Hautblutungen und Prognose bei systemischen Infektionen durch Neisseria meningitidis in Deutschland

Zusammenfassung

Hintergrund: Neisseria meningitidis-Infektionen sind beim Auftreten einer Sepsis mit einer hohen Mortalität behaftet. Ziel der Untersuchung war die Evaluierung von Inzidenz, Klinik, Therapie und Prognose dieser Infektionskrankheiten. Methode:Über die „Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland“ (ESPED) wurden von Juli 1994 bis Juni 1995 monatlich die oben genannten Parameter in 320 Kinderkliniken bei Kindern und Jugendlichen (≤ 16 Jahre) erfragt. Die Rückantwortquote war 91 %. Ergebnisse: Es wurden 291 Infektionen gemäß der Falldefinition gemeldet. Infektionen traten am häufigsten im 1. Lebensjahr (n = 87) und vom 13. bis 16. Lebensjahr (n = 53) auf. Intensivtherapie erhielten 42 Patienten, von denen 29 überlebten. Die Gesamtmortalität betrug 4,5 % war jedoch bei den 5- bis 6jährigen Kindern mit 15 % hoch. Petechien und kleine Hämatome waren mit 112 von 291 (38 %) ein häufiger Befund; diese Kinder überlebten alle. Flächenhafte Hautblutungen (mit oder ohne Petechien) und/oder Hautnekrosen traten bei 82 Kindern auf, von denen 12 (15 %) verstarben. Schlußfolgerungen: Petechien und kleine Hautblutungen als einzige klinische Zeichen der Hämostasestörung sind per se nicht mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Diese bundesweite Erhebung zu Neisseria-meningitidis-Infektionen zeigt, daß bei insgesamt hoher Fallzahl die Gesamtmortalität gering war, jedoch trotz frühzeitiger Antibiotikabehandlung eine überraschend hohe Sterblichkeit im Vorschulalter vorlag. Großflächige Blutungen und/oder Hautnekrosen als einzige Kriterien haben eine zu geringe prognostische Aussagekraft, um die Effektivität zusätzlicher Therapiemaßnahmen in vertretbarer Zeit und Zahl evaluieren zu können.

Summary

Background: N. meningitidis infections may present as severe fulminant sepsis with poor prognosis. We assessed the frequency, age distribution, hemostaseological skin findings, need for intensive care therapy and prognosis of this infection. Methods: The data were collected using an active monthly surveillance system, the „Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland (ESPED)“ from July 1994 to June 1995 in 320 childrens hospitals in Germany. Patients over to the age of 16 were excluded. The answering rate was 91 %. Results: 291 infections according to the case definition (N. meningitidis in blood culture and/or cerebrospinal fluid) were reported. Frequency peaked in the first year of life (n = 87) and from age 13 to 16 (n = 53). Intensive care measures (mechanical ventilation, dialysis, catecholamines) were needed in 42 children; 29 of those survived. The overall mortality was 4.5 %, but was relatively higher in 5–6 year old children (15 %). Petechiae and small hematomas (< 10 mm) were a frequent finding (112/291 [38 %] patients), all these children survived. Ecchymoses (> 10 mm) and/or skin necroses were observed in 82 children; 12 (15 %) of those died. Four survivors required surgical interventions for correction of necroses (skin transplants and/or amputations). Conclusions: Petechiae and small subcutaneous bleedings (< 10 mm) are not indicative for an unfavourable prognosis of N. meningitidis infections. The overall mortality was low (4.5 %), however, despite early antibiotic therapy relatively high in 5–6 year old children (15 %). The findings ecchymoses and/or skin necroses alone are not sufficient to evaluate the efficacy of innovative therapeutical measures.