Erschienen in:
01.11.2007 | Originalien
Wirbelsäulenfrakturen bei Mehrfachverletzten
Eine Analyse des DGU-Traumaregisters
verfasst von:
PD Dr. C. Schinkel, T.M. Frangen, A. Kmetic, H.-J. Andress, G. Muhr, AG Polytrauma der DGU
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 11/2007
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Zusammenfassung
Fragestellung
Im Verletzungsmuster mehrfach verletzter Patienten sind Frakturen der Wirbelsäule häufig. Um weitere Aufschlüsse über die Epidemiologie und den klinischen Verlauf dieser Entität zu erhalten, wurde das Traumaregister der DGU diesbezüglich ausgewertet. Das Register ist eine prospektive, standardisierte und anonymisierte Dokumentation schwerverletzter Patienten zu festgesetzten Zeitpunkten vom Unfallort bis zur Klinikentlassung.
Methodik
Aus dem Schwerverletztenregister der DGU (n=8057, Stand 07/2002) wurden 772 Patienten (10%) mit schwerem Wirbelsäulentrauma (AIS≥3) identifiziert. Männer waren mit 72% deutlich häufiger verletzt als Frauen (28%). Das mittlere Alter betrug 37±17 Jahre, der mittlere Verletzungsschweregrad betrug, berechnet nach dem ISS, 29±15 Punkte.
Ergebnisse
80% der Patienten waren zum Unfallzeitpunkt zwischen 15 und 54 Jahren alt, Verkehrsunfälle stellten die häufigste Unfallart dar (49%), gefolgt von Stürzen aus größerer Höhe (20%). Die HWS (34%), die BWS (40%) und die LWS (31%) waren annähernd gleich häufig verletzt. Bei nahezu der Hälfte der Patienten wurde die Wirbelsäule vom Notarzt präklinisch als unverletzt eingeschätzt. 20% der Patienten wiesen eine inkomplette und 27% eine komplette Querschnittssymptomatik auf. BWS-Verletzungen zeigten aufgrund des signifikant häufigeren gleichzeitigen Thoraxtrauma (96% vs. 37%) eine längere mittlere Verweildauer auf der Intensivstation. Patienten mit frühzeitiger WS-Operation (70% mit Operation <72 h nach Trauma) zeigten tendenziell kürzere Beatmungszeiten bzw. Verweildauern auf der Intensivstation und im Krankenhaus. 78% der Patienten überlebten 90 Tage nach Trauma.
Schlussfolgerung
Nahezu 10% aller dokumentierten Schwerverletzten im Traumaregister wiesen schwere Wirbelsäulenverletzungen auf. Diese Verletzungen wurden präklinisch häufig nicht diagnostiziert und somit unterschätzt. 70% der Patienten wurden frühzeitig (<72 h) nach Trauma an der Wirbelsäule operativ versorgt und zeigten kürzere Verweildauern. Diese Ergebnisse unterstützen frühere Publikationen, in denen tendenzielle Vorteile durch die frühe operative Stabilisierung der Wirbelfrakturen bei mehrfach verletzten Patienten nachgewiesen werden konnten.