Abstract
Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Das MCD-Konzept wurde als wesentliche Erklärung für die Genese kinderpsychiatrischer Störungen angesehen. Verläßliche Daten zur Gesamtprävalenz psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter fehlten, zahlreiche Probleme epidemiologischer Forschung waren ungelöst. Fragestellung: Überprüfung der Bedeutung des MCD-Konzepts, Bestimmung der Prävalenzraten psychischer Störungen, Kontrolle der Teilnahmeverweigerung und Drop-Outs. Methode: Es wurde eine prospektive epidemiologische Untersuchung an 399 Kindern durchgeführt, die im Alter von 8, 13, 18 und 25 Jahren untersucht wurden. Ergebnisse: Das Konzept der MCD erwies sich als nicht haltbar, umschriebene Entwicklungsstörungen (UES) waren ein wichtiger Risikofaktor für psychische Störungen. Frühe Stressoren erwiesen sich als genauso bedeutend wie spätere Lebensereignisse. Die Effekte von Teilnahmeverweigerung und Drop-Outs wurden kontrolliert. Schlußfolgerungen: Das MCD-Konzept sollte aufgegeben werden, Kinder mit umschriebenen Entwicklungsstörungen frühzeitig einer Behandlung zugeführt werden. Die Effekte der Teilnahmeverweigerung müssen in jeder epidemiologischen Untersuchung separat geprüft werden.
Abstract. Background: The concept of MBD has repeatedly been criticized. Little systematic information has emerged from relevant epidemiological research in continental Europe. Objective: Determination of the meaning of MBD and specific developmental disorders as well as the prevalence and course of psychological disorders. Methods: 399 children of a field sample were followed from the age of 8 years up to the age of 25 years. Results: MBD proved to be unsuitable for clinical practice, SDD were a risk factor for psychological disorders. Stressors of early childhood were as significant as later life events. The effects of noncompliants and drop-outs were negligible. Conclusions: The concept of MBD should be dropped. Children with SDD should be treated very early, and the effects of noncompliance have to be checked in every epidemiological investigation.
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