Erschienen in:
20.09.2019 | Cannabinoide | Schwerpunkt
Ein Positionspapier zu medizinischem Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten in der Schmerzmedizin
verfasst von:
Prof. Dr. Frank Petzke, Matthias Karst, Knud Gastmeier, Lukas Radbruch, Eva Steffen, Winfried Häuser, Ad-hoc-Kommission der Deutschen Schmerzgesellschaft „Cannabis in der Medizin“
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 5/2019
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Zusammenfassung
Seit März 2017 ist die Verordnung von medizinischem Cannabis auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nach Genehmigung durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) möglich. Chronische Schmerzen sind dabei die häufigste Indikation, wie Daten der Krankenkassen und der Begleiterhebung zeigen. Aus Sicht des Gesetzes ist eine Verordnung bei schwerwiegender Erkrankung, fehlenden oder nicht indizierten etablierten Therapieansätzen und bei einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Besserung der Erkrankung oder ihrer Symptome indiziert. Dies beschreibt einen breiteren Indikationsrahmen als derzeit durch randomisierte kontrollierte klinische Studien gesichert werden kann. Demnach liegt für neuropathischen Schmerz eine schwache Evidenz für geringe Wirksamkeit vor, für Schmerz und Spastik und tumorbedingte Schmerzen gibt es Hinweise auf Verbesserungen der Lebensqualität, aber einen wenig relevanten Effekt auf Schmerz. Für alle anderen Indikationen kann aus Sicht der externen Evidenz nur ein individueller Heilversuch gerechtfertigt werden. Das entspricht aber in der Regel der Forderung im Cannabis als Medizin Gesetz auf „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht“ einer spürbar positiven Wirkung. Problematisch ist darüber hinaus, dass für die Anwendung und Wirksamkeit von Blüten und Extrakten fast keine Studien über klinisch relevante Zeiträume vorliegen.
Der derzeitige Wissensstand zur Verwendung von cannabisbasierten Medikamenten und deutlicher noch von medizinischem Cannabis für chronische Schmerzen ist unzureichend. Die Zunahme der Zahl der Länder mit einer Zulassung oder Ausnahmeregelung für medizinischen Cannabis oder cannabisbasierte Medikamente für chronische Schmerzen wird auch größere empirische und bevölkerungsbezogene Studien ermöglichen, die die Evidenzbasis aus der Forschung, aber auch der klinischen Anwendung weiter verbessern werden.