Erschienen in:
14.01.2016 | Verletzungen des Urogenitaltraktes | Originalien
Operative Interventionen urologischer Verletzungen beim schwerverletzten Patienten in der Akutphase
verfasst von:
Prof. Dr. A. Hegele, R. Lefering, J. Hack, S. Ruchholtz, R. Hofmann, C. A. Kühne
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 4/2016
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Zusammenfassung
Einleitung
Weitgehend unbekannt ist die tatsächliche Häufigkeit urologischer Verletzungen in Deutschland beim Polytrauma wie auch die tatsächliche operative Interventionshäufigkeit. In der vorliegenden Arbeit wurde die Häufigkeit der unterschiedlichen urogenitalen Verletzungen im Rahmen eines Traumas bei fast 90.000 schwer verletzten Patienten (Injury Severity Score, ISS ≥ 16) untersucht. Zusätzlich wurden andere Parameter wie der Unfallhergang, Begleitverletzungen und Auswirkungen auf den Verlauf analysiert.
Material und Methoden
In der vorliegenden Studie wurden anhand des TraumaRegister DGU® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) die Daten von 90.000 schwer verletzten Patienten analysiert. Alle Patienten mit einem ISS ≥ 16 wurden auf das Vorliegen einer urologischen Verletzung und der operativen Intervention innerhalb von 24 h untersucht. Im Rahmen der Datenerhebung wurden der ISS ≥ 16, primäre Aufnahme vom Unfallort in ein Traumazentrum, Alter ≥ 18 Jahre, urogenitale Verletzung und Vorhandensein eines vollständigen Datensatzes als Einschlusskriterien für das zu untersuchende Patientenkollektiv festgelegt.
Ergebnisse
Es wurden 48.797 polytraumatisierte Patienten ausgewertet. Eine traumatische urogenitale Verletzung lag bei 7,1 % der Patienten vor. Männer zeigten mit 78 % häufiger eine urologische Verletzung. Die Nieren waren mit einer Häufigkeit von 4,8 %, die Harnleiter mit 0,2 %, die Harnblase mit 1,2 %, die Urethra mit 0,5 % und das äußere Genitale mit 0,4 % betroffen. Verkehrsunfälle und Stürze aus größerer Höhe waren die häufigste Ursache urogenitaler Verletzungen (> 90 %). Diese zeigten sich bei je 7,1 % der Patienten mit einem Becken-, Thorax- und Abdomentrauma und nahmen in Abhängigkeit von der Schwere des Beckentraumas und der abdominellen Traumata (nach AIS) deutlich zu. Eine verzögerte Diagnose der urologischen Verletzungen betraf vor allem Ureter- (10,6 %) und Urethratraumen (6,3 %). Dies war mit einer erhöhten Rate an Operationen/Interventionen assoziiert. Bei Vorliegen einer urogenitalen Verletzung verlängerte sich die Liegedauer der Patienten auf einer Intensivstation und die Krankenhausverweildauer.
Diskussion
Die hier dargestellten Daten zeigen erstmalig die Prävalenz urogenitaler Verletzungen bei polytraumatisierten Patienten an einem sehr großen Patientenkollektiv des TraumaRegister DGU®. Diese Daten geben einen guten Überblick über die Anzahl, das Ausmaß und die Versorgungsrealität urogenitaler Verletzungen beim schwer verletzten Patienten. Hierbei zeigt sich, dass eine bundesweite Umsetzung der im Jahre 2011 publizierten S3-Leitlinien noch nicht vollends stattgefunden hat.