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Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 2/2010

01.05.2010 | Originalarbeit

Zur rückfallprognostischen Bedeutung des Tatverhaltens bei Sexualdelinquenz

verfasst von: Klaus-Peter Dahle, Jürgen Biedermann, Franziska Gallasch-Nemitz, Christine Janka

Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie | Ausgabe 2/2010

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Zusammenfassung

Anhand einer Stichprobe von 612 männlichen Sexualstraftätern wurde untersucht, inwiefern das Tatverhalten beim Indexdelikt einschlägige Rückfälle innerhalb eines Katamnesezeitraums von 5 Jahren vorhersagt. Dazu wurden 20 im Einzelvergleich als prognostisch bedeutsam erscheinende Variablen des Tatverhaltens auf ihre multivariate Vorhersageleistung überprüft. Bei schrittweise rückwärts gerichteter, multipler logistischer Regressionsanalyse resultierten 12 bedeutsame Variablen, die zusammen 22% der Gesamtvarianz einschlägiger Rückfälle aufklärten und deren einfacher Summen-Score mit AUC = 0,76 (r = 0,34) eine beachtliche prognostische Güte zeigte. Die Prognosegüte war für verschiedene Tätersubgruppen der Entwicklungsstichprobe vergleichbar und blieb auch bei einer Kreuzvalidierung an einer weiteren Stichprobe ehemals inhaftierter Sexualstraftäter (n = 108) stabil. Darüber hinaus erwiesen sich die Variablen des Tatverhaltens sowohl in der Entwicklungs- als auch in der Kreuzvalidierungsstichprobe als inkrementell valide gegenüber eingeführten Prognoseinstrumenten für Sexualdelinquenten und vermochten die Güte der Prognose substanziell zu verbessern. Die Befunde bieten somit vielversprechende Hinweise auf die prognostischen Potenziale von Merkmalen des Tatverhaltens. In zukünftigen Untersuchungen könnte die gezielte Anpassung von Risikoskalen an bestimmte Tätergruppen einen verbesserten Zugang zu psychologisch bedeutsamen Interpretationen des Tatbildrisikos ermöglichen.
Fußnoten
1
Der Algorithmus „Chi-Square Automatic Interaction Detectors“ (CHAID) ist in der Lage auf Grundlage von χ²-Statistiken die optimale Anzahl und Lage von Schwellenwerten zur Differenzierung hinsichtlich des Kriteriums möglichst heterogener Gruppen zu bestimmen [1].
 
2
Die verbleibenden Restgruppen wurden wegen zu kleiner Zellbesetzungen ausgeschlossen.
 
3
Die Überprüfung der statistischen Bedeutsamkeit erfolgte mittels „Likelihood-ratio“-Statistik.
 
4
Drei Täter wurden aus der Analyse ausgeschlossen, da aufgrund fehlender Angaben zur Opferbeziehung kein Static99-Score berechnet werden konnte. Es resultierte somit n = 609.
 
5
Für sich genommen korrelierte der Static99 zu r = 0,32 mit erneuten Sexualdelikten (AUC = 0,71; SE = 0,06; p<0,001).
 
6
Der Summenscore der SVR-20 korrelierte zu r=0,27 (AUC=0,69; SE=0,06; p<0,01) mit erneuten Sexualdelikten, das Rating zu r=0,32 (AUC=0,70; SE=0,06; p<0,01).
 
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Metadaten
Titel
Zur rückfallprognostischen Bedeutung des Tatverhaltens bei Sexualdelinquenz
verfasst von
Klaus-Peter Dahle
Jürgen Biedermann
Franziska Gallasch-Nemitz
Christine Janka
Publikationsdatum
01.05.2010
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie / Ausgabe 2/2010
Print ISSN: 1862-7072
Elektronische ISSN: 1862-7080
DOI
https://doi.org/10.1007/s11757-010-0041-z

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