Erschienen in:
01.02.2015 | Schwerpunkt
Adipositas und Krebs
verfasst von:
Prof. Dr. rer. nat. H. Ungefroren, F. Gieseler, H. Lehnert
Erschienen in:
Die Innere Medizin
|
Ausgabe 2/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Die Inzidenz von Adipositas ist in den vergangenen Jahrzehnten in der westlichen Welt dramatisch angestiegen. Epidemiologische Daten zeigen, dass Fettleibigkeit mit einem erhöhten Risiko assoziiert ist, an bestimmten (aber nicht allen) Krebsarten zu erkranken, wobei das Krebsspektrum geschlechtsspezifische Unterschiede aufweist. Die zugrundeliegenden Mechanismen und potentiellen Faktoren sind noch weitgehend ungeklärt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung. Es wird angenommen, dass Insulinresistenz und eine chronische, subklinische Entzündung im viszeralen Fettgewebe wichtige metabolische Prozesse darstellen. Als Folge davon kommt es zu Veränderungen in den Serumspiegeln von Insulin, Glukose, freien Fettsäuren, IGF-1/-2 und einer Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen und anderen biologisch aktiven Molekülen aus dem Fettgewebe, wie Adipokinen (z. B. Leptine und Adiponektin), VEGF und Geschlechtshormonen. Alle diese Faktoren wie auch Mikrobiota des Darms und sekundäre Gallensäuren können direkt oder indirekt das „tumor microenvironment“ so verändern, dass über Stimulation von Antiapoptose, Zellproliferation, Angiogenese und Invasion/Metastasierung der Krebszellen die Tumorprogression gefördert wird. Therapeutische Strategien sind auf eine Beseitigung der Entzündung und auf eine Wiederherstellung eines funktionalen Fettgewebes ausgerichtet. Während die bariatrische Chirurgie einen therapeutischen Nutzen in Hinblick auf die Krebsinzidenz zu bringen scheint, müssen andere Interventionen, wie die Umwandlung von Fettgewebsmakrophagen zu einem antiinflammatorischen M2-Phänotyp oder die pharmakologische Modulation der Adipokin-Serumspiegel, noch experimentell und klinisch auf ihre Eignung in Bezug auf Therapie und Prävention adipositasassoziierter Krebserkrankungen evaluiert werden.