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Erschienen in: Der Unfallchirurg 4/2019

03.09.2018 | Triage | Originalien

Verteilung der Sichtungskategorien bei Terroranschlägen mit einem Massenanfall von Verletzten

Analyse und Bewertung der Ereignisse in Europa von 1985 bis 2017

verfasst von: K. Juncken, A. R. Heller, D. Cwojdzinski, A. C. Disch, C. Kleber

Erschienen in: Die Unfallchirurgie | Ausgabe 4/2019

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Zusammenfassung

Hintergrund

Die Inzidenz und Art von Massenanfällen von Verletzten (MANV) und Katastrophenlagen der letzten Jahrzehnte unterliegen einem Wandel, v. a. da terroristische Anschläge in den Fokus gerückt sind. Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob unsere katastrophenmedizinische Vorsorgeplanung mit Verteilung der Sichtungskategorien (SKI: schwerstverletzt, SKII: schwer verletzt, SKIII: leicht verletzt) mit 15/20/60 % noch aktuell ist oder ob ggf. Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Einstufung in die SK erfolgt bei einem MANV aufgrund der Sichtung am Einsatzort durch die Rettungskräfte. Ziel dieser Arbeit ist die Überprüfung der Planungsgröße „Verteilung der Sichtungskategorien“.

Material und Methoden

Es wurden 244 Ereignisse (zivilen Katastrophenlagen, MANV) in Europa, einschließlich der Türkei, mit >9 Verletzten in einem Zeitraum vom 01.01.1985 bis zum 31.05.2017 mithilfe einer systematischen Literaturrecherche hinsichtlich der Verteilung der SK innerhalb der ersten 24 h analysiert und bewertet.

Ergebnisse

Es konnte eine Inzidenz von 10 % SKI, 17 % der SKII, 49 % der SKIII und 5 % Toten im Median nachgewiesen werden. Bei Berechnung des Mittelwertes, welcher bisher bei der Vorsorgeplanung verwendet wurde, ergab sich eine leicht abweichende Verteilung von 15/30/55 %. Sieben Ereignisse waren Naturkatastrophen, 227 Terroranschläge, 9 Unfälle und eine Massenpanik. Naturkatastrophen zeigten eine überdurchschnittlich hohe Rate an Toten (11 %), insbesondere Erdrutschereignisse (67 %). Zivile Unfälle zeigten eine Verteilung der SK von 10/17/55 %, wobei Zugentgleisungen doppelt so viele SKI-Patienten und Flugzeugabstürze knapp doppelt so viele SKII-Patienten aufwiesen. Bei Terroranschlägen werden die gegenwärtigen Planungsgrößen mit 14/15/39 % nicht ganz erreicht. Speziell „combined hits“ und Amokfahrten weisen hohe Inzidenzen an SKI-Patienten (18 % sowie 21 %) auf. Zudem lagen die SKII-Patienten mit 42 % bei Amokfahrten und 48 % bei Massenpanik deutlich über der Planungsgröße von 20 % bzw. 30 %. Die Berechnung des Severity-Factors nach deBoer (S) für Amokfahrten zeigte in unserer Untersuchung den höchsten Schweregrad (S = 1,8). Dieser gibt die Schwere einer Katastrophe in Abhängigkeit der Verletztenanzahl je Sichtungskategorien an.

Diskussion

Die Planungsgröße der 2. Sichtungskonsensuskonferenz von 2012 (15/20/65 %) und Adjustierung von 2017 (20/30/50 %) konnte anhand der medianen Inzidenzen von SK 10/17/49 % in unserer Untersuchung bestätigt werden. Dennoch gibt es Szenarien mit deutlich höheren Inzidenzen in den einzelnen SK. Hervorzuheben sind hier v. a. Amokfahrten, -läufe mit Schusswaffen und Massenpanikereignisse.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Verteilung der Sichtungskategorien bei Terroranschlägen mit einem Massenanfall von Verletzten
Analyse und Bewertung der Ereignisse in Europa von 1985 bis 2017
verfasst von
K. Juncken
A. R. Heller
D. Cwojdzinski
A. C. Disch
C. Kleber
Publikationsdatum
03.09.2018
Verlag
Springer Medizin
Schlagwörter
Triage
Naturkatastrophen
Erschienen in
Die Unfallchirurgie / Ausgabe 4/2019
Print ISSN: 2731-7021
Elektronische ISSN: 2731-703X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00113-018-0543-2

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