Erschienen in:
01.04.2009 | Übersichten
ACST – Eine Studie wird zum Problem
verfasst von:
Prof. Dr. D. Böckler, N. Attigah, M. Hakimi, J.-R. Allenberg
Erschienen in:
Gefässchirurgie
|
Ausgabe 2/2009
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Multizentrische randomisiert kontrollierte Studien wie z. B. die ACST-Studie belegen die Effizienz der Karotischirurgie bei relevanten symptomfreien Karotisstenosen im Sinne der Schlaganfallprophylaxe und entsprechen dem höchsten Evidenzniveau (Level I) bzw. dem klinischen Empfehlungsgrad (A). Dennoch können sie im klinischen Alltag zu einem vielschichtigen Problem für den Patienten, den zuweisenden Arzt und nicht zuletzt für den Gefäßchirurgen selbst werden. Insbesondere die Übertragung statistischer Zielgrößen aus randomisierten Studien wie z. B. die absolute Risikoreduktion (ARR) und die sog. „numbers needed to treat“ (NNT) sind nicht direkt übertragbar, denn sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Komplikationsrate des jeweiligen Zentrums bzw. Operateurs. Besonders schmal ist der Grad der Effizienz bei der Behandlung symptomfreier Patienten, bei denen der Spontanverlauf ein niedriges Schlaganfallrisiko mit sich bringt und der Operateur gemäß AHA eine Komplikationsrate unter 3% aufweisen muss.
Vor diesem Hintergrund und der indirekt proportionalen Korrelation von Operationsfrequenz und Komplikationsrate wären eigentlich in der Karotischirurgie Mindestmengen und eine Zentrumsbildung für Karotischirurgie zu fordern. Dies würde aber ein Dilemma in der Ausbildung des gefäßchirurgischen Nachwuchses auslösen. Weitere Probleme ergeben sich für Patienten und deren Zuweiser: Obwohl die Therapieergebnisse in der Karotischirurgie innerhalb der BQS erfasst werden, sind sie für Patienten bei der Auswahl der Kliniken und deren Operateure öffentlich nicht einsehbar. Zukünftig müssen deshalb nicht nur Behandlungsfälle, sondern auch Therapieergebnisse auf Klinikwebseiten und Qualitätsberichten offen gelegt werden. Die Teilnahme an randomisierten Studien (SPACE II, ACST II) ist wünschenswert bzw. zu fordern, um auch in Zukunft als Gefäßchirurg bei Indikation und Verfahrenswahl mitentscheiden zu können. Dazu wäre es auch sinnvoll, Karotisstenting als komplementäre Alternative individuell für Patienten anbieten zu können.