Zentralbl Chir 2013; 138(3): 313-316
DOI: 10.1055/s-0031-1271396
Kasuistik

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Dünndarmvolvulus – diagnostisches und therapeutisches Management einer chirurgischen Rarität des akuten Abdomens im Erwachsenenalter mit befundspezifischer moderner Bildgebung per impressiver CT-basierter Videosequenz

Volvulus of the Small Intestine – Diagnostic and Therapeutic Management of a Rare Surgical Finding in Adults Demonstrated with an Entity-Specific Modern Imaging using Impressive CT Scan-Based Video SequenceS. Balgon1 , C. Wex1 , L. Rapp2 , H. Lippert1 , F. Meyer1
  • 1Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäß­chirurgie, ­Magdeburg, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Zentrum für Radiologie und Strahlentherapie, Magdeburg, Deutschland
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Publication Date:
19 May 2011 (online)

Einleitung

Als Volvulus bezeichnet man die patho­logische Drehung eines Darmabschnittes um die mesenteriale oder intestinale ­Achse [1]. Die sicherlich häufigsten Formen des Volvulus betreffen das Sigmoid (75 %) und das Zökum (20–40 %); der Dünndarmvolvulus sowie der Volvulus an der Milzflexur und am Colon transversum hingegen sind Raritäten [2]. 

Es wird zwischen einem primären und sekun­dären Volvulus unterschieden. Der primäre oder idiopathische Volvulus ist durch das Fehlen von prädisponierenden anatomischen Malformationen oder Abnormalitäten definiert [3]. Der sekundäre Volvulus ist mit kongenitalen Abnormalitäten wie der Malrotation, Nonrotation, Darmduplikation, einem Meckelschen Divertikel oder mit pathologischen Veränderungen wie Zysten, Tumoren, Adhäsionen und Hernien assoziiert [4]. 

Sowohl die Mal- als auch die Nonrotation haben ihre Ursache etwa in der zehnten SSW. Zu diesem Zeitpunkt kommt es zur physiologischen Drehung der Nabelschleife dreimal um 90° in der Sagit­talebene, gegen den Uhrzeigersinn und um die Wurzel der A. mesenterica superior als Drehachse. Bei den Betroffenen unterbleibt diese Drehung teilweise oder vollständig. Diese Form des sekundären Dünndarmvolvulus kann sich im Säuglings- oder Neugeborenenalter mani­festieren oder auch bis ins hohe Alter asymptomatisch bleiben [5] [6] . Ein wei­terer Grund für den sekundären Vol­vulus sind Operationen am Magen-Darm-Trakt, z. B. Gastrostomie, Gastrektomie, Appendektomie und Enteroenterostomien [7] [8] . 

Die Häufigkeit, an einem Volvulus zu erkranken, variiert in den verschiedenen Erdteilen sehr. Während der Dünndarmvolvulus in unseren Breiten sehr selten vorkommt, so stellt die primäre Form des Dünndarmvolvulus einer der häufigsten chirurgischen Notfälle in Zentralafrika, Indien, Mittleren Osten und Russland dar [9]. In diesem sogenannten „volvulus-belt“ beträgt die jährliche Inzidenzrate 24–60 / 100 000 Einwohner [1]. Der Altersgipfel liegt zwischen 40–50 Jahren. Die betroffenen Patienten sind ansonsten klinisch unauffällig [2]. Im Gegensatz dazu beträgt die jährliche Volvulusinzidenzrate in Amerika und Westeuropa 1,5–5,7 Fälle / 100 000 [10]. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei etwa 60–80 Jahren. Angesichts des Alters sind diese Patienten häufig anfällig und multimorbide [2]. 

Die genaue Ätiologie des primären Volvulus ist unbekannt; diskutiert werden u. a. eine ballaststoffreiche Ernährung und das Vorhandensein eines langen, übermäßig mobilen Mesenteriums mit einer kurzen Mesenterialwurzelbasis sowie eine abnorme Länge und Motilität des Dünndarms. Man hat hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es bei größerer Darmbelastung und Gasdistension im Zusammenspiel mit ballaststoffreicher Ernährung nach einer Fastenperiode zu einer Darmverlängung, gefolgt von einer Verdrehung des Mesenteriums, kommen kann [4]. Diese Tatsache würde die äußerst unterschiedliche geografische Häufung der Erkrankung erklären. Andere in der Literatur beschriebene Ursachen sind: 

Exzessiver Gebrauch von Laxantien 11, Obstipation, Schwangerschaft, Abdominaltrauma, Psychopharmaka, sowie plötzliche abdominale Drucksteigerung (sportliche Aktivitäten oder nach üppigen Mahlzeiten) 4.

Unabhängig von der Volvulusform bedingt die Drehung des zum betroffe­nen Darmabschnitt zugehörigen Mesenteriums eine lokale Darmobstruktion und -ischämie mit konsekutiver Durchwanderungsperitonitis und Darmwandgangrän [7]. Die Mortalitätsrate wird mit bis zu 67 % angegeben [12]. Deswegen ist eine schnelle Diagnosesicherung von entscheidender Bedeutung für die Prognose des Patienten. Die Rarität der Erkrankung in unseren Breiten sowie die Unspezifität der klinischen und laborchemischen Befunde im Initialstadium erschweren die Diagnosestellung. Die Computertomo­grafie spielt eine Schlüsselrolle in der frühzeitigen Diagnostik des Dünndarmvolvulus [13]. Neben den Zeichen der Darmobstruktion kann sich in der CT eine Verdrehung der mesenterialen Ge­fäße präsentieren, die erstmals 1981 von Fisher als „Whirl sign“ bezeichnet wurde [14]. 

Mittels exemplarischer Fallpräsentation wird über den seltenen Casus eines 67-jährigen Patienten mit bildgebend gesichertem und operativ bestätigtem Dünndarmvolvulus berichtet. Dazu werden computertomografische Schichtbildfolgen (Videosequenz) präsentiert, die eindrucksvoll das „Whirl sign“ erkennen lassen und eine neue Qualität in der sekundären Bildgebung darstellen. 

Video 1
Video 2

Literatur

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S. Balgon

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