Erschienen in:
01.05.2013 | Originalien
Präklinische Einschätzung der Verletzungsschwere bei Kindern
Herausforderung für Notärzte
verfasst von:
Dr. M. Muhm, T. Danko, H. Winkler, T. Ruffing
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 5/2013
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die präklinische Einschätzung der Verletzungsschwere ist für die Klinik von wesentlicher Bedeutung, um Ressourcen zeitgerecht zur Verfügung zu stellen. Bei Erwachsenen ist die präklinische Einschätzung wenig verlässlich. Bei Kindern scheint sie eine noch größere Herausforderung darzustellen.
Material und Methoden
Die präklinisch dokumentierte und in der Schockraum(SR)-Phase diagnostizierte Verletzungsschwere wurde mithilfe des Injury Severity Score (ISS) und des Trauma Injury Severity Score (TRISS) verglichen. Eine Abweichung der notärztlich dokumentierten Verletzungsschwere von ± 25 % zu der im Rahmen der SR-Diagnostik ermittelten Verletzungsschwere wurde als Über- bzw. Unterschätzung gewertet. Die Ausführlichkeit des dokumentierten Unfallmechanismus im Notarztprotokoll wurde als umfassend, ausreichend und spärlich erfasst eingestuft.
Ergebnisse
Es erreichten 69 % der Kinder den SR in der Bereitschaftsdienstzeit. Ein Viertel der Kinder wurde privat in die Klinik transportiert. In 42 % der Fälle waren die ISS aus den Notarztprotokollen innerhalb einer Abweichung von ± 25 % mit den SR-ISS übereinstimmend. Gemäß diesen Kriterien lagen in 38 % der Fälle Über- und in 20 % Unterschätzungen der Verletzungsschwere durch die Notärzte vor. Beim TRISS ergaben sich bei einer Abweichung von ± 25 % Übereinstimmungen in 46 % der Fälle. Der Unfallmechanismus wurde in 70 % der Fälle umfassend und in 8 % der Fälle ausreichend dokumentiert.
Schlussfolgerung
Die präklinische Einschätzung der Verletzungsschwere bei Kindern ist wenig verlässlich. Die isolierte Beurteilung anhand anatomischer Scores ist nicht in überzeugendem Maß geeignet. Die adäquate Dokumentation des Unfallmechanismus legt nahe, dass zur präklinischen Beurteilung der Verletzungsschwere auch der Unfallmechanismus herangezogen wird. Bei Kindern stellen die wenig verlässliche Einschätzung der Verletzungsschwere, das Erreichen des SR in der Bereitschaftsdienstzeit und der private Transport in die Klinik hohe Herausforderungen an den „SR leader“.