Erschienen in:
01.08.2006 | Originalien
Vergleichende klinisch-rechtsmedizinische Analyse von Verletzungsmustern
Charakteristika bei Opfern von Partnerschaftskonflikten
verfasst von:
Dr. D. Seifert, A. Heinemann, S. Anders, A. Gehl, J. Schröer, K. Püschel
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 4/2006
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Zusammenfassung
Häusliche Gewalt, im Sinne von gewaltsamen Partnerschaftskonflikten, ist ein Phänomen von erheblicher gesellschaftlicher Relevanz (anzunehmende Lebenszeitprävalenz für Frauen in Deutschland: 37%) und rechtsmedizinischer Bedeutung. Während des 12-Monats-Zeitraums von Februar 2003 bis Januar 2004 wurden in der Gewaltopferambulanz des Hamburger Instituts unter 1071 Patienten 312 Opfer von Partnerschaftskonflikten untersucht. Diese Konfliktkategorie wies gegenüber anderen (familiäre Konflikte, sexualisierte Gewalt, Angriffe durch Fremdtäter) eine deutliche Betonung von Angriffen gegen den Hals (22,9%), stumpfer Gewalt gegen den Gesichtsschädel (53,5%) und von Folgen stumpfer Gewalt an den oberen Extremitäten auf (46,2%). Aufgrund der Verletzungsfolgen wurde das Vorliegen einer mindestens potenziell lebensgefährlichen Verletzung in 21,4% der Fälle durch die untersuchenden Ärzte attestiert. Morphologisch eindeutig als mehrzeitig charakterisierbare Verletzungen, oft als Charakteristikum häuslicher Gewalt angesehen, fanden sich bei Partnerschaftskonflikten ohne sexualisierte Komponente lediglich bei 14,3% der Fälle, im Vergleich bei familiärem Konflikt in 17,2% der Fälle. Die Ergebnisse legen nahe, dass, vom phänomenologischen Standpunkt her, mehr das Verteilungsmuster der Verletzungen am Körper einen hinsichtlich der Konfliktkategorie hinweisenden Charakter besitzt. Die Ergebnisse, insbesondere der hohe Anteil ernst zu nehmender Verletzungsfolgen, betonen die Bedeutung der Einbeziehung der Rechtsmedizin in die Akutversorgung auch von Opfern häuslicher Gewalt im Hinblick auf Strafverfahren und auch auf Zivilverfahren. Finanzielle Kürzungen auf diesem Gebiet konterkarieren die gesellschaftliche Relevanz der Thematik und führen zu einer sozialen sowie juristischen Unterversorgung.