Zusammenfassung
Beim Massenanfall von Verletzten (MANV) besteht eine erhebliche Differenz zwischen dem Aufkommen der Geschädigten und den verfügbaren sanitätsdienstlichen Kapazitäten zur individualmedizinischen Behandlung. Der bei einem Anschlag oder ähnlicher Bedrohung angewendete Algorithmus unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Vorgehen bei anderen MANV wie etwa größeren Verkehrsunfällen. Es müssen jedoch Besonderheiten wie die Bedrohungslage und typische Verletzungsmuster beachtet werden. Bei einer Bedrohungslage lassen sich nicht alle Risiken vermeiden, es geht aber darum, sie auf keinen Fall unkalkuliert, sondern nötigenfalls bewusst einzugehen. Im vorliegenden ersten Teil dieses Beitrags sollen die entscheidenden Punkte des Vorgehens an der Einsatzstelle beschrieben werden. Es wird auf die Verantwortlichkeit für die Triage eingegangen, die in Abhängigkeit von der Sicherheitslage nicht immer beim Rettungsdienst liegt. Erörtert werden auch die ersten Schritte vor Ort, die unter anderem den Abgleich von Versorgungsbedarf und verfügbaren Ressourcen, die Erstmeldung an die Leitstelle und die Aktivierung von Alarmplänen umfassen. Zuletzt werden im Detail strukturelle Aspekte der Führung, Raumordnung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, weitere Spezialkräfte) beschrieben.
Abstract
In mass casualty incidents there is a substantial difference between the number of injured persons and the available capacity of emergency medical services for individual medical treatment. The algorithm implemented in an attack or similar situation does not generally differ from the approach for other mass casualty incidents, such as large traffic accidents; however, special features, especially the threat situation and the typical injury patterns must be taken into consideration. In a threat situation not all risks can be avoided but the point is that they should be approached not in an uncalculated but in a conscious manner. In the first part of this article the decisive points of the approach at the incident scene are described. The resonsibility for the triage is also discussed, which does not always lie with the rescue services but is dependent on the safety situation. The initial steps at the scene are explained, which includes the balance between the need for treatment and the available resources, the first communication with the control center and the activation of the contingency plans. Finally, the structural aspects of the management, spatial allocation and cooperation between the various actors (police, fire department, emergency services and other special forces) are described in detail.
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Interessenkonflikt
D. Redmer nahm für die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH e.V.) an Veranstaltungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit Bezug zum Massenanfall bei Bedrohungslagen teil. Er erhielt Kostenerstattung für Reisen, Unterkunft und Verpflegung durch das BBK sowie die JUH e.V., die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der eingereichten Arbeit stehen. K. Ladehof, C. Neitzel, M. Offterdinger und K.G. Kanz geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Redaktion
B. Friemert, Ulm
K.G. Kanz, München
Dies ist ein zweigeteilter Beitrag. Die Online-Version von Teil 2, „tacSTART als adaptierter Sichtungsalgorithmus in Bedrohungslagen“, finden Sie unter https://doi.org/10.1007/s10049-018-0501-0.
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Ladehof, K., Redmer, D., Neitzel, C. et al. Einsatztaktik beim Massenanfall in Bedrohungslagen. Notfall Rettungsmed 21, 462–468 (2018). https://doi.org/10.1007/s10049-018-0500-1
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