Skip to main content
Erschienen in: Der Nervenarzt 5/2015

01.05.2015 | Originalien

Wirksamkeit ambulanter Nachsorge bei Strafvollzugsentlassenen

Erste Evaluation der Forensisch Therapeutischen Ambulanz für Gewalt- und Sexualstraftäter in Berlin

verfasst von: J. Sauter, T. Voss, K.-P. Dahle

Erschienen in: Der Nervenarzt | Ausgabe 5/2015

Einloggen, um Zugang zu erhalten

Zusammenfassung

Hintergrund

Die Forensisch Therapeutische Ambulanz in Berlin dient der professionellen Nachbehandlung von als gefährlich eingestuften Gewalt- und Sexualstraftätern, die aus der Strafhaft oder einer Maßregel entlassen wurden.

Patienten und Methode

Zur besseren Vergleichbarkeit wurde anhand von Eckdaten der strafrechtlichen Entwicklung und der etwaigen Diagnosen (ICD-10) der Klienten der FTA (Vollerhebung, n = 32) eine Vergleichsgruppe aus den entsendenden Einrichtungen rekrutiert („matched sample“, n = 32), die entlassen wurden als die FTA noch nicht existierte. Das Hauptaugenmerk der Evaluation lag auf der spezialpräventiven Effizienz im Sinne erneut eingegangener Anzeigen.

Ergebnisse

Die nachbehandelten Personen wurden signifikant später aufgrund von Sexualdelikten angezeigt als die Vergleichsgruppe. Das geschätzte Rückfallrisiko war während der Behandlung um rund 85 % geringer. Nach dem Ende der Behandlung pendelten sich die Untersuchungsgruppen wieder auf vergleichbarem Niveau ein.

Schlussfolgerung

Individuell abgestimmte Maßnahmen sollten nach Ablauf der Behandlung aufrechterhalten werden. Da Strafvollzugsentlassene häufig weniger auf ihre Entlassung vorbereitet werden als MaßregelvollzugspatientInnen, stößt die therapeutische Arbeit mitunter an ihre Grenzen. Sozialarbeiterische Aufgaben sollten deshalb von Anfang an mitberücksichtigt werden.
Fußnoten
1
Die PCL-R [11] gilt neben ihrer Verwendung als Prognoseinstrument eigentlich als ein Instrument zur Diagnose des Persönlichkeitskonstrukts „psychopathy“ und eignet sich daher insbesondere zur Identifizierung einer Hochrisikogruppe. International wird ein Schwellenwert von 30 von insgesamt 40 möglichen Punkten empfohlen, ab 20 Punkten kann von einer Verdachtsdiagnose gesprochen werden. Für den europäischen Raum sind geringere Punktwerte anzusetzen.
 
2
Das LSI-R [4] ist das bekannteste Instrument zum „risk-needs-assessment“. Die insgesamt 54 Items sind in 10 Skalen unterteilt. Mithilfe dieser statischen und dynamischen Faktoren sollen Informationen bezüglich des Risikoprofils erfasst werden, die eine zielgerichtete Behandlungsindikation unterstützen und risikobehaftete Lebensbereiche zu identifizieren helfen.
 
3
Gewertet wurden hier und im Folgenden lediglich Anzeigen, bei denen der jeweilige Proband von der Berliner Polizei als dringend tatverdächtig eingestuft wurde.
 
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Boetticher A (2005) Aktuelle Entwicklungen im Maßregelvollzug und bei der Sicherungsverwahrung. Ambulante Nachsorge für Sexualstraftäter ist Aufgabe der Justiz! NStZ 25(8):417–423 Boetticher A (2005) Aktuelle Entwicklungen im Maßregelvollzug und bei der Sicherungsverwahrung. Ambulante Nachsorge für Sexualstraftäter ist Aufgabe der Justiz! NStZ 25(8):417–423
2.
Zurück zum Zitat Bundesministerium des Innern (2011) Polizeiliche Kriminalstatistik 2010 Bundesministerium des Innern (2011) Polizeiliche Kriminalstatistik 2010
3.
Zurück zum Zitat Cabeza SG (1998) Kriminalprävention durch ambulante Kriminaltherapie. In: R Müller-Isberner, SG Cabeza (Hrsg) Forensische Psychiatrie. Schuldfähigkeit, Kriminaltherapie, Kriminalprognose (123–135). Forum Verlag Godesberg GmbH, Mönchengladbach Cabeza SG (1998) Kriminalprävention durch ambulante Kriminaltherapie. In: R Müller-Isberner, SG Cabeza (Hrsg) Forensische Psychiatrie. Schuldfähigkeit, Kriminaltherapie, Kriminalprognose (123–135). Forum Verlag Godesberg GmbH, Mönchengladbach
4.
Zurück zum Zitat Dahle, K-P, Harwardt F, Schneider-Njepel V (2012) LSI-R. Inventar zur Einschätzung des Rückfallrisikos und des Betreuung- und Behandlungsbedarfs von Straftätern. Deutsche Version des Level of Service Inventory-Revised nach Don Andrews und James Bonta. Göttingen, Hogrefe Dahle, K-P, Harwardt F, Schneider-Njepel V (2012) LSI-R. Inventar zur Einschätzung des Rückfallrisikos und des Betreuung- und Behandlungsbedarfs von Straftätern. Deutsche Version des Level of Service Inventory-Revised nach Don Andrews und James Bonta. Göttingen, Hogrefe
5.
Zurück zum Zitat Egg R (1990) Sozialtherapeutische Behandlung und Rückfälligkeit im längerfristigen Vergleich. MschrKrim 73:358–368 Egg R (1990) Sozialtherapeutische Behandlung und Rückfälligkeit im längerfristigen Vergleich. MschrKrim 73:358–368
6.
Zurück zum Zitat Fox J (2002) Cox proportional-hazards regression for survival data. Appendix to An R and S-PLUS Companion to Applied Regression. http://cran.r-project.org/doc/contrib/Fox-Companion/appendix-cox-regression.pdf [12.03.12] Fox J (2002) Cox proportional-hazards regression for survival data. Appendix to An R and S-PLUS Companion to Applied Regression. http://​cran.​r-project.​org/​doc/​contrib/​Fox-Companion/​appendix-cox-regression.​pdf [12.03.12]
7.
Zurück zum Zitat Freese R (2003) Ambulante Versorgung von psychisch kranken Straftätern im Maßregel- und Justizvollzug – Analysen, Entwicklungen, Impulse. Recht Psychiatrie 21(2):52–57 Freese R (2003) Ambulante Versorgung von psychisch kranken Straftätern im Maßregel- und Justizvollzug – Analysen, Entwicklungen, Impulse. Recht Psychiatrie 21(2):52–57
8.
Zurück zum Zitat Freese R (2003) Ambulante Versorgung psychisch kranker Straftäter. Pabst Science Publishers, Lengerich Freese R (2003) Ambulante Versorgung psychisch kranker Straftäter. Pabst Science Publishers, Lengerich
9.
Zurück zum Zitat Freese R (2010) Nachsorge ehemals strafgerichtlich untergebrachter Menschen in Deutschland – formale Strukturen, Inhalte und Überlegungen. In: G Hahn, M Stiels-Glenn (Hrsg) Ambulante Täterarbeit. Intervention, Risikokontrolle und Prävention. Psychiatrie Verlag, Bonn, S 126–149 Freese R (2010) Nachsorge ehemals strafgerichtlich untergebrachter Menschen in Deutschland – formale Strukturen, Inhalte und Überlegungen. In: G Hahn, M Stiels-Glenn (Hrsg) Ambulante Täterarbeit. Intervention, Risikokontrolle und Prävention. Psychiatrie Verlag, Bonn, S 126–149
10.
Zurück zum Zitat Hall GCN (1995) Sexual offender recidivism revisited: a meta-analysis of recent treatment studies. J Consult Clin Psychol 63(5):802–809CrossRefPubMed Hall GCN (1995) Sexual offender recidivism revisited: a meta-analysis of recent treatment studies. J Consult Clin Psychol 63(5):802–809CrossRefPubMed
11.
Zurück zum Zitat Hare RD (1991) The Hare Psychopathy Checklist – Revised: Manual. Multi-Health Systems, Toronto Hare RD (1991) The Hare Psychopathy Checklist – Revised: Manual. Multi-Health Systems, Toronto
12.
Zurück zum Zitat Lau S (2003) Wirkt ambulante Kriminaltherapie? Literaturübersicht zur Effektivität gemeindenaher rückfallpräventiver Maßnahmen bei Straftätern und psychisch kranken Rechtsbrechern. Psychiatr Prax 30:119–126CrossRefPubMed Lau S (2003) Wirkt ambulante Kriminaltherapie? Literaturübersicht zur Effektivität gemeindenaher rückfallpräventiver Maßnahmen bei Straftätern und psychisch kranken Rechtsbrechern. Psychiatr Prax 30:119–126CrossRefPubMed
13.
Zurück zum Zitat Leygraf N (2006) Ambulante Behandlungsmöglichkeiten. In: Kröber H-L, Dölling D, Leygraf N, Saß H (Hrsg) Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd 3. Psychiatrische Kriminalprognose und Kriminaltherapie. Steinkopff, Dortmund, S 242–254 Leygraf N (2006) Ambulante Behandlungsmöglichkeiten. In: Kröber H-L, Dölling D, Leygraf N, Saß H (Hrsg) Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd 3. Psychiatrische Kriminalprognose und Kriminaltherapie. Steinkopff, Dortmund, S 242–254
14.
Zurück zum Zitat Müller-Isberner R (1996) Forensic psychiatric aftercare following hospital order treatment. Int J Law Psychiatry 19(1):81–86CrossRefPubMed Müller-Isberner R (1996) Forensic psychiatric aftercare following hospital order treatment. Int J Law Psychiatry 19(1):81–86CrossRefPubMed
15.
Zurück zum Zitat Müller-Isberner R, Rohdich R, Cabeza SG (1997) Zur Effizienz ambulanter Kriminaltherapie. Bewährungshilfe 3:272–285 Müller-Isberner R, Rohdich R, Cabeza SG (1997) Zur Effizienz ambulanter Kriminaltherapie. Bewährungshilfe 3:272–285
16.
Zurück zum Zitat Niemz S (2011) Sozialtherapie im Strafvollzug 2011. Ergebnisübersicht zur Stichtagserhebung zum 31.03.2011. KrimZ, Wiesbaden Niemz S (2011) Sozialtherapie im Strafvollzug 2011. Ergebnisübersicht zur Stichtagserhebung zum 31.03.2011. KrimZ, Wiesbaden
17.
Zurück zum Zitat Pitzing (2001) Die Arbeit der psychotherapeutischen Ambulanz für Sexualstraftäter des Vereins für Bewährungshilfe Stuttgart e. V. Bewährungshilfe 48(4):383–391 Pitzing (2001) Die Arbeit der psychotherapeutischen Ambulanz für Sexualstraftäter des Vereins für Bewährungshilfe Stuttgart e. V. Bewährungshilfe 48(4):383–391
18.
Zurück zum Zitat Pitzing (2006) Psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter der Bewährungshilfe Stuttgart e. V. – Vorsorge durch Nachsorge. http://www.sd-stgt.de/psychambulanz.htm [30.06.2012] Pitzing (2006) Psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter der Bewährungshilfe Stuttgart e. V. – Vorsorge durch Nachsorge. http://​www.​sd-stgt.​de/​psychambulanz.​htm [30.06.2012]
19.
Zurück zum Zitat Sauter J, Voss T, Dahle K-P (2014) Chancen und Grenzen in der ambulanten Nachsorge Straf- und Maßregelvollzugsentlassener. Eine Verlaufsevaluation der Forensisch Therapeutischen Ambulanz für Gewalt- und Sexualstraftäter in Berlin. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (zur Publikation eingereicht) Sauter J, Voss T, Dahle K-P (2014) Chancen und Grenzen in der ambulanten Nachsorge Straf- und Maßregelvollzugsentlassener. Eine Verlaufsevaluation der Forensisch Therapeutischen Ambulanz für Gewalt- und Sexualstraftäter in Berlin. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (zur Publikation eingereicht)
20.
Zurück zum Zitat Schalast N, Seifert D, Leygraf N (2007) Patienten des Maßregelvollzugs gemäß § 63 StGB mit geringen Entlassungsaussichten. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 1:34–42CrossRef Schalast N, Seifert D, Leygraf N (2007) Patienten des Maßregelvollzugs gemäß § 63 StGB mit geringen Entlassungsaussichten. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 1:34–42CrossRef
21.
Zurück zum Zitat Schmidt-Quernheim F (2011) Evaluation der ambulanten Nachsorge forensischer Patienten (§ 63 StGB) in Nordrhein-Westfalen. Unveröffentlichte Dissertation an der Universität Duisburg, Essen Schmidt-Quernheim F (2011) Evaluation der ambulanten Nachsorge forensischer Patienten (§ 63 StGB) in Nordrhein-Westfalen. Unveröffentlichte Dissertation an der Universität Duisburg, Essen
22.
Zurück zum Zitat Seifert D, Pierschke R, Schiffer B, Hufnagel S (2002) Evaluation der Forensischen Ambulanzen im Rheinland – Düren, Langenfeld und Essen – Forschungsprojekt im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland. Institut für Forensische Psychiatrie, Essen Seifert D, Pierschke R, Schiffer B, Hufnagel S (2002) Evaluation der Forensischen Ambulanzen im Rheinland – Düren, Langenfeld und Essen – Forschungsprojekt im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland. Institut für Forensische Psychiatrie, Essen
23.
Zurück zum Zitat Seifert D, Schiffer B, Leygraf N (2003) Plädoyer für die forensische Nachsorge. Ergebnisse einer Evaluation forensischer Ambulanzen im Rheinland. Psychiatr Prax 30:235–241CrossRefPubMed Seifert D, Schiffer B, Leygraf N (2003) Plädoyer für die forensische Nachsorge. Ergebnisse einer Evaluation forensischer Ambulanzen im Rheinland. Psychiatr Prax 30:235–241CrossRefPubMed
24.
Zurück zum Zitat Seifert D, Möller-Moussavi S (2005) Führungsaufsicht und Bewährungshilfe – Erfüllung gesetzlicher Auflagen oder elementarer Bestandteil forensischer Nachsorge. NStZ 3:131–136 Seifert D, Möller-Moussavi S (2005) Führungsaufsicht und Bewährungshilfe – Erfüllung gesetzlicher Auflagen oder elementarer Bestandteil forensischer Nachsorge. NStZ 3:131–136
25.
Zurück zum Zitat Steinböck H, Groß G, Nedopil N et al (2004) Ambulante Betreuung forensischer Patienten – vom Modell zur Institution. Recht Psychiatrie 22(4):199–207 Steinböck H, Groß G, Nedopil N et al (2004) Ambulante Betreuung forensischer Patienten – vom Modell zur Institution. Recht Psychiatrie 22(4):199–207
26.
Zurück zum Zitat Stübner S, Nedopil N (2009) Ambulante Sicherungsnachsorge. Begleituntersuchung eines forensischen Modellprojektes in Bayern. Psychiatr Prax 36:317–319CrossRefPubMed Stübner S, Nedopil N (2009) Ambulante Sicherungsnachsorge. Begleituntersuchung eines forensischen Modellprojektes in Bayern. Psychiatr Prax 36:317–319CrossRefPubMed
27.
Zurück zum Zitat Thornton D (2007) Scoring guide for Risk Matrix 2000.9/SVC Thornton D (2007) Scoring guide for Risk Matrix 2000.9/SVC
28.
Zurück zum Zitat Zisterer-Schick M (2011) Die Psychotherapeutische Ambulanz der Justiz in Ludwigshafen (PAJu). Praxis Rechtspsychol 21(1):77–92 Zisterer-Schick M (2011) Die Psychotherapeutische Ambulanz der Justiz in Ludwigshafen (PAJu). Praxis Rechtspsychol 21(1):77–92
Metadaten
Titel
Wirksamkeit ambulanter Nachsorge bei Strafvollzugsentlassenen
Erste Evaluation der Forensisch Therapeutischen Ambulanz für Gewalt- und Sexualstraftäter in Berlin
verfasst von
J. Sauter
T. Voss
K.-P. Dahle
Publikationsdatum
01.05.2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Der Nervenarzt / Ausgabe 5/2015
Print ISSN: 0028-2804
Elektronische ISSN: 1433-0407
DOI
https://doi.org/10.1007/s00115-014-4185-5

Weitere Artikel der Ausgabe 5/2015

Der Nervenarzt 5/2015 Zur Ausgabe

Mitteilungen der DGPPN

Mitteilungen der DGPPN 5/2015