Erschienen in:
01.03.2014 | Leitthema
Schizophrenie und Gewalt
verfasst von:
Prof. S. Hodgins, R. Müller-Isberner
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 3/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Es gibt mittlerweile eine robuste Evidenz dafür, dass Schizophrenie das Risiko für Gewalttaten erhöht. Schizophrene Rechtsbrecher sind die Hauptursache für die europaweit zu beobachtende Zunahme forensischer Behandlungsplätze.
Fragestellung
Die Arbeit untersucht das empirisch gesicherte Wissen über den Zusammenhang von Schizophrenie und Gewalt.
Material und Methode
Es wurde eine systematische Literaturauswertung durchgeführt.
Ergebnisse
Menschen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind, haben im Vergleich zur restlichen Bevölkerung ein erhöhtes Risiko, wegen Gewalttaten verurteilt zu werden oder sich anderweitig aggressiv zu verhalten. Psychotische Symptome erklären nur das in akuten Phasen häufige aggressive Verhalten, nicht aber vergleichbares Verhalten vor Ausbruch der Erkrankung oder außerhalb akuter Krankheitsphasen. Drei distinkte Phänotypen schizophrener Gewalttäter konnten identifiziert werden: Individuen mit einer im Kindesalter beginnenden Störung des Sozialverhaltens, die sowohl vor als auch nach Ausbruch der Schizophrenie antisoziales und aggressives Verhalten zeigen; Individuen ohne Vorgeschichte von Verhaltensproblemen, die mit Ausbruch der Erkrankung aggressives Verhalten zeigen; und Individuen, die nach vieljährigem Krankheitsverlauf schwere Gewalthandlungen begehen. Über die Ätiologie dieser drei Typen von Rechtsbrechern ist ebenso wenig bekannt wie über die neuronalen Mechanismen, die dieses Verhalten initiieren und aufrechterhalten.
Schlussfolgerung
Psychiatrische Versorgungssysteme müssen dem von schizophren erkrankten Menschen ausgehenden Gewaltrisiko durch angemessene Risikoeinschätzungen und Interventionen, die antisoziales und aggressives Verhalten fokussieren, Rechnung tragen.