Die latente Variable
Klarheit von Ansagen beinhaltet, wie deutlich und verständlich die Lehrkräfte die unterrichtlichen Zielsetzungen sowie Aufgaben, Übungen und weitere Unterrichtsschritte in Form von Ansagen, Fragen, Anregungen kommunizieren (Piwowar,
2013). Studien bestätigen, dass diese Variable in positiver Korrelation zu den Schulleistungen, der Zufriedenheit sowie zum Engagement der Schülerinnen und Schülern steht (Fendick,
1990; Hines, Cruickshank, & Kennedy,
1985). Mit der latenten Variablen
Gruppenmobilisierung wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Lehrkraft immer eine Gruppe vor sich hat und dafür Sorge tragen muss, dass sich möglichst viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig mit Lernaufgaben auseinandersetzen. Dabei geht es darum, die Klasse als Ganzes in den Unterricht mit einzubeziehen und allen Schülerinnen und Schülern Verantwortung für den Lernprozess zu übertragen, damit sie sich möglichst lange und intensiv mit den Inhalten befassen (Kounin,
2006). Dies gilt auch für diejenigen, die nicht motorisch aktiv mit der Aufgabe beschäftigt sind. Gerade im Sportunterricht ist diese Variable zentral, da in Bewegungsphasen aufgrund der räumlichen und materiellen Bedingungen nicht immer alle Schülerinnen und Schüler gleichzeitig motorisch aktiv sein können. Zudem wird im Sportunterricht häufig selbstständig in Kleingruppen an verschiedenen Stationen gearbeitet, an denen die Lehrkraft nicht überall präsent sein kann, sodass die Verantwortung für den Lernprozess auf die Gruppe übertragen werden muss. Mit der latenten Variable
reibungslose Übergänge geht es um eine knappe und eindeutige Überleitung zwischen verschiedenen Unterrichtsphasen. Studien zeigen, dass der Gestaltung von reibungslosen Übergängen ein relevanter Stellenwert zukommt, weil dadurch die aktive Lernzeit erhöht und unterrichtsfernes Verhalten der Schülerinnen und Schüler vermieden werden können (Kounin,
2006). Insbesondere im Sportunterricht mit seinen besonderen Organisationsformen, wo zudem eine große Menge an Materialien benötigt wird, sind reibungslose Übergänge ein relevanter Faktor der Klassenführung (Cothran & Kulinna,
2015). Als fachspezifische latenten Variable gilt der Aspekt
Sicherheit, der im Sportunterricht im Vergleich zu anderen Fächern eine hohe Bedeutung zukommt (Wolters & Kemna,
2011). Dies bestätigen auch tätige Lehrkräfte, die diesem Aspekt im Sportunterricht eine vorrangige Stellung zuschreiben (Baumgartner,
2013a). Mit dieser Variable werden alle Maßnahmen eingeordnet, mit denen die sportunterrichtenden Lehrkräfte die physische Sicherheit der am Unterricht teilnehmenden Personen gewährleisten. Eine weitere fachspezifische latente Variable, die
Performanztransparenz, greift die Exposition der Lernenden durch die körperliche Aktivität in der Gruppe auf. So wird im Sportunterricht in der Regel direkt sichtbar, was Lernende können oder auch nicht können (Baumgartner,
2013a; Miethling & Krieger,
2004). Im Sinne der psychischen Sicherheit (ebd.) und im Sinne des moralischen Verpflichtungsaspekts der Fürsorglichkeit (Oser,
1998) sollten sportunterrichtende Lehrkräfte u. a. organisatorische Maßnahmen ergreifen, damit sich die Lernenden im Sportunterricht nicht fortwährend ausgestellt fühlen. Dabei geht es um alle Maßnahmen, die helfen, eine zur Schau gestellte Körperlichkeit (z. B. Bewegungsdemonstrationen) auf ein vertretbares Maß zu reduzieren, um schamauslösende oder demütigende Situationen zu vermeiden (Klinge,
2009; Wiesche,
2013). Ein weiteres Spezifikum des Sportunterrichts ist der größere Bedarf an Großgeräten, Kleingeräten (z. B. Bälle) sowie weiterer Unterrichtsmaterialien (z. B. Videos, Flipchart etc.). Die latente Variable
Materialnutzung umfasst entsprechend alle Maßnahmen zur sachgerechten und sicherheitsgemäßen Bereitstellung der Großgeräte, Kleingeräte und Unterrichtsmaterialien sowie deren dem Unterrichtsverlauf und dessen Zielsetzung angemessenen Einsatzes (Cothran & Kulinna,
2015). Um sicherzustellen, dass Ansagen auch verstanden werden, ist Aufmerksamkeit seitens der Schülerinnen und Schüler bedeutungsvoll. Dies erfordert ebenfalls eine entsprechende Klassenführung, die mit der latenten Variable
Umgang mit Störungen in Verbindung gebracht wird (Heemsoth,
2014). Dabei lassen sich unter Störungen all die Ereignisse einordnen, die verhindern, dass die zur Verfügung stehende Lernzeit optimal genutzt werden kann (Bohl & Kucharz,
2010). Unterrichtsstörungen sind dabei immer ein „Ergebnis subjektiv empfundener und bewerteter Momentaufnahmen“ (Pfitzner & Schoppek,
2000, S. 350) und sind in einen Interaktionsprozess eingebettet, der durch intrapersonale und soziokulturelle Bedingungen geprägt wird. Dies verweist auf eine Vielzahl an Umgangsmöglichkeiten, die situativ sehr unterschiedlich sein können. Studien zeigen auf, dass ein frühzeitiges Eingreifen und beiläufiges Intervenieren geeignete Strategien sein können, Unterrichtsstörungen zu vermeiden. Dabei ist auch darauf zu achten, Schülerinnen und Schüler nicht bloßzustellen (Emmer, Evertson, & Worsham,
2003). Die latente Variable
Momentum verweist auf einen sich kontinuierlich weiterentwickelnden, an die Bedürfnisse angepassten Unterrichtsverlauf, bei dem es auch innerhalb der Unterrichtsphasen zu keinen langatmigen, themenbezogen irrelevanten Verzögerungen kommt. Eine solche Klassenführung steht in einem positiven Zusammenhang zum Engagement der Schülerinnen und Schüler sowie in negativer Korrelation mit Unterrichtsstörungen (Kounin,
2006). Diese Variable lässt sich als Unterrichtsfluss beobachten, in dem der inhaltlich-thematische Bogen durch die Vermeidung von Verzögerungen erhalten bleibt. Das
Monitoring umschreibt eine Klassenführung, in der die Lehrkraft alle Ereignisse im Blick hat und dies den Schülerinnen und Schülern signalisiert (Casale, Strauß, Hennemann, & König,
2016). Festgestellt wurde, dass ein gutes Monitoring, bei der die Lehrkraft die Gruppe als Ganzes im Blick hat ohne die einzelnen Schülerinnen und Schüler aus den Augen zu verlieren, die Mitarbeit der Lernenden erhöht und aversive Handlungen verringert (Gettinger & Kohler,
2006; Kounin,
2006). Die latente Variable
Überlappung charakterisiert die Fähigkeit des Multitaskings, die sich darin zeigt, dass die Lehrkraft in der Lage ist, auf mehrere handlungsauffordernde Situationen gleichzeitig reagieren zu können. Dabei kann es beispielsweise darum gehen, Verständnisschwierigkeiten, Ablaufprobleme oder aufkommende Sicherheitsproblematiken nebenbei zu beheben, ohne den Unterrichtsfokus zu verlieren. Aus den Forschungsbefunden geht hervor, dass ein guter Umgang mit überlappenden Ereignissen zu weniger aversiven Handlungen und zu einem höheren Engagement der Schülerinnen und Schüler führt (Kounin,
2006). Es geht dabei um die hohe Bedeutung einer adäquaten und unmittelbaren Reaktion auf gleichzeitig stattfindende Geschehnisse.