Erschienen in:
01.12.2014 | Leitthema
Wachstumsverhalten nach Frakturen des distalen Unterarms
Gründe für die hohe Rate an Übertherapie
verfasst von:
Dr. J. Lieber
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 12/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Etwa 40 % sämtlicher Frakturen der großen Röhrenknochen im Wachstumsalter ereignen sich am distalen Unterarm.
Fragestellung
Bei der Behandlung distaler Unterarmfrakturen im Wachstumsalter stehen sich 2 Phänomene gegenüber, die im Interesse des Patienten nicht vereinbar sind und hier diskutiert werden.
Material und Methode
Selektive Literaturrecherche und Beispiele aus dem eigenen Patientenkollektiv.
Ergebnisse
Auf der einen Seite besteht in der Region des distalen Unterarms eine enorme Spontankorrekturpotenz des Knochens für nahezu alle Dislokationsrichtungen, sodass für einen Großteil der Frakturen die Möglichkeit einer ambulanten konservativen Therapie besteht, die nahezu ausnahmslos – trotz mitunter verbleibender Achsabweichungen – zu einem hervorragenden Endergebnis ohne bleibende Funktionsstörungen oder kosmetische Defekte führt. Im Gegensatz dazu findet sich andererseits eine hohe Rate an Übertherapien in Form unnötiger Repositionen, Nachrepositionen und Osteosynthesen, die nicht nur der Unkenntnis der Wachstumsprognose und korrekter konservativer Behandlungstechniken, sondern sowohl wirtschaftlichen Faktoren als Folge der Ökonomisierung in der Medizin, als auch positiven Erfahrungen beim Erwachsenen zuzuschreiben sind, aber nicht auf das Kind übertragen werden können. Im Folgenden wird ein kindgerechtes effizientes Therapiekonzept vorgeschlagen, das sowohl die Wachstumsprognose als auch die dazu notwendigen Techniken berücksichtigt: Sämtliche abgekippte Frakturen werden primär im Gips ruhig gestellt, etwaige Abkippungen postprimär am 8. Tag durch eine Gipskeilung redressiert. Intolerable Abkippungen wie auch vollständig dislozierte Frakturen werden geschlossen reponiert und je nach Alter mit einer Kirschner-Draht-Osteosynthese stabilisiert.
Schlussfolgerung
Die Therapie der distalen Unterarmfraktur muss im Interesse des Patienten mit minimalem Aufwand höchst effizient und kindgerecht gestaltet werden. Die praktizierte Übertherapie ist nicht nur aus moralischen, sondern v. a. aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen.