Laryngorhinootologie 2011; 90(4): 246
DOI: 10.1055/s-0031-1275265
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leserbrief zum Beitrag von J. Helms und L. Maser

Qualität des Hörens und der Kommunikation mit unterschiedlichen Cochlea-ImplantatenH. Iro1 , U. Hoppe1 , A. Aschendorff2 , R. Laszig2
  • 1Cochlear Implant Centrum CICERo, Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen
  • 2Implant Centrum Freiburg (ICF), Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
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Publication History

Publication Date:
26 April 2011 (online)

Laryngo-Rhino-Otol 2010; 89(11): 660–661

Eine Cochlea-Implantation ist ein elektiver Eingriff, der in der Regel nicht reversibel ist. Deshalb ist die Auswahl des Implantates und speziell der Firma ein zentrales Element in der Cl-Versorgung. Die Auswahl trifft jeweils die implantierende Klinik im Rahmen der Vordiagnostik – im günstigen Fall auch in Absprache mit dem Patienten. Derzeit werden in Deutschland Cochlea-Implantate von 4 unterschiedlichen Herstellern verwendet. Der Marktanteil der Firmen ist dabei sehr unterschiedlich und variiert dabei schätzungsweise zwischen unter 1% und über 50%.

Wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Vergleich der firmenspezifischen CI-Systeme beschäftigen, gibt es bereits [1] [2] [3] [4]. Im Fokus stehen dabei entweder theoretisch-technische oder physiologische Betrachtungen, die Reliabilität (Lebensdauer) der Implantate oder messbare audiologische Unterschiede. Bei solchen Vergleichen ist immer von Nachteil, dass nur ein Aspekt berücksichtigt wird und immer die Hörleistungen unterschiedlicher Individuen mit komplett unterschiedlichen Hörvergangenheiten miteinander verglichen werden. Die guten Arbeiten darunter zeichnen sich dadurch aus, dass keine allgemeinen Schlussfolgerungen getroffen werden. Möglicherweise waren den Autoren die Arbeiten nicht bekannt. Das Literaturverzeichnis ist leer.

In der Originalarbeit von Helms und Moser werden eine Reihe weiterer Kriterien guten wissenschaftlichen Arbeitens nicht erfüllt: Es handelt sich um die Auswertung von 2 Fragebogenserien, wobei der Aufbau des Fragebogens nicht beschrieben wird. Ebenso wird zwar von einer statistischen Auswertung gesprochen, aber weder die Scorebildung der Fragebögen, noch die statistischen Verfahren beschrieben. Es werden keine höranamnestischen oder soziologischen Angaben über die Prüfgruppe gemacht noch das Implantationsdatum bzw. die CI-Generation genannt. Die Rücklaufquote der Fragebögen ist weitgehend unbekannt. Aufgrund der Gruppengrößen werden letztlich nur MED-EL Träger mit NUCLEUS-Trägern verglichen. Besonderen Wert wird in der Arbeit auch auf die Verwendung technischer Hilfsmittel gelegt. Dabei wird unterstellt, dass die zusätzliche Verwendung von Hilfsmitteln ein Indikator für eine schlechte CI-Hörqualität ist. Nicht berücksichtigt wird jedoch, dass die Verwendung von zusätzlichen Hilfsmitteln wie lnduktionsspule oder FM-System bei den verschiedenen Systemen auch unterschiedlich gut unterstützt wird – und dies auch ein Faktor für die Verwendungsfreudigkeit solcher Mittel ist.

In der Diskussion verweisen die beiden Autoren darauf, dass die Studie frei von jeglichem Einfluss von Firmen durchgeführt wurde. Es wird allerdings vergessen zu erwähnen, dass zumindest ein Cl-Firmenmitarbeiter des favorisierten Herstellers bei der Beschaffung ausgefüllter Bögen behilflich war (so im Vortrag von Prof. Helms beim 9. European Symposium on Pediatric Cochlear Implantation, Warschau 2009 beschrieben). Schließlich sollte auch erwähnt werden, dass die Klinik, aus der die Arbeit hervorgeht nahezu ausschließlich Implantate der Firma MED-EL verwendet, was zu einem Bias bei der Patientenselektion geführt haben könnte.

Aus Sicht der Unterzeichnenden rechtfertigen die Ergebnisse in keiner Weise die gezogenen Schlussfolgerungen. Die Studie hat sicherlich eine interessante Zielsetzung, die Methoden und die Darstellung sind jedoch wissenschaftlich unzureichend und erlauben in keiner Weise die gezogenen Rückschlüssen auf die Qualität des Hörens.

References

  • 1 Spahr AJ, Dorman MF, Loiselle LH. Performance of patients using different cochlear implant, systems: effects of input dynamic range.  Ear Hear. 2007;  28 260-275
  • 2 Haumann S, Lenarz T, Büchner A. Speech perception with cochlear implants as measured using a roving-Ievel adaptive test method.  ORL J Otorhinolaryngol Relat Spec. 2010;  72 312-318
  • 3 Battmer RD, Backous DD, Balkany TJ, Briggs RJ, Gantz BJ, van Hasselt A, Kim CS, Kuba T, Lenarz T, Pillsbury 3rd HC, O’Donoghue GM. International classification of reliability for implanted cochlear implant receiver stimulators.  Otol Neurotol. 2010;  31 1190-1193
  • 4 Soli SD, Zheng Y. Long-term reliability of pediatric cochlear implants.  Otol Neurotel. 2010;  31 899-901
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