, desto näher liegen Einstich- und Ausstichstelle zusammen. In Orthopädie und Unfallchirurgie sind 3/8-Nadeln häufig in Verwendung für Haut, in der Handchirurgie, zur Naht von Faszien, Muskeln und Subkutangewebe; 1/4-Nadeln werden verwendet in der Mikrochirurgie und zur Fasziennaht. Gerade Nadeln werden bei Sehnennähten verwendet.

Merke

Während des Nähvorgangs sollte der Operateur beachten, dass er Nadelhalter und Nadel in einem dem Nadelradius entsprechenden Kreis geführt wird.

Zusätzliche Nadelspezifikationen

Bei der Nadelstärke werden dünner Nadelkörper (f), starker Nadelkörper (s), sehr starker Nadelkörper (ss), Break-off-Nadel (v) und schwarze Nadel (b) unterschieden.

Nadellänge

Auf dem Markt existiert ein Angebot verschiedenster Nadellängen von zahlreichen Herstellern für die verschiedenen Einsatzgebiete. Die Nadellänge wird gemessen entlang der Nadelkrümmung von der Spitze bis zur Armierungszone (Abb. 1).

Nadelspitzen

Die Nadelspitze erstreckt sich bis zum maximalen Querschnitt des Nadelkörpers [2, 4]. Die Nadelspitze dient zur Perforation bzw. Penetration des Gewebes. Es werden grundsätzlich stumpfe von spitzen bzw. schneidenden Spitzen unterschieden. Der grundsätzliche Unterschied ist, dass Nadeln mit schneidenden Spitzen das Gewebe durchtrennen, während stumpfe, z. B. konische Nadeln das Gewebe auseinanderdrängen (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

a Darstellung der Nadelperforation durch das Gewebe mit einer konischen Nadel (Verdrängung). Der Faden wird vom Gewebe umschlossen. b Durchschneidung des Gewebes durch scharfe schneidende Nadel. Die scharfe Nadel durchtrennt beim Durchtritt Gewebe- oder Muskelfasern, der eingezogene Faden liegt im Schneidekanal

Stumpfe Nadelspitzen

Nadeln mit stumpfer Spitze (Abb. 8) drängen das Gewebe eher auseinander. In weichem, eher brüchigem Gewebe können sie gut eingesetzt werden. Stumpfe Nadeln verletzten auch weniger dicht übereinanderliegende Gewebe, wie z. B. den Darm bei der Peritoneumnaht. Stumpfe Nadeln perforieren schlechter die Operationshandschuhe und reduzieren so das Risiko durch intraoperative Nadelstichverletzungen. Der Nadelkörper kann verschiedene Formen von rund bis rechteckig annehmen.

Abb. 8
figure 8

Schematische Darstellung einer stumpfen Nadel: Die Spitze ist abgerundet. Der konische Übergang geht in einen runden oder – wie hier dargestellt – in einen abgeflachten rechteckigen Nadelkörper über

Konische Nadeln

Konische Nahtnadeln werden aufgrund ihrer Form und der spitzen oder stumpfen Spitze auch als Rundkörpernadeln (R) bezeichnet. Der Nadelkörper ist rund und verjüngt sich ohne Stufe, also konisch, zu einer Spitze. Diese Nadeln haben keine scharfe, schneidende Kante. Diese Nadeln durchdringen das Gewebe durch Verdrängung, Spreizung und Dehnung, ohne zu schneiden [6]. Nach dem Einführen der Nadel schließt sich das Gewebe fest um das Nahtmaterial, das wiederum eine Art dichte Barriere bildet, die verhindert, dass Verunreinigungen von außen in die Wunde gelangen. Von der Spitze geht das Material über in einen runden, ovalen oder eher rechteckigen Nadelkörper. Die Schärfe wird durch das Kegelverhältnis (8–12:1) [2] und den Spitzenwinkel (20–35°) bestimmt [6]. Die Nadel ist schärfer, wenn sie ein höheres Kegelverhältnis und einen niedrigeren Spitzenwinkel hat [6], oder einfach ausgedrückt, je länger und schlanker der Kegel der Nadelspitze zuläuft, desto besser penetriert die Nadel das Gewebe. Die Spitzen dieser Nadeln reichen von sehr spitz zulaufend (Abb. 9) bis abgerundet oder stumpf (Abb. 8).

Abb. 9
figure 9

Konische Nadel. a Die spitze Kegelspitze geht über in den runden Nadelkörper. b Die konische Spitze geht über in einen abgeflachten Nadelkörper, um bessere Haftreibung zu erreichen

Die Kegelspitznadeln (Taper-point-Nadeln) (Abb. 9) werden zum Nähen von Geweben verwendet, die leicht zu durchdringen sind, also von weichem Gewebe wie Gefäß‑, Faszien- und anderem weichen Gewebe [2]. Sie eignen sich nicht für Haut- und Subkutangewebe [4].

Merke

Bei Unsicherheit, ob eine spitze oder eine schneidende Nadel gewählt werden soll, sollte die Wahl auf eine Kegelspitznadel für alles außer für Hautnähte fallen. Verschiedene Nadeldurchmesser werden angeboten.

Scharf schneidende Nadeln

Eine Schneidnadel hat mindestens 2 gegenüberliegende Schneidkanten [2]. Heute sind die Spitzen häufig dreieckförmig [6]. Wenn Schneidkantennadeln 3 Schneidkanten haben, kategorisiert die Position der dritten Schneidkante die Nadel entweder als konventionelle oder als umgekehrte (reverse) Schneidkantennadel [2]. Scharfe Nadeln durchstechen und durchschneiden entsprechend ihrem Durchmesser das Gewebe. Der nachfolgende Nadelkörper spreizt oder schneidet das Gewebe. Die Spitze schneidet den Weg durch das Gewebe. Es werden verschiedene scharfe Spitzenkonfigurationen unterschieden.

Kegelschneidnadeln

Werden konische Nadeln mit einer scharfen Spitze, 3 bis 4 Schneiden, versehen, so erhalten die Nadeln folgende Eigenschaften: Beim Eintritt schneiden sie, und dann verdrängen sie das Gewebe, sog. Taper-cut-Nadeln (Abb. 10). Sie werden in zähem, schwer zu durchdringendem Gewebe verwendet. Sie finden Einsatz zur Hautnaht und für subkutanes Gewebe. In der Gefäßchirurgie eignen sie sich für sklerotische Gefäße, da hier das Gefäß nicht einreißt [2].

Abb. 10
figure 10

Die Spitze der konischen Nadel ist geschärft. Die Spitze schneidet, der konische Nadelkörper verdrängt das Gewebe

Schneidnadeln

Konventionell schneidende Nadeln

Konventionell schneidende Nadeln bestehen aus einer Spitze, einem dreieckig geformten Körper und 3 geschliffenen Kanten, wobei 2 der Schneiden auf gegenüberliegenden Seiten liegen und die dritte Kante auf der Innenseite, der Konkavität, der Kurve liegt [4]. Sowohl bei geraden als auch bei gebogenen Nadeln geht die Form von einer dreieckigen Schneide meist in einen etwas abgeflachten Restkörper über (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

Schema einer konventionell schneidenden Nadel. Zwei der 3 Schneiden liegen gegenüber. Die dritte Schneide befindet sich an der inneren konkaven Seite

Konventionell schneidende Nadeln haben im Bereich des Nadelkörpers meist einen dreieckigen Querschnitt.

Durch zusätzliche Innenwölbung der Dreikantschneide bei den Nadeln soll eine Verstärkung der Schneidkraft erreicht werden, diese Nadeln werden als Präzisionsschnitt-Nadeln vermarktet.

Die Verwendung einer Nadel mit konventioneller Schneidkante hinterlässt ein Loch, das Gewebe ist zerschnitten oder zerrissen [2]. Da sich die dritte Schneide an der inneren, konkaven Krümmung der Nadel befindet, verursacht die innere Schneide einen linearen Schnitt, der senkrecht und nahe an der Inzision liegt, gegen den die Naht eine Wundverschlusskraft ausübt, die letztendlich das Gewebe durchschneiden kann [2].

Umgekehrt schneidende Nadeln

Bei dieser Nadelkonfiguration (Abb. 12) befindet sich die schneidende scharfe Kante an der konvexen Außenseite der Krümmung. Diese Nadeln sind stärker als die normalen Schneidnadeln. Von ihnen geht ein geringeres Risiko aus, das Gewebe zu zerschneiden [6]. Außenschneidende Nadeln haben den Vorteil, dass beim Rechtshänder das Trauma im Stichkanal minimal gehalten werden kann. Der Hauptdruck beim Durchstechen liegt am Innenbogen [5]. Die Schneide bleibt so von der Wunde und der Zugrichtung entfernt, was die Neigung der Nadel und des Nahtmaterials, durch das Gewebe zu reißen, verringert und gleichzeitig eine einfache Nahtpassage ermöglicht. Beim Knoten des Fadens kann ein Einschneiden des Fadens ins Gewebe besser verhindert werden als bei innengeschliffenen Nadeln [5]. Dies lässt sich damit erklären, dass, wenn die Umkehrschneidnadel die Haut durchschneidet, sie keine Inzision erzeugt, sondern eine breitere Gewebewand, gegen die das Nahtmaterial seine Wundverschlusskraft ausübt [2]. Diese Gewebewand widersteht dem Durchtrennen der Naht.

Abb. 12
figure 12

Schema einer umgekehrt schneidenden Nadel. Die schneidende Kante liegt an der konvexen Außenseite

Umgekehrt schneidende Nadeln sind speziell für zähes, schwer zu durchdringendes Gewebe wie Haut, Sehnenscheide oder Mundschleimhaut. Sie werden u. a. in der plastischen Chirurgie eingesetzt, da durch geringes iatrogenes Trauma geringe Narbenbildung beobachtet wird.

Seitenschneidende Nadeln, Spatelnadeln, werden in Orthopädie und Unfallchirurgie selten eingesetzt. Sie wurden mehr für ophthalmologische Eingriffe entwickelt. Die dreieckige Geometrie wird durch Abflachung der äußeren konvexen Fläche in eine trapezförmige oder spatelförmige Konfiguration umgewandelt [2]. Durch die Abflachung entsteht auch eine seitliche Verbreiterung (Kobrakopf) des Nadelkörpers [2]. Sie eignen sich aber auch gut zum Nähen der Nagelmatrix [2].

Nadelkörper

Der längste Teil der Nadel ist der Nadelkörper. Hier fasst der Nadelhalter die Nadel. Und der Nadelkörper erzwingt aufgrund seiner Form und Krümmung die Gewebepenetration entsprechend der Form der Nadel.

Abgeflachte Nadelkörper, meist rechteckige Konfigurationen, erhöhen die Stabilität der Nadel durch den Griff in den Nadelhalterbacken. Die Reibehaftung wird bei einigen Nadeln durch Längsrillen oder Riffelung erhöht. Bei den Nadelkörpern werden Rundkörper (R), rechteckige, von schneidenden (S) und lanzettförmigen (L) unterschieden.

Bei Rundkörpernadeln (R) geht die konische Spitze in den runden Nadelkörper über. Teilweise sind die Rundkörpernadeln abgeflacht, um einen besseren Halt der Nadel im Nadelhalter zu gewährleisten. Diese Nadeln eigenen sich z. B. für Muskulatur, subkutanes Fettgewebe, Pleura u. a.

Nadellänge

Die Nadellänge wird entlang der Nadelkrümmung gemessen von der Spitze bis zur Armierungszone (Abb. 1). Gängige Nadellängen sind 6 mm, 8 mm, 12 mm, 18 mm, 22 mm, 30 mm, 35 mm, 40 mm, 50 mm.

Nadelstärke/-durchmesser

Der Nadeldurchmesser wird nach EASSI (The European Association of the Surgical Suture Industry) Standard Classification [7] angegeben. So wird für die Klassifikation 1,5 ein Durchmesser von 0,15–0,199 mm angegeben. Kleinere Durchmesser darunter werden als Mikronadeln eingestuft.

Penetrationskraft

Bei geraden Nadeln wird eine lineare Kraft zur Penetration des Gewebes ausgeübt. Bei gebogenen oder gekrümmten Nadeln führt die Rotationskraft zum Penetrieren oder Verdrängen des Gewebes [8]. Durch Beschichtungen der Nadel, sog. Coating, z. B. mit Silikon, Glyconat u. a., können die Gleitfähigkeit [1] und damit das Penetrationsverhalten der Nadel verbessert werden [9].

Nomenklatur

Eine einheitliche Nomenklatur der Nadeln wird von verschiedenen Herstellern nicht genutzt. Identische Nadeln werden von den Herstellern mit unterschiedlichen Codes angeboten. Die EASSI propagiert zwar einen Standard für eine gemeinsame Klassifizierung für die Identifizierung und Auswahl einer chirurgischen Nadel ([10]; Tab. 1). Die Nomenklatur der Nadeln variiert bei den unterschiedlichen Nadelherstellern teilweise sehr stark ([4]; s. zusätzliche Tabelle online).

Tab. 1 Nadelkodierung nach EASSI [10]

Um eine übersichtliche Nadelnomenklatur zu ermöglichen, die dem Operateur in anschaulicher Weise Auskunft über Form, Ausführung und Länge der Nadel gibt, existiert eigentlich ein sog. Nadelcode, zumindest im deutschsprachigen Bereich: Der 1. Buchstabe bezieht sich auf die Form der Nadelkrümmung, der 2. auf den Querschnitt, und der 3. gibt Auskunft über die Ausführung der Nadelspitze. Die Zahl hinter dieser Buchstabenkombination gibt die Länge der Nadel in gestrecktem Zustand wieder [5]. Ein weiterer Buchstabe gibt besondere Eigenschaften wieder (s stark, ss extrastark, d schlank, f flach).

Eine 3/8-Nadel mit Rundkörper und scharfer Spitze mit einer Länge von 24 mm hätte den Code: DRT24.

Vergleicht man die Nomenklatur für chirurgische Nadeln im deutschsprachigen Raum, fällt auf, dass amerikanische Hersteller sich in der Kodierung und Nomenklatur der Nadeltypen von den europäischen deutlich unterscheiden. Aber auch innerhalb der amerikanischen Hersteller variiert die Nomenklatur, sodass auch hier Vergleiche zumindest bei der Feinspezifikation erschwert sind.

Im angloamerikanischen Raum wurden teilweise funktionsabhängige Bezeichnungen der Nadeln eingeführt (Tab. 2 und zusätzliche Tabelle online).

Tab. 2 Bedeutung einiger häufig verwendeter Abkürzungen nichteuropäischer Hersteller

Verpackungsvorgaben, Kennzeichnung

Die Kennzeichnung von Nahtmaterial ist in der EU und weltweit inzwischen geregelt: DIN EN ISO 15223‑1 [11]. Die ISO-15223‑1 bedient sich der Symbole der ISO-7000.

Sicherheitsmaßnahmen

Folgende Vorsichtsmaßnahmen muss auch der Operateur kennen:

  • beim Öffnen der Streifenverpackungen auf Unversehrtheit der Verpackung achten, ansonsten die Nadeln/Nahtmaterial verwerfen,

  • Haltbarkeitsdatum überprüfen. Keine Nadeln/Nahtmaterial nach dem Verfallsdatum verwenden,

  • ausgepackte Nadeln auf Unversehrtheit prüfen,

  • Nadeln mit Defekten aussortieren,

  • bei geösten Nadeln die Intaktheit des Öhrs prüfen lassen, damit es nicht zur Fadenabrasion und damit Schädigung des Fadens kommt,

  • Nadelstichverletzungen vermeiden. Erst nach Rücknahme von Nadelhalter mit Nadel die neue Nadel-Nadelhalter-Kombination anreichen lassen,

  • alle Nadeln in Sammelbox für scharfe Gegenstände sammeln lassen,

  • Zählkontrolle immer durchführen (lassen).

Zusammenspiel Nadelhalter und Nadel

Ein Nadelhalter besteht aus 2 Hebeln, die sich um einen gemeinsamen Drehpunkt drehen [12]. Distal des Drehpunkts sind die Backen, häufig Hartmetallbacken [12]. Die Griffe der Nadelhalter sind unterschiedlich konfiguriert.

Die allgemein in Orthopädie und Unfallchirurgie verwendeten Nadelhalter, z. B. Typ Hegar, haben eine Arretierung, ein Schloss, das über eine Rastung am Griff, die konstante Einklemmung der Nadel im Nadelhalter gewährleistet, ohne dass weiterer Druck auf die Branchen des Halters ausgeübt werden muss. Die Branchen sind mit Ringen versehen, in die Daumen und vierter Finger greifen. Die Kraft, die in den Backen entsteht, ist proportional der Länge der Griffe und umgekehrt proportional der Länge der Backen [12].

Die Nadel wird im Nadelhalter festgehalten, indem er zusammengedrückt wird, bis die erste Raste am Schloss einrastet. Der Nadelhalter sollte nicht zu fest angezogen werden, da es sonst zu Beschädigungen sowohl an der Nadel als auch am Nadelhalter kommen kann. Häufig reicht eine Rastung am Schloss des Nadelhalters aus. Das Klemmmoment des Nadelhalters ist das Maß für die Kraft, die von den Backen des Nadelhalters auf eine chirurgische Nadel ausgeübt wird [2].

Die Nadel wird im Normalfall senkrecht und in Längsrichtung senkrecht zum Nadelhalter gehalten, dabei sollte die Nadel nicht mit der Spitze des Halters, sondern wenige Millimeter dahinter gefasst werden (Abb. 13).

Abb. 13
figure 13

Die Backen des Nadelhalters greifen die Nadel am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel

Die gerieften Backen im Maul des Nadelhalters halten die Nadeln. Die Haltebacken aus Hartmetall sind resistenter gegen Verschleiß und Abnutzung. Diese Nadelhalter haben als Zeichen der Hartmetalleinlage normalerweise einen goldfarbenen Griff.

Die Nadel wird optimal, von der Nadelspitze an gerechnet, etwa im mittleren Drittel (Zone grün) gefasst. Zonen, die nicht gefasst werden sollten, sind die Nadelspitze und die Armierungszone (rote Zone) (Abb. 14). Die Nadelspitze kann durch das Fassen mit dem Nadelhalter beschädigt werden, verbiegen oder brechen [2]. Mit der dann geschädigten oder gekröpften Spitze kann nicht mehr atraumatisch genäht werden. Dies zeigt sich besonders bei Gefäßnähten (s. Abb. 14).

Abb. 14
figure 14

Einteilung der chirurgischen Nadel in optimale und ungünstige Kontaktzone zwischen Nadelhalter und Nadel. Erläuterungen s. Text

Merke

Der Nadelhalter sollte auf keinen Fall in der Armierungszone die Nadel fassen, da es beim Schließen der Backen zu Verbiegungen des Materials oder zum Bruch kommen kann.

In Spezialfällen, wie z. B. der Perforation eines Fingernagels, kann die Nadel direkt hinter der Spitze (gelbe Zone) gefasst werden, um eine bessere Perforation dieses harten Materials zu ermöglichen. Bei derbem oder hartem Material reicht die normale Haltung des Nadelhalters nicht aus. Der Nadelhalter muss einerseits die Nadeln fest fassen, aber auch die Handhaltung muss entsprechend geändert werden (s. unten, Abb. 17 und 19).

Abb. 15
figure 15

a–d Standardnadelhalter, Typ Hegar: Daumen-Ringfinger-Griff. In der Regel wird der Nadelhalter wie in den Abbildungen a–d gehalten. Die Detailansicht aus verschiedenen Winkeln zeigt die Stellung von Daumen, Zeigefinger und Ringfinger. Man beachte, auch der Mittelfinger dringt nur wenig in das Nadelhalterohr ein. Nur so lässt sich der Nadelhalter frei drehen und auch wieder lösen. Häufig wird dagegen am Mittelfinger das Nadelhalterohr bis zum PIP-Gelenk (proximales Interphalangealgelenk) oder noch tiefer gehalten

In manchen Situationen muss die Nadel nachgeschoben werden. Hierzu wird die Nadel mit dem Nadelhalter in kleinen Schritten geschoben, bis man die optimale Zone erreicht.

Sind die Nadeln abgeflacht, werden sie am sichersten im abgeflachten Teil gefasst. Abgenutzte Backen lassen einen festen korrekten Grip häufig vermissen, sodass sich die Nadel während des Durchführens im Gewebe im Maul des Nadelhalters verdrehen kann. Die Haltekraft ist eher abhängig von der Riffelung der Backen als von der Oberflächenbeschaffenheit der Nadeln [2, 12].

Die Größe und Länge des Nadelhalters sollten hinsichtlich Operationsschrittanforderung und Nadelgröße korrekt gewählt werden. Die Backen des Nadelhalters müssen auf die Größe der Nadel abgestimmt sein, um diese sicher zu halten und ein Wackeln, Drehen und Kippen zu verhindern. Es muss ein Gleichgewicht zwischen Nadelhalterlänge und Nadelgröße bestehen.

Merke

Je größer die Nadel, desto größer sollte der Nadelhalter gewählt werden.

Zu klein dimensionierte Nadelhalter lassen die Nadel leicht um die Längsachse rotieren [6]. Ein abgeflachter oder mehr ovaler Nadelquerschnitt verbessert oft sowohl den Oberflächenkontakt mit den Nadelhalterbacken [12] als auch das Biegemoment der Nadel [6].

Werden zu große Nadelhalter bei kleinen Nadeln gewählt, kann die Nadel beschädigt werden. Aber es kann auch durch zu große Nadelhalter zum Abflachen des Nadelradius kommen. Mechanisch kommt es beim Verklemmen der Nadel in den Backen des Nadelhalters zur Reibehaftung zwischen den beiden Partnern. Mechanisch gesehen, muss das Klemmmoment des Nadelhalters kleiner sein als das Elastizitätsmodul der Nadel, sonst verbiegt sich die Nadel und kann schließlich brechen [6]. Wiederholte Beschädigungen durch den Nadelhalter können einerseits zur Beschädigung der Nadeloberfläche und damit zu erhöhter Reibung im Gewebe führen, andererseits kann dies ebenfalls zum Bruch der Nadel führen. Eine falsche Platzierung der Nadel im Nadelhalter kann also zu einer verbogenen Nadel, einer schwierigen Penetration in die Haut oder einem unerwünschten Eintrittswinkel in das Gewebe führen.

Außerdem nimmt eine verbogene Nadel einen relativ traumatischen Weg durch das Weichteilgewebe und kann zu vermehrten Weichteilverletzungen führen. Zu scharfen Kanten der Maulfläche können zum Bruch insbesondere von monofilem Nahtmaterial beim Knoten führen.

Wie halte ich den Nadelhalter?

Daumen-Ringfinger-Griff

Der Nadelhalter wird gehalten, indem der Daumen und der vierte Finger in die Ringe der beiden Branchen gelegt werden und der Zeigefinger auf den Drehpunkt des Nadelhalters gelegt wird, um für Stabilität zu sorgen (Abb. 15/Video 1 online). In der Ausgangsstellung dringt das Daumenendglied nur wenig in das Nadelhalterohr ein, der Zeigefinger liegt zur Führung des Nadelhalters ca. am Übergang zum vorderen Drittel. Auch der Mittelfinger wird mit etwa zwei Dritteln der Fingerkuppe in den entsprechenden Ring des Halters gelegt.

Der Zeigefinger spielt bei der Führung des Nadelhalters eine entscheidende Rolle. Mit korrekter Drei-Punkte-Stabilisierung durch den Zeigefinger ist neben dem sicheren Halt auch die ungehinderte Drehung des Nadelhalters erreicht (Abb. 16).

Abb. 16
figure 16

a Korrekte 3‑Punkte-Haltung des Nadelhalters: Der Zeigefinger liegt am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel des Nadelhalters. b Zu enge Hand- respektive Fingerstellung: Der Zeigefinger ist zu nahe an den Nadelhalterringen; dadurch ist eine freie und gezielte Führung beeinträchtigt

Daumenballengriff

Alternativ kann der Nadelhalter auch in der Handfläche gehalten werden, um die Kraft und Fingerfertigkeit, z. B. bei Periost- oder Sehnennähten, zu erhöhen. (Abb. 17/Video 2 online). Beim Daumenballengriff liegt das Ende des Nadelhalters frei in der Hand und wird mit Mittelfinger und Zeigefinger gegen den Daumenballen gedrückt (Abb. 18).

Abb. 17
figure 17

Erhöhung der Haltestabilität und des Drucks. a Die Kuppe des Zeigefingers liegt kurz vor der Nadel (auf den Nadelhalterbacken). Dadurch lässt sich der Nadelhalter mit mehr Stabilität und Druck halten. b Zeigt diese Haltung unter der Drehbewegung

Abb. 18
figure 18

Daumenballengriff: Das Ende des Nadelhalters liegt frei in der Hand und wird mit Mittelfinger und Zeigefinger gegen den Daumenballen gedrückt. Man beachte, dass die Fingerkuppe des Mittelfingers das Nadelhalterohr nicht fasst. a Ausgangsstellung. b Der Nadelhalter respektive das Vorantreiben der Nadel wird durch Drehen des Handgelenkes eingeleitet. c,d Darstellung der weiteren Drehbewegung

Handflächengriff

Der Nadelhalter wird in der Handfläche gehalten, was eine größere Kraftübertragung bei zähem Gewebe ermöglicht (Abb. 19). Bei dieser festen Fixierung des Nadelhalters in der Hand erfolgt die Drehung mit der ganzen Hand.

Abb. 19
figure 19

Handflächengriff: Dieser Griff erlaubt eine extrem feste Fixierung des Nadelhalters in der Hand. Die Bewegung der Nadel erfolgt wie beim Handflächengriff durch Drehung der ganzen Hand. Dieser Griff findet Anwendung bei harten Geweben wie Narben oder mit den entsprechenden Nadeln zum Durchdringen von Knorpel oder weicherem/spongiösem Knochengewebe. a Ausgangsstellung; man beachte, der Nadelhalter liegt vollständig in der Hand und wird mit den Fingern gegen den Daumen gedrückt. b,c Rotationsbewegung, die vollständig aus dem Handgelenk kommt

Nadelhalterführung durch Linkshänder

In den meisten Kliniken werden für linkshändische Kollegen und Kolleginnen keine separaten Instrumente vorgehalten. Da die meisten Nadelhalter (wie auch Scheren) für Rechtshänder konstruiert sind, gilt es für Linkshänder, gewisse Punkte zu beachten. Der wesentlichste Punkt ist, dass in der Standardanwendung keine Fingerbeere in die Nadelhalterringe geführt werden sollte. Dies führt aufgrund des Nadelhalterverschlussmechanismus dazu, dass der Nadelhalter leicht aufspringen kann. Deshalb wird, ähnlich wie beim Handflächengriff, der Nadelhalter lediglich durch den Daumen in die Hand gepresst (s. Abb. 20).

Abb. 20
figure 20

Haltung des Rechtshänder-Nadelhalters durch Linkshänder. Da die meisten Nadelhalter (wie auch Scheren) für Rechtshänder konstruiert sind, gilt es für Linkshänder, gewisse Punkte zu beachten. Erläuterungen s. Text. a Korrekte Ausgangslage. b Handstellung unter der Drehbewegung

Fazit für die Praxis

  • Die ideale chirurgische Nadel sollte starr genug sein, um einer Verformung zu widerstehen, jedoch flexibel genug, um sich zu biegen, bevor sie bricht, so schlank wie möglich sein, um ein Trauma zu minimieren, scharf genug, um das Gewebe mit minimalem Widerstand zu durchdringen, und stabil in einem Nadelhalter sein, um eine genaue Platzierung zu ermöglichen.

  • Drei Haupttypen von chirurgischen Nadeln werden unterschieden: Schneidende Nadeln (konventionell, umgekehrt) haben einen dreieckigen Querschnitt und werden für Haut und feste Gewebe verwendet. Konische Nadeln mit spitzer Spitze durchdringen die Gewebe, schneiden aber nicht und werden für weiches Gewebe verwendet. Nadeln mit stumpfer Spitze sind nicht scharf, um Beschädigungen durch die Nadel zu vermeiden und Stichverletzungen zu minimieren.

  • Konische Nadeln werden eher bei inneren Gewebeschichten, scharfe Nadeln eher zum Hautverschluss und für derbe Gewebe wie Sehnen und Periost verwendet.