Erschienen in:
01.05.2006 | Phoniatrie und Pädaudiologie
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen versus Aufmerksamkeitsstörungen mit/ohne Hyperaktivität
Ein Komplex mit verschiedenen Ausprägungen oder verschiedene Entitäten?
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. h.c. M. Ptok, N. Buller, C. Schwemmle, C. Bergmann, K. Lüerßen
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 5/2006
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Zusammenfassung
Hintergrund
Bisher ist nicht geklärt, ob Störungen der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung (AVWS) von Störungen der Aufmerksamkeit mit bzw. ohne Hyperaktivität (ADHS) abgrenzbar sind. Anhand retrospektiv erhobener Daten wurde hier analysiert, inwiefern Eltern, die ihre Kinder zur Überprüfung der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung in der Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie vorstellten, nur über AVWS-Symptome oder auch über ADHS-Symptome bei ihren Kindern berichteten.
Material und Methoden
Zur (Fremd)beurteilung der Auffälligkeiten füllten 312 Eltern (von 113 Mädchen und 199 Jungen im Alter von 6;0 bis 9;11 Jahren, IQ im sprachfreien Intelligenztest mindestens 95) den AVWS-Anamnesebogen der DGPP sowie den Fremdbeurteilungsbogen FBB-HKS des Diagnostik-Systems für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM IV — DISYPS-KJ — aus. Die Antwortscores wurden Korrelations- und Faktorenanalysen sowie nichtparametrischen Tests unterzogen.
Ergebnisse
Es zeigten sich signifikante, aber nur schwache Korrelationen zwischen mehreren Subskalen des AVWS-Fragebogens und dem FBB-HKS. Mäßig hohe Zusammenhänge (d. h. rho >0,4) ergaben sich zwischen den AVWS-Fragen zum selektiven Hören und Aufmerksamkeitsstörungen bzw. FBB-HKS-Summe sowie AVWS-Summe und FBB-HKS-Summe. Bei der Faktorenanalyse luden AVWS-Antworten auf einen und FBB-HKS-Scores auf einen zweiten Faktor.
Diskussion
Die hier vorgestellten Ergebnisse deuten darauf hin, dass AVWS und ADHS eigenständige oder zumindest voneinander abgrenzbare Entitäten sind. Die Verwendung der hier eingesetzten Fragebögen ist nicht ausreichend, um eine ICD-konforme Diagnose zu erstellen. Allerdings ist die Kombination beider Fragebögen hilfreich, um für die weitere Diagnostik Schwerpunkte zu setzen.