Schwerpunkt
Vom Pflegeheim ins Krankenhaus und wieder zurück… Eine multimethodale Analyse von Krankenhaustransporten aus Alten- und PflegeheimenFrom the nursing home to hospital and back again… a mixed methods study on hospital transfers from nursing homes

https://doi.org/10.1016/j.zefq.2011.03.023Get rights and content

Zusammenfassung

Krankenhaustransporte aus Alten- und Pflegeheimen sind häufig, kostspielig, oftmals vermeidbar und können negative Folgen für die Gesundheit der betroffenen älteren Menschen haben. Die vorliegende Studie untersuchte die Charakteristika von ins Krankenhaus transportierten BewohnerInnen, den Anteil vermeidbarer Transporte, die Folgen eines Krankenhaustransportes für die Betroffenen aus Sicht von Ärzteschaft und Pflege sowie Möglichkeiten zur Optimierung der Versorgungssituation in Kärnten (Österreich). Es wurden retrospektiv die Aufzeichnungen eines Landeskrankenhauses (LKH, N = 4149), eines Rettungsdienstes (N = 10754) und eines Sozialversicherungsträgers (N = 7051) analysiert; zusätzlich wurden qualitative Interviews mit ÄrztInnen (N = 25) und Pflegedienstleitungen (N = 16) aus Alten- und Pflegeheimen geführt. Die Ergebnisse weisen auf einen erheblichen Anteil vermeidbarer Transporte hin: So dauerte z.B. knapp ein Drittel der stationären Aufenthalte im Untersuchungszeitraum nicht länger als 2 Tage, fast 40% der ambulanten Behandlungen auf der Notaufnahme des untersuchten LKH erwiesen sich als im medizinischen Sinne vermeidbar. Möglichkeiten zur Optimierung der Versorgungssituation werden diskutiert.

Summary

Hospital transfers from nursing homes are frequent, costly, often preventable, and can have negative effects on the residents’ health. The present study investigated the current situation in Carinthia (Austria) regarding the characteristics of relocated nursing home residents, the proportion of avoidable transfers, the consequences of relocation from the physicians’ and nurses’ perspectives and ways for improving nursing home care. Retrospectively, the documentations of a regional hospital (N = 4149), a rescue service (N = 10754), and a social insurance agency (N = 7051) were analysed; qualitative interviews with physicians (N = 25) and nursing administrators (N = 16) were conducted. A considerable proportion of these transports seemed to be avoidable: for example, about 40% of the ambulatory treatments in the emergency department of the investigated hospital were inappropriate. Options for improving the current situation will be discussed.

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Ausgangslage

Das „Ergrauen“ Europas [1] stellt das Gesundheitssystem vor eine große Herausforderung. Mit zunehmender Lebenserwartung steigt auch der Bedarf nach Langzeitpflege, zumal chronische Erkrankungen mit dem Alter wahrscheinlicher werden [2], [3], [4] und ein Rückgang im Bereich der häuslichen Pflege zu beobachten ist [5]. Die Lebenswelt Pflegeheim kann dem medizinischen Versorgungsbedarf nicht immer gerecht werden, was sich in einer hohen Krankenhauseinweisungsrate von Alten- und

Fragestellungen, Studiendesign und Methodik

Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet:

  • 1.

    Welche Charakteristika weisen ältere Menschen, die aus Alten- und Pflegeheimen ins Krankenhaus transportiert werden, auf (z.B. Alter, Diagnosen, Aufenthaltsdauer)?

  • 2.

    Wie hoch ist der Anteil an vermeidbaren Krankenhaustransporten?

  • 3.

    Welche Folgen beobachten Ärzteschaft und Pflege bei den Betroffenen in Zusammenhang mit einem Krankenhaustransport?

  • 4.

    Wie kann aus Sicht von Ärzteschaft und Pflege die Versorgungssituation in Alten- und Pflegeheimen umgestaltet

Datensatz des LKH Klagenfurt – Analyse auf Krankenhausebene

Für das Kalenderjahr 2008 sind im LKH Klagenfurt 4149 Einlieferungen aus Alten- und Pflegeheimen dokumentiert; 2647 Fälle wurden ambulant behandelt, 1502 wurden stationär aufgenommen. Das durchschnittliche Alter der PatientInnen lag bei 82,7 Jahren (SD = 8,72). Die Aufenthaltsdauer der stationären PatientInnen betrug durchschnittlich 9,6 Tage (SD = 13,29, MD: 5,65 Tage). Knapp ein Drittel der stationären Aufenthalte (31%) dauerte nicht länger als 2 Tage, ein Fünftel (21%) dauerte weniger als 24

Diskussion

Übereinstimmend mit dem Stand der Forschung sprechen die Ergebnisse der vorliegenden Studie für eine hohe Hospitalisierungsrate von PflegeheimbewohnerInnen sowie einen bedeutsamen Anteil an vermeidbaren Transporten. So wurden fast 40% der ambulanten Behandlungen an der Notfallaufnahme als „nicht indiziert“ identifiziert. Hier ist anzumerken, dass andere Kriterien (z.B. [9]) zu anderen Einschätzungen führen dürften; die Kriterien, die in der vorliegenden Studie zum Einsatz kamen, resultieren

Gefördert durch

Strukturmittel Kärntner Landesregierung

Interessenkonflikt

Die AutorInnen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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