Erschienen in:
01.05.2014 | Leitthema
Kostenbewusste ärztliche Entscheidungen
Normative Orientierung im Spannungsfeld zwischen Ethik und Ökonomie
verfasst von:
Prof. Dr. G. Marckmann, MPH, J. in der Schmitten
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
|
Ausgabe 5/2014
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Unter den gegebenen Rahmenbedingungen lässt es sich nicht vermeiden, dass Ärzte auch im Einzelfall Verantwortung für die Kostendimension ihrer Entscheidung übernehmen, was verschiedenen empirischen Studien zufolge bereits heute der Fall ist. Der vorliegende Beitrag widmet sich deshalb der Frage, wie Ärzte in einer medizinisch rationalen und ethisch vertretbaren Art und Weise Kostenerwägungen in ihren Entscheidungen auf der Mikroebene berücksichtigen können.
Diskussion
Vorgeschlagen wird ein vierstufiges Modell eines „ethischen Kostenbewusstseins“: 1) Unterlassung ineffektiver Maßnahmen im Sinne einer evidenzbasierten Medizin, 2) konsequente Berücksichtigung individueller Patientenpräferenzen, 3) Minimierung des diagnostischen und therapeutischen Aufwands für die Erreichung eines bestimmten Therapieziels und 4) Verzicht auf teure Maßnahmen mit einem geringen/fraglichen Nutzengewinn für den Patienten. Die Stufen 1–3 sind durch die Prinzipien Wohltun, Nichtschaden und Respekt der Autonomie ethisch begründet, Stufe 4 durch das Prinzip der Gerechtigkeit. Für Entscheidungen auf der 4. Stufe sollten nach Möglichkeit lokale explizite Vorgaben wie z. B. kostensensible Leitlinien erarbeitet werden. Sofern der Arzt im Einzelfall Rationierungsentscheidungen treffen muss, sind prozedurale Mindeststandards zu berücksichtigen. Regelmäßige Kosten-Fall-Besprechungen oder klinische Ethikberatung sollten zur Entscheidungsunterstützung verfügbar sein. Stufe 4 setzt allerdings keine klare politische Legitimation mit entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen voraus.