Erschienen in:
01.01.2015 | Leitthema
Nach dem Behandlungsfehler
Umgang mit Patienten, Angehörigen und dem involvierten Personal
verfasst von:
Prof. Dr. David L. B. Schwappach, MPH
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
|
Ausgabe 1/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Behandlungsfehler, insbesondere solche mit Schädigung, stellen für Patienten („first victims“) aber auch für das involvierte Fachpersonal („second victims“) eine schwerwiegende Situation dar, die langanhaltende und belastende Konsequenzen haben kann. Neben der fachlichen Aufarbeitung eines unerwünschten Ereignisses kommt dem angemessenen und empathischen Umgang mit allen Beteiligten eine zentrale Bedeutung zu, um eine „zweite Traumatisierung“ zu vermeiden. Patienten haben eine nahezu universelle Präferenz für die vollständige Offenlegung von unerwünschten Ereignissen, unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Bildungsstand. Dazu gehören die persönliche, zeitnahe und eindeutige Offenlegung, Informationen über das Ereignis, seine Ursachen und Konsequenzen sowie eine Entschuldigung und der Ausdruck ehrlichen Bedauerns. Die meisten Fachpersonen unterstützen zwar grundsätzlich eine ehrliche und offene Kommunikation über Fehler und unerwünschte Ereignisse. Gleichzeitig gibt es verschiedene Barrieren, die ihre Umsetzung behindern (z. B. Sorge vor juristischen Konsequenzen). Trotz ihrer zentralen Bedeutung findet die Offenlegung von unerwünschten Ereignissen in der Realität nur selten in einer für Patienten akzeptablen Form statt. Beim involvierten Personal ruft ein medizinischer Fehler mit Schadensfolge oft akute Belastungsreaktionen und intensive Emotionen hervor, die bei einem Teil der Betroffenen chronifizieren und das Risiko für Depressionen, Burnout und posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen. Insbesondere die Kommunikation mit „peers“ hat eine herausragende Bedeutung für einen konstruktiven und protektiven Umgang mit Fehlern. Befragungen von Fachpersonen zeigen allerdings, dass sie diesbezüglich meist keine ausreichende Unterstützung erhalten. Einrichtungen der Gesundheitsversorgung sollten die verschiedenen Anforderungen in einem Konzept und Ablaufplan für Behandlungsfehler und unerwünschte Ereignisse zusammenführen.