Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53(11/12): 766-776
DOI: 10.1055/a-0575-0473
Topthema
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Drama im Aufwachraum: pädiatrisches Emergence-Delir

Drama in the Recovery Unit: Paediatric Emergence Delirium
Sylvia Kramer
,
Martin Krebs
,
Claudia Spies
,
Shahab Ghamari
,
Claudia Höhne
,
Karin Becke
,
Christoph Eich
,
Andreas Hoeft
,
Julius Wermelt
,
Richard K. Ellerkmann
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 November 2018 (online)

Zusammenfassung

Das pädiatrische Emergence Delir rückt aufgrund der Debatte um Neurotoxizität von Anästhetika bei kleinen Kindern erneut in den Fokus. Die 2017 von der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) publizierte Leitlinie zu Prävention und Therapie kann eine sinnvolle Unterstützung der klinischen Tätigkeit sein. Insbesondere die zügige und konsequente Behandlung von Schmerzen bei kleinen Kindern und die konsequente Diagnose eines pädED mittels validierter Skale ermöglicht es- dank der Verbreitung von patient data management systemen- in Zukunft eine reelle Inzidenz des pädEDs anzugeben. In der Prävention des pädED liegt der Schwerpunkt auf der Reduktion der präoperativen Angst der Kinder, egal, ob dies durch ein auf das Kind fokussierte Kinderanästhesieteam zusammen mit den Eltern, Musik, Clowns, smartphones/tablets oder eine medikamentöse Prämedikation erzielt wird. Medikamentöse pädED-Prophylaxe durch perioperative Anwendung von alpha-2-Agonisten und die Verwendung von Propofol als Ausleitungsbolus oder TIVA erscheint gleichzeitg sinnvoll. Postoperativ ermöglicht eine ruhige Aufwachumgebung ein entspanntes delirfreies Aufwachen. Postanästhesiologische Visiten mit strukturiertem Erfassen von Veränderungen des kindlichen Verhaltens respektive schriftliche Fragebögen werden in Zukunft Auskunft über das pädED auf den Normalstationen geben. Strukturierte Nachbefragungen im Verlauf werden auch die Erfassung postoperativen unerwünschten Verhaltensänderungen und deren möglichen Zusammenhang zum pädED ermöglichen.

Ein Bild, das Anästhesisten bekannt ist: Man kommt zurück in den Aufwachraum und das eben noch friedlich schlafende Kleinkind nach Adenotomie tobt blut- und tränenüberströmt auf dem Arm eines zutiefst beunruhigten Elternteils. Gerade als der Blick auf diese Situation fällt, zieht sich das Kind mit einer zügigen Bewegung den i. v. Zugang und stößt gleichzeitig mit dem Kopf gegen das Bett. Das Drama nimmt seinen Lauf …

Abstract

The upcoming and ongoing debate on neurotoxicity of anesthetics at a young age put a new spotlight on the emergence delirium of children (paedED). The European Society for Anesthesiology published a consensus guideline on prevention and therapy in 2017 which can be a useful guidance in daily clinical practice. Patient data management systems with their clear documentation concerning pain/therapy of pain and paedED will be valuable tools in order to assess the real incidence of paedED. Differentiating between pain/agitation and paedED migth not always be easy. Age-adapted scores should always be applied. Main focus in the prevention of paedED is the reduction of anxiety. The way this is achieved by the dedicated pediatric anesthesia teams caring for children, e.g. by oral midazolam, clowns, music, smartphone induction, does not matter. Using α2-agonists in the perioperative phase and applying propofol seems to be effective. A quiet supportive environment for recovery adds to a relaxed, stress-free awakening. For the future detecting paedED on normal wards becomes an important issue. This may be achieved by structured interviews or questionnaires assessing postoperative negative behavioural changes at the same time.

Kernaussagen
  • Das pädiatrische Emergence-Delir (pädED) rückt aufgrund der Debatte um Neurotoxizität von Anästhetika bei kleinen Kindern erneut in den Fokus. Die 2017 von der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie publizierte Leitlinie zu Prävention und Therapie kann eine sinnvolle Unterstützung der klinischen Tätigkeit sein.

  • Insbesondere die zügige und konsequente Behandlung von Schmerzen bei kleinen Kindern und die konsequente Diagnose eines pädED mittels validierter Skalen ermöglicht es – dank der Verbreitung von Patient-Data-Management-Systemen –, in Zukunft eine reelle Inzidenz des pädEDs anzugeben.

  • In der Prävention des pädED liegt der Schwerpunkt auf der Reduktion der präoperativen Angst der Kinder, egal, ob dies durch ein auf das Kind fokussiertes Kinderanästhesieteam zusammen mit den Eltern, Musik, Clowns, Smartphones/Tablets oder eine medikamentöse Prämedikation erzielt wird.

  • Medikamentöse pädED-Prophylaxe durch perioperative Anwendung von α2-Agonisten und die Verwendung von Propofol als Ausleitungsbolus oder TIVA erscheint gleichzeitig sinnvoll.

  • Postoperativ ermöglicht eine ruhige Aufwachumgebung ein entspanntes delirfreies Aufwachen.

  • Postanästhesiologische Visiten mit strukturiertem Erfassen von Veränderungen des kindlichen Verhaltens respektive schriftliche Fragebögen werden in Zukunft Auskunft über das pädED auf den Normalstationen geben. Durch strukturierte Nachbefragungen im weiteren Verlauf werden auch postoperative unerwünschte Verhaltensänderungen und deren möglicher Zusammenhang mit dem pädED erfasst werden können.

  • Die 2017 von der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) publizierte Leitlinie zu Prävention und Therapie kann eine sinnvolle Unterstützung der klinischen Tätigkeit sein.