Erschienen in:
01.05.2014 | Originalien
Psychiatrische Unterbringungspraxis
Ein Vergleich von fünf Kliniken in drei Bundesländern
verfasst von:
Prof. Dr. P. Brieger, P. Kling Lourenço, T. Steinert, G. Längle, U. Lemke, S.C. Herpertz, D. Croissant, T. Becker, R. Kilian
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 5/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Unterbringungsraten und -quoten in Psychiatrien variieren regional sowohl deutschland- als auch europaweit erheblich. In einem Vergleich von fünf Kliniken in drei Bundesländern sollte die Unterbringungspraxis prospektiv erfasst und weiter analysiert werden – auch aus der Sicht der Betroffenen.
Material und Methode
Alle zwangsuntergebrachten Patienten wurden durch einen (klinik-)unabhängigen Mitarbeiter untersucht. Neben einer standardisierten Auswertung der Akten und Erfassung klinischer Basisdaten erfolgte die Einschätzung durch behandelnde Ärzte und die Betroffenen selbst. Verschiedene Instrumente einschließlich des McArthur Admission Experience Survey wurden eingesetzt.
Ergebnisse
Insgesamt 104 von 244 untergebrachten Patienten willigten in die Untersuchung ein. Es gab erhebliche Unterschiede zwischen den Zentren – sowohl bezüglich der Unterbringungsquote (3,2–25,8 %) als auch der Unterbringungsrate (16,6–97,6 Unterbringungen pro Jahr pro 100.000 Einwohner). Dabei zeigten die baden-württembergischen Zentren ausgesprochen niedrige Werte, während sie in den bayerischen Kliniken am höchsten waren. In den baden-württembergischen Zentren wurden mehr Patienten mit chronischen schizophrenen Erkrankungen untergebracht, die besonders schwer krank und durch die Unterbringung belastet waren. Die Quote der BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) -Unterbringungen war uneinheitlich. Hinsichtlich Eigen- oder Fremdgefährdung gab es keine Unterschiede zwischen den Zentren.
Schlussfolgerungen
Es gibt eine hohe Variation, aus welchen Gründen, wie häufig und auf welcher Grundlage Unterbringungen erfolgen. Bundeslandspezifische gesetzliche und regionale Versorgungsbesonderheiten können die Unterschiede nur teilweise erklären. Transparenz, Rechtssicherheit und Reflektion der Beteiligten sind unbedingt einzufordern – wie auch eine einheitliche Handhabung der gesetzlichen Vorschriften und eine einheitliche Dokumentation.