Erschienen in:
05.03.2018 | Metastasen | Literatur kommentiert
Lokale Metastasentherapie bei oligometatasierten Karzinomen
Ein spannendes Thema auch beim Prostatakarzinom
verfasst von:
Prof. Dr. Jürgen Dunst, René Baumann
Erschienen in:
Strahlentherapie und Onkologie
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Ausgabe 5/2018
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Auszug
Oligometastasierung (der Begriff wurde 1995 von den Radioonkologen Hellman und Weichselbaum geprägt) ist ein interessantes klinisches Forschungsthema [
4]. Möglicherweise kann man bei Patienten mit Oligometastasierung durch „kurative intendierte“ Lokaltherapie der Metastasen längerfristige Remissionen oder sogar Heilungen erreichen. Für einzelne Situationen gilt das schon seit längerer Zeit als erwiesen, z. B. für die Resektion von singulären Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms. Es ist aber unklar, ob man diese Daten auf andere Tumorentitäten übertragen kann. Obwohl das Thema seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv diskutiert wird, gibt es bisher nur wenig Evidenz für eine kurative Rolle der lokalen Therapie bei Metastasierung. Für das Fehlen randomisierter Studien ist wahrscheinlich in erster Linie die bei den relevanten Tumorentitäten sehr starke Konkurrenzsituation durch neue Substanzen verantwortlich, die auch an großen akademischen Einrichtungen die Rekrutierung für eine Studie mit rein lokaler Fragestellung stark einschränkt. Oligometastasierung ist vor allem für die Radioonkologie interessant. Erstens sind moderne Radiotherapieverfahren, bei denen „ablative“ Strahlendosen appliziert werden, ebenso wirksam wie eine Operation. Zweitens ist diese hochpräzise Bestrahlung wenig belastend und nichtinvasiv und eine großzügige Indikationsstellung ethisch vertretbar. Auch im Vergleich zu minimal-invasiven Verfahren (z. B. Radiofrequenzablation) ist das Nebenwirkungsspektrum als günstig anzusehen. Drittens können Metastasen in mehreren Organsystemen gleichzeitig behandelt werden. Viertens spielen patientenbezogene Risikofaktoren (z. B. reduzierter Allgemeinzustand, Komorbidität) eine geringere Rolle als bei anderen Verfahren. Und zu guter Letzt ist die Kombination mit einer medikamentösen onkologischen Therapie meistens unproblematisch. Patienten mit einem Prostatakarzinom haben, wenn sie nach kurativer Primärtherapie rezidivieren, zunächst oft nur wenige Metastasen [
2,
7,
8]; Oligometastasierung im Rezidiv kommt also häufig vor. Die meistens Rezidive beim Prostatakarzinom werden durch Anstieg des prostataspezifischen Antigens (PSA) entdeckt und sind zunächst asymptomatisch. Nach internationalen Leitlinien ist bei diesen Patienten eine antihormonelle Therapie („androgen-deprivation therapy“, ADT) indiziert, allerdings erst bei symptomatischer Progression [
1]. Ein systematischer Review der retrospektiven Serien ergab, dass eine gezielte lokale Therapie von Lymphknoten- oder Fernmetastasen („metastasis directed therapy“, MDT) in Kombination mit medikamentöser Therapie (ADT) zu langanhaltenden Remissionen führen kann bzw. die therapiefreie Zeit bis zum Einsetzen einer ADT verlängern kann [
5]. Hypothese für die aktuelle Studie war daher, dass man durch lokale Therapie der Metastasen die Zeit bis zur symptomatischen Progression, also bis zum Beginn einer ADT, verlängern kann [
6]. Die Hypothese (HR = 0,5) war also sehr ambitioniert. …