Erschienen in:
13.01.2016 | Originalien
Muscina prolapsa (Harris 1780)
Ein bislang unterschätztes Werkzeug der forensischen Entomologie
verfasst von:
V. Bernhardt, Dipl.-Biol., H. Fremdt, H. Huibregts, L. Geduld, M. A. Verhoff, J. Amendt
Erschienen in:
Rechtsmedizin
|
Ausgabe 2/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Daten zum Wachstum forensisch relevanter Insekten konzentrieren sich derzeit vorwiegend auf Schmeißfliegen. Die Relevanz anderer Insektenarten wird weitgehend ignoriert. Die vorliegende Studie analysiert Biologie und Ökologie der häufig an vergrabenen Körpern zu findenden Fliegenart Muscina prolapsa (Diptera: Muscidae) unter konstanten sowie wechselnden Temperaturen in Labor und Freiland.
Ziele der Arbeit
Erstmals sollen Daten zum jahreszeitlichen Aktivitätsmuster und zur temperaturabhängigen Entwicklung der forensisch relevanten Fliegenart M. prolapsa gesammelt und analysiert werden. Die Ergebnisse sollen die Grundlage für die Berechnung fallrelevanter Leichenliegezeiten bilden.
Material und Methoden
Mithilfe von Köderfallen wurde die Aktivität von M. prolapsa über 2 Jahre untersucht. Rattenkadaver wurden etwa 10 cm tief vergraben, in 2-wöchigen Intervallen über 42 Tage jeweils Proben exhumiert und der Befall mit M.-prolapsa-Larven ermittelt. Die Entwicklung von M. prolapsa wurde im Labor bei konstanten Temperaturen (17 ℃, 20 ℃ und 25 ℃) sowie unter wechselnden Freilandbedingungen analysiert.
Ergebnisse
Muscina prolapsa war von März bis November flugaktiv. An allen vergrabenen Kadavern war eine massive Besiedlung mit ihren Larven zu beobachten. Mit zunehmender Temperatur verlief die Entwicklung von M. prolapsa beschleunigt. Bis zu ihrer Verpuppung benötigten die Larven zwischen 8 und 12,6 Tage. Die ersten Fliegen schlüpften 16,7 Tage nach der Eiablage. Bei der niedrigsten Temperatur verlängerte sich der Zeitraum auf fast 30 Tage. Der untere Temperaturschwellenwert für die Gesamtentwicklung betrug 6,7 °C.
Schlussfolgerung
Die Gattung Muscina stellt bei nur notdürftig vergrabenen Kadavern die dominierende Fauna dar. Die Fliegen sind den überwiegenden Teil des Jahres flugaktiv. Die Entwicklung ist temperaturabhängig und ermöglicht die Berechnung der Leichenliegezeit.