Aktuelle Empfehlungen zu Vitamin D bezogen auf die Knochengesundheit
Vitamin D and Omega-3 Trial
Krebserkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankung
Zusammenfassung
Frakturprävention bei Erwachsenen 50+
Metaanalyse Frakturprävention bei Menschen im Alter 65+ bezüglich Vitamin D plus Kalzium [26]
Frakturprävention bei zu Hause lebenden Erwachsenen ab 50 Jahren ohne Osteoporose [24] bezüglich Vitamin D mit oder ohne Kalzium
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Erstens wählten die Autoren unter Einbeziehung von Studien bei Erwachsenen ab 50 Jahren und Ausschluss älterer Erwachsener in Institutionen eine Zielgruppe aus, die weniger anfällig für einen Vitamin-D-Mangel war und ein geringes Frakturrisiko hatte.
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Zweitens schlossen die Autoren viele Studien ein, die wenig Gelegenheit hatten, einen Nutzen der Interventionen bezüglich Frakturen zu demonstrieren. In einem Drittel der Studien war das Follow-up zu kurz (11 von 33 mit Follow-ups ≤12 Monate). Außerdem wurden 4 Studien mit einem qualitativ minderwertigen Studiendesign ohne Verblindung in der Kontrollgruppe eingeschlossen.
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Drittens wurde die Adhärenz bezüglich Studienmedikation nicht berücksichtigt, obgleich der Einfluss der Adhärenz in früheren Metaanalysen als signifikant belegt wurde [23, 29]. Bemerkenswerterweise nahmen in der stark gewichteten RECORD(„Randomised Evaluation of Calcium Or vitamin D“)-Studie nur etwa die Hälfte der Teilnehmer ihre Vitamin D- oder Kalziumpräparate ein [30].
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Viertens gaben 8 der 12 eingeschlossenen Studien zu Vitamin D das Supplement in Bolusdosen (oral oder i.m.), was in der Literatur wiederholt Bedenken hinsichtlich der Förderung von Stürzen und Frakturen aufwirft [31, 32]. Insbesondere wurde verpasst, die Bolusstudien in einer Subgruppenanalyse separat auszuwerten.
Frakturprävention bei Erwachsenen im Alter von 50+ Jahren ohne Osteoporose und ohne Vitamin-D-Mangel bezüglich Vitamin D mit und ohne Kalzium
Frakturprävention bei Erwachsenen im Alter 50+ mit Vitamin D ohne Kalzium [4]
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Erstens schlossen die Autoren einen wesentlichen Teil der Literatur zu Vitamin D aus, nämlich alle Studien, in denen Vitamin D mit Kalzium kombiniert und mit Placebo verglichen wurde. Solche Studien machen etwa 40 % der qualitativ hochwertigen Daten zur Frakturreduktion aus und haben zu den aktuellen Leitlinien mit einer Empfehlung von 800 IE Vitamin D beigetragen. Das Ausmaß dieser Verzerrung wird in der Metaanalyse 2016 von Weaver et al. beschrieben (s. Abschn. „Metaanalyse Frakturprävention bei Menschen im Alter 65+ bezüglich Vitamin D plus Kalzium“), die eine signifikante Reduktion der gesamten Frakturen um 15 % und eine Reduktion der Hüftfrakturen um 30 % dokumentierte [3].
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Zweitens schlagen die Autoren vor, die aktuellen Empfehlungen zu Vitamin D entsprechend ihren Ergebnissen zu überarbeiten. Aktuelle Richtlinien beziehen sich jedoch auf eine tägliche Dosis von 800–1000 IE Vitamin D, während niedrigere Dosen als unwirksam angesehen werden [37, 38]. Außerdem ist gut dokumentiert, dass große jährliche Bolusapplikationen von Vitamin D nicht mehr empfohlen werden, aufgrund eines mehrfach dokumentierten erhöhten Sturz- und Frakturrisikos [32, 39].Die Autoren publizierten eine Reanalyse von 8 randomisierten, placebokontrollierten Studien bezüglich Gesamtfrakturen und 11 placebokontrollierten Studien bezüglich Stürzen, die 800–1000 IE Vitamin D mit mehr als 50 %iger Adhärenz testeten und die großen Bolusstudien ausschlossen. Hier zeigten sich eine signifikante Reduktion der Gesamtfrakturen um 14 % (RR = 0,86, 95 %-KI 0,75–0,98) und eine signifikante Verringerung der Stürze um 12 % (RR = 0,88, 95 %-KI 0,81–0,95; [36]).
Zusammenfassung zur Frakturprävention
Was bleibt also vom Hype?
Autor | Intervention | Zielpopulation und Einschränkungen Methoden | Resultate |
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Frakturprävention bei Erwachsenen 50+ | |||
Weaver et al. (2016, [26]) 8 RCT (n = 30.970) | Kombinierter Effekt von Vitamin D plus Kalzium, verglichen zu Placebo | Überwiegend Alter 65+ Jahren Ausschluss von Studien, in denen Vitamin D ohne Kalzium getestet wurde | – 15 %ige Reduktion der Gesamtfrakturen (RR = 0,85, 95 %-KI 0,73–0,98) – 30 %ige Reduktion von Hüftfrakturen (RR = 0,70, 95 %-KI 0,56–0,87) |
Zhao et al. (2017, [24]) 33 RCT (n = 51.145) | Kalzium und Vitamin D einzeln sowie deren Kombination | Zu Hause lebende Menschen ab 50 Jahren, ohne Osteoporose und ohne Vitamin-D-Mangel – Ausschluss älterer Erwachsener, die in Einrichtungen leben – 11 von 33 mit einer Nachbeobachtungszeit ≤12 Monate 4 Studien ohne Behandlung in der Kontrollgruppe – Keine Anpassung für Adhärenz – 8 der 12 Studien mit Vitamin D in Bolusdosen | Keine signifikante Wirkung von Kalzium oder Vitamin D auf das Risiko einer Hüftfraktur im Vergleich zu Placebo oder keine Behandlung: – Kalzium: RR = 1,53, 95 %-KI 0,97–2,42 – Vitamin D: RR = 1,21, 95 %-KI 0,99–1,47 Kein signifikanter Nutzen bezüglich der Inzidenz von nichtvertebralen, vertebralen oder totalen Frakturen |
US Preventive Task Force (2018, [25]) 11 RCT (n = 51.419) | Kalzium und Vitamin D einzeln sowie deren Kombination | Zu Hause lebende Menschen ab 50 Jahren, ohne Osteoporose und ohne Vitamin-D-Mangel – Begrenzte Studiendaten für die Primärprävention | Für Vitamin-D-Dosen von mehr als 400 IE (gemäß den aktuellen Empfehlungen) kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es nicht genügend Beweise gibt, um einen Nutzen zu bewerten |
Bolland et al. (2018) [27] 81 RCT (n = 44.790) | Vitamin D im Vergleich zu Placebo, unbehandelten Kontrollen oder einer anderen Dosis Vitamin D | Erwachsene ab 50 Jahren – Die Autoren schlossen Studien aus, in denen Vitamin D mit Kalzium kombiniert wurde, und damit 40 % der Literatur, die zu den aktuellen Richtlinien beitrugen – Die Autoren schlossen große Bolusdosen ein, die das Sturz- und Frakturrisiko konstant erhöht haben – Dosisbewertung, bei der niedrig dosiertes Vitamin D mit 800 IE Vitamin-D-Studien kombiniert wurde | – Die Autoren berichten über keinen Nutzen für die Knochenmineraldichte (BMD), obwohl an 3 von 5 BMD-Stellen der signifikante Benefit BMD: +0,34 % ganze Hüfte (p = 0,002), +0,76 % Schenkelhals (p < 0,001) und +0,25 % LWS (p = 0,05) – Autoren berichten über keinen Nutzen bei Stürzen und Frakturen – Eine Reanalyse [36] der eingeschlossenen Studien mit 800–1000 IE Vitamin D-Studien ohne Bolusstudien zeigte eine signifikante Verringerung der Gesamtfrakturen um 14 % und der Stürze um 12 % hin |
Neue Krebserkrankungen und neue kardiovaskuläre Ereignisse bei Erwachsenen 50+ (VITAL) | |||
2000 IE Vitamin D, verglichen zu Placebo, über 5,3 Jahre | 12.786 Männer ab 50 Jahren und 13.085 Frauen ab 55 Jahren – Nur 12,7 % der Studienteilnehmer hatten einen Vitamin-D-Mangel mit 25-Hydroxy-Vitamin D-Blutwerten unter 20 ng/ml – Alle Studienteilnehmer konnten zusätzlich 800 IE Vitamin D/Tag einnahmen (auch die Placebogruppe) | Krebserkrankungen In der Vitamin-D-Gruppe kleine, nichtsignifikante Verminderung neuer Krebserkrankungen in der gesamten Studienpopulation, signifikante 23 %ige Verminderung neuer Krebserkrankungen bei Subgruppe der afroamerikanischen Studienteilnehmer unter Vitamin-D-Gabe Krebsmortalität 17- bis 25 %ige Verminderung der Krebsmortalität in der Vitamin-D-Gruppe Kardiovaskuläre Erkrankungen: Kein Benefit von Vitamin D, verglichen zu Placebo |
Fazit für die Praxis
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Bezüglich der Knochengesundheit gilt es weiterhin für alle Altersstufen, einen Vitamin-D-Mangel zu vermeiden. Erwachsenen ab 65 Jahren mit hohem Risiko für einen Vitamin-D-Mangel und Osteoporose sollte eine Vitamin-D-Supplementation in Form von 800–1000 IE Vitamin D/Tag nicht vorenthalten werden. Bei der Hochrisikopopulation älterer Erwachsener mit erhöhtem Sturzrisiko sind große Vitamin-D-Bolusgaben zu vermeiden, da diese eine gegenteilige Wirkung mit Frakturzunahme zeigen.
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In der Einordnung der Resultate des VITAL ist beachten, dass nur 12 % der Teilnehmer zum Studienbeginn einen Vitamin D‑Mangel aufwiesen und alle Teilnehmer zusätzlich zur Studienmedikation 800 IE Vitamin D/Tag einnehmen durften. Daher ist weitere Forschung, einschließlich der ausstehenden Evaluation der sekundärer Endpunkte von VITAL, indiziert, insbesondere bei Menschen mit Vitamin-D-Mangel.
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Unter der Einnahme von Vitamin D, verglichen mit Placebo, war eine Risikoreduktion von akuten respiratorischen Infektionen um 12 % über alle Studienteilnehmer hinweg und um 42 % bei Teilnehmern mit Vitamin-D-Mangel beim Studienstart zu verzeichnen. Dies verdeutlicht die Relevanz eines vorbestehenden Vitamin-D-Mangels bei der Vorbeugung von Infektionen durch eine Vitamin-D-Supplementation.