Erschienen in:
01.08.2015 | Leitthema
Fehler in der frühklinischen Schwerverletztenversorgung besser begreifen
verfasst von:
Dr. H. Trentzsch, S. Imach, T. Kohlmann, B. Urban, L. Lazarovici, S. Prückner
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 8/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Vermeidbare unerwünschte Ereignisse gefährden jedes Jahr eine beträchtliche Anzahl von Patienten. Die aktuelle Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Qualitätsmanagement, in der u. a. ein eigenständiges Risikomanagement und ein CIRS (Critical Incident Reporting System) gefordert werden, erhöht den Handlungsdruck für eine aktive Auseinandersetzung mit Fehlern – auch in der Notfallmedizin. „Human error“ (menschliche Fehler) gelten im Hochrisikobereich, wie z. B. der Fliegerei, als Hauptursache für vermeidbare Zwischenfälle. Diese Beobachtung wird gerne direkt in den medizinischen Bereich übertragen.
Fragestellung
Wir stellten die Frage, wo die Ursachen für vermeidbare unerwünschte Ereignisse im Rahmen der Akutphase der Schwerverletztenversorgung tatsächlich zu suchen sind.
Material und Methoden
Wir führten eine nichtsystematische Literatursuche in der Pubmed-Datenbank durch.
Ergebnisse
Im Sinne der Fragestellung konnten 3 aktuelle Studien identifiziert werden, die tatsächlich „human error“ während der Schockraumversorgung als eine der wesentlichen Ursachen für vermeidbare unerwünschte Ereignisse in der Schwerverletztenversorgung ausweisen (88–97 %). Fehlerraten im Schockraum liegen bei ca. 10 %. Dabei fällt auf, dass sich die Ergebnisse im Vergleich zu Studien von vor 20 Jahren kaum verändert haben. Eine mögliche Erklärung könnte darin liegen, dass die systematische Aufarbeitung von Fehlern im Schockraum eine Schwachstelle darstellt und zu wenig Lehren aus Zwischenfällen gezogen werden. Der Artikel beschreibt daher außerdem Modelle der Fehlerentstehung und skizziert, wie Daten zur Ursachenforschung und für das klinische Risikomanagement gesammelt werden können, mit der Absicht, die Entstehung von Fehlern besser zu begreifen und um Strategien entwickeln zu können, die verhindern, dass sich Fehler wiederholen.
Schlussfolgerung
Menschliche Fehler stehen als Ursache für unerwünschte Ereignisse während der Versorgung im Schockraum an erster Stelle. Sie passieren vermutlich meist unabsichtlich oder aufgrund falscher Situationseinschätzungen. Da solche Fehler deutliche Auswirkungen auf die Mortalität und Morbidität schwerverletzter Patienten haben, ist zur Verbesserung von Qualität und Sicherheit ein umfassendes Risikomanagement erforderlich. Grundvoraussetzung dafür sind geeignete Methoden zur Erfassung von Fehlern und zur Ursachenforschung nach etablierten Protokollen.