Erschienen in:
01.04.2006 | Originalien
Akutschmerztherapie bei Patienten mit hüftgelenknahen Frakturen
N.-femoralis-Katheter-Analgesie vs. systemische Schmerztherapie unter Anwendung eines klinikinternen Organisationsmodells
verfasst von:
Dr. J. Gille, M. Gille, R. Gahr, B. Wiedemann
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 4/2006
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Zusammenfassung
Hintergrund
Ziel der vorliegenden Studie war es, Effektivität und Sicherheit der prä- und postoperativen Analgesie einer N.-femoralis-Blockade in Kathetertechnik mit einer systemischen Schmerztherapie bei Patienten mit hüftgelenknahen Frakturen unter den Bedingungen eines klinikinternen Organisationsmodells zu vergleichen.
Patienten und Methode
In die prospektiv randomisierte Studie wurden 100 Patienten aufgenommen, die in der Notfallaufnahme mit der klinischen Diagnose einer hüftgelenknahen Fraktur aufgenommen worden waren. Die Patienten wurden in 2 Gruppen unterteilt. Patienten der Gruppe A (n=50) wurde in der Notfallaufnahme ein N.-femoralis-Katheter angelegt, der initial mit 1%igem Prilocain (40 ml) und postoperativ mit 0,2%igem Ropivacain (30 ml) alle 6 h beschickt wurde. Patienten der Gruppe B (n=50) erhielten initial 1 g Metamizol i.v. sowie 100 mg Tilidin und 8 mg Naloxon (ab 90 Jahre 75 mg Tilidin und 6 mg Naloxon) oral, postoperativ 400 mg Ibuprofen oral alle 8 h und bei Bedarf zusätzlich 50 mg Tilidin und 4 mg Naloxon oral. Die Schmerzintensität wurde mit einer verbalen Ratingskala (VRS) bestimmt: kein Schmerz (=1), leichter Schmerz (=2), mäßiger Schmerz (=3), starker Schmerz (=4), stärkster vorstellbarer Schmerz (=5). Erfasst wurde in Ruhe (R) sowie bei passiver Anteflexion im Hüftgelenk bis zu 30° (PA) zu folgenden Zeitpunkten: bei Aufnahme, 15 und 30 min nach initialer Medikamentengabe sowie 4-mal täglich bis zum 3. postoperativen Tag.
Ergebnisse
Die Schmerzintensität war bei Aufnahme in Gruppe A und B vergleichbar (VRS in R 2,50 vs. 2,46; VRS bei PA 4,30 vs. 4,34). Nach initialer Medikamentengabe kam es in beiden Gruppen zu einer signifikanten Schmerzreduktion, die jedoch in Gruppe A 30 min nach Medikamentengabe größer als in Gruppe B war (VRS in R 1,22 vs. 1,58; p<0,01 bzw. VRS bei PA 2,66 vs. 3,26; p<0,001). In den ersten 3 postoperativen Tagen waren keine relevanten Unterschiede zu verzeichnen. Schwer wiegende Komplikationen traten nicht auf. Allerdings kam es in Gruppe A in 20% der Fälle zu Katheterdislokationen, die eine Umstellung auf eine systemische Therapie erforderten.
Schlussfolgerung
Bei allen Patienten mit hüftgelenknahen Frakturen muss bereits in der Notfallaufnahme vor bildgebender Diagnostik eine suffiziente Schmerztherapie erfolgen. Die N.-femoralis-Blockade ist als Methode der Wahl anzusehen. Die Anlage eines N.-femoralis-Katheters bietet dabei den Vorteil einer ggf. wiederholten präoperativen Beschickung und ermöglicht die Weiterführung der postoperativen Schmerztherapie über den liegenden Katheter. Der hohe Aufwand schränkt die Praktikabilität des Verfahrens jedoch ein. Eine initiale Blockade in „Single-shot-Technik“, kombiniert mit der hier vorgestellten postoperativen systemischen Schmerztherapie ist eine gute Alternative. Die Durchführung regionaler Analgesieverfahren setzt ein schriftlich fixiertes interdisziplinäres Organisationsmodell voraus, welches das klinikinterne Vorgehen in der prä-und postoperativen Schmerztherapie unter Einbeziehung der beteiligten Fachbereiche regelt.