Die Ärztekostenjahresstatistik 2015 des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger ermöglicht einen interessanten Einblick in die österreichweite Honorarsituation der Fachärzte und bietet einen Vergleich der Kinder- und Jugendheilkunde mit anderen Fachgruppen. So ist es einerseits möglich, einen Vergleich der Patientenfrequenzen und der Honorierung der Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde zwischen den einzelnen Bundesländern anzustellen, und andererseits ist eine Darstellung der Relation zu den anderen Fachgruppen möglich. Diese Jahresstatistik des Hauptverbands erscheint jährlich und dient auch als Instrument für die politischen Entscheidungsträger zur Steuerung von Leistungen.

Die Daten beruhen auf den tatsächlichen Ärztekosten der jeweiligen Krankenkassen einschließlich der Leistungen für die Mutter-Kind-Pass-Untersuchung.

Vergleich der unterschiedlichen Fachgruppen

Es gibt erhebliche Unterschiede in der für die ärztliche Versorgung durch die jeweiligen Fachgruppen bereitgestellten Honorarsumme. Das Spektrum reicht hier von der österreichweiten Gesamtsumme von rund 213 Mio. € pro Jahr für die Fachgruppe der Inneren Medizin bis hin zu rund 525.000 € für die Neurochirurgie. Die Kinder und Jugendheilkunde ist in dieser Gesamtsumme aller Krankenkassen und Bundesländer mit knapp 80 Mio. € an der 7. Stelle zu finden (Tab. 1).

Tab. 1 Gesamtausgaben pro Jahr und Fachgruppe (alle Kassen)

Allerdings muss Tab. 1 natürlich auf die Zahl der betreuten Patienten sowie auf die Zahl der Fachärzte bezogen betrachtet werden. Hier ergibt sich ein gänzlich anderes Bild. Dividiert man diese in genannten Summen durch die Zahl der Vertragsärzte, so zeigt sich die Kinder- und Jugendheilkunde an der viertletzten Stelle (Tab. 2).

Tab. 2 Jahresumsätze je abrechnendem Arzt (alle Kassen)

Zum Vergleich: Der Durchschnittswert für die Fachärzte liegt bei 332.836 € und Ärzte für Allgemeinmedizin erzielen 257.056 €. Der Aufholbedarf für die Fachärzte für Kinder und Jugendheilkunde liegt auf der Hand und ist anhand dieser Zahlen auch gut argumentierbar. Als bemerkenswert muss die gute Honorierung für die Kinder- und Jugendpsychiatrie erwähnt werden.

Naturgemäß muss auch der Aufwand jeder Fachgruppe betrachtet werden, also die Anzahl der betreuten Patienten pro Jahr. Hier zeigt sich, dass die Kinder- und Jugendheilkunde an fünfter Stelle der Fachgruppen liegt und eine der höchsten gesamten Patientenfrequenzen aufweist (Tab. 3). Allerdings sind in dieser Tabelle nur die Patienten der Gebietskrankenkassen erfasst.

Tab. 3 Anzahl Patienten pro Jahr (Gebietskrankenkassen)

Zu beachten ist, dass es sich hierbei um die Zahl der Patienten aber nicht um die Anzahl der Besuche der einzelnen Patienten handelt. Die Besuchsfrequenz der einzelnen Patienten in der Kinder- und Jugendheilkunde ist naturgemäß viel höher als in der Gynäkologie, wo die Patienten i. d. R. maximal einmal pro Quartal den Facharzt aufsuchen.

Für die Gebietskrankenkassen ist es zudem möglich, den Betrag pro Fall zu ermitteln. Dabei handelt es sich also um jene durchschnittliche Summe, die die Gebietskrankenkassen pro Patient und Quartal bezahlen. Dies ergibt einen guten Hinweis darauf, welcher Stellenwert den einzelnen Fachgruppen österreichweit aus der Sicht der Abrechnung zukommt. Naturgemäß schneiden hier jene Fächer sehr hoch ab, deren Untersuchungen zeitintensiv sind, wie eben die Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Es darf aber auch nicht übersehen werden, dass viele Fächer mit einem niedrigen Betrag pro Fall eben über erhebliche private Leistungen verfügen wie die Augenheilkunde und die Frauenheilkunde. Die Kinder und Jugendheilkunde findet sich hier im unteren Drittel, allerdings ohne beträchtliche private Leistungen anbieten zu können (Tab. 4).

Tab. 4 Betrag pro Fall und Quartal (Scheinwert der Gebietskrankenkassen)

Vergleich der unterschiedlichen Bundesländern

Es gibt erhebliche Unterschiede in der Inanspruchnahme und der Honorierung der Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde in den unterschiedlichen Bundesländern. Die Anzahl der Patienten pro Ordination und Jahr liegt zwischen 3374 in Niederösterreich und 4347 in Wien (Tab. 5).

Tab. 5 Anzahl an Patienten pro Ordination und Jahr (Gebietskrankenkassen)

Dem steht aber eine völlig unterschiedliche Honorierung gegenüber. Interessant ist es, hier den durchschnittlichen Wert pro Fall und Ordination zu betrachten. Dabei zeigen sich im österreichweiten Vergleich erhebliche Unterschiede. So erhält der Kollege in Niederösterreich pro Quartal und Patient 50,20 € und der Kollege in Vorarlberg 69,74 € (Tab. 6). Diese Ungleichheit ist nicht begründbar.

Tab. 6 Betrag pro Fall und Quartal (Scheinwert Gebietskrankenkassen)

Daraus aber resultiert ein erhebliches Ungleichgewicht in der gesamten Honorierung der Kollegen in den einzelnen Bundesländern die dazu führt, dass die Kollegen aus Niederösterreich bei nur rund 60 % der Honorierung der Kollegen aus Wien oder Vorarlberg liegen (Tab. 7).

Tab. 7 Jahresumsätze je abrechnendem Arzt in der Kinderheilkunde (Gebietskrankenkassen)

Zusammenfassung

Es bestehen erhebliche Ungleichgewichte in der Honorierung der unterschiedlichen Fachgruppen, die vielleicht historisch gewachsen erklärbar, aber keinesfalls mehr begründbar sind. Die Kinder- und Jugendheilkunde hat in den letzten Jahrzehnten einen enormen und fachlich hochwertigen Aufschwung genommen. War es bis in die 1990er-Jahre noch üblich, dass eine Praxis für Kinder- und Jugendheilkunde aus einer Liege, einem Stethoskop und einem Eiskasten für die Impfstoffe bestanden hat, so ist es heute üblich, ein breites und hochqualifiziertes Spektrum bis hin zur Echokardio- und Elektroenzephalographie in den Ordinationen anzubieten. Die Honorierung hat damit allerdings nicht Schritt gehalten, die Kinderheilkunde findet sich nach wie vor im unteren Drittel der Honorierung im Vergleich mit anderen Fachgruppen. Dies sollte argumentativ für Verhandlungen genutzt werden.

Letztlich sehen viele der jungen Kollegen diese Situation und auch das Faktum, dass die Mutter-Kind-Pass-Honorare seit über 20 Jahren nicht mehr angehoben wurden. Die Bereitschaft, eine Ordination zu übernehmen, ist damit kaum noch gegeben und tatsächlich ist es so, dass bereits viele, auch gute Ordinationen nicht mehr nachbesetzt werden können. Hier besteht zweifellos Handlungsbedarf seitens der Ärztekammern und Standesvertreter, bei den Honorarverhandlungen klare Prioritäten zur Förderung der Kinder- und Jugendheilkunde zu setzen.

Es zeigen sich aber auch eklatante Unterschiede in der Honorierung zwischen den einzelnen Bundesländern. Es ist nicht erklärlich und auch nicht zu rechtfertigen, weshalb Fachärzte mit gleicher Qualifikation und vergleichbarem Leistungsspektrum Honorarunterschiede in erheblichem Ausmaß erfahren müssen. Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, dieses Thema aufzugreifen und diese bestehenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Die hochqualifizierten Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde müssen leistungsgerecht honoriert werden. Die derzeitige Situation trägt dazu bei, die Attraktivität einer Niederlassung in einer Kassenpraxis weiter zu senken und ist mit ein Grund für den zukünftigen und jetzt schon regional bestehenden Mangel an Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde.

Fazit

  • Es gibt erhebliche und sachlich nicht zu rechtfertigende Unterschiede in der Honorierung der kinderärztlichen Tätigkeit zwischen den einzelnen Bundesländern.

  • Die Honorarsituation der Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde spiegelt die Entwicklung der letzten Jahre im Vergleich mit den anderen Fachgruppen nicht wider und bedarf einer dringlichen Verbesserung.

  • Diese Zahlen könnten als Ausgangspunkt für Verhandlungen in den einzelnen Bundesländern dienen.