Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - KND8
DOI: 10.1055/s-0031-1277270

Krankheitsbewältigung depressiver Diabetiker: Spielt der Diabetes-Typ eine Rolle? Ergebnisse der Diabetes-Depressions-Studie (DAD-Studie)

D Zahn 1, F Petrak 1
  • 1LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Bochum, Germany

Fragestellung: Die randomisierte, kontrollierte, multizentrische Diabetes-Depressions-Studie (DAD) wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Diabetes mellitus durchgeführt. Verglichen wird die Wirksamkeit einer diabetesspezifischen kognitiven Verhaltenstherapie mit dem Antidepressivum Sertralin zur Therapie depressiver Diabetiker mit unzureichender Stoffwechseleinstellung. Anhand der Baselinedaten dieser Patienten wurde nun untersucht, ob sich depressive Diabetiker mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes in ihrer Krankheitsbewältigung unterscheiden.

Methodik: In der DAD-Studie wurden in 70 diabetologischen Praxen und Kliniken 251 insulinbehandelte, depressive Diabetiker (51,4% Typ 1 Diabetes; Alter=48,5±11,8; 62,2% weiblich, Erkrankungsdauer=15,3 ±10,5 Jahre, HbA1c=9,27±1,48) befragt. Erfasst wurden u.a. diabetesspezifische Belastungen (PAID), diabetesbezogene Kontrollüberzeugungen (IPC-D1), Krankheitsbewältigungsstrategien (FKV-15) und soziale Unterstützung (PFUK-R). Unterschiede in der Krankheitsbewältigung bei Typ 1 und Typ 2 wurden mit multivariaten Varianzanalysen überprüft.

Ergebnisse: Diabetesspezifische Belastungen waren unabhängig vom Diabetestyp hoch ausgeprägt (PAID: 48,3±17,5). Patienten mit Typ 2 Diabetes schrieben dem Arzt und dem Diabetesteam eine deutlich größere Rolle für die Diabeteskontrolle zu als Patienten mit Typ 1 (IPC-D1: arztbezogene Externalität: 30,54±6,21 vs. 23,56±6,83, p<0,001). Sie waren auch stärker davon überzeugt, den Diabetes selbst beeinflussen zu können als Typ-1-Patienten (IPC-D1: Internalität: 38,1±6,16 vs. 36,12±6,62, p=0,024). Verglichen mit Typ-1-Diabetikern bewältigten Typ-2-Diabetiker ihre Erkrankung eher durch das vertrauensvolle Befolgen ärztlicher Anweisungen (FKV-15: arztbezogenes Coping: 3,59±0,83 vs. 3,28±0,72, p=0,004) und setzten mehr aktiv-problemorientierte Bewältigungsstrategien ein (FKV-15: aktives Coping: 2,84±0,84 vs. 2,48±0,78, p=0,001). Unterschiede in der wahrgenommenen sozialen Unterstützung zeigten sich nicht.

Schlussfolgerung: Depressive Typ-2-Diabetiker weisen ihren Behandlern eine weit größere Bedeutung bei der Kontrolle ihrer Erkrankung zu als Typ-1-Diabetiker. Gleichzeitig sind sie überzeugter, ihre Erkrankung selbst beeinflussen zu können, als depressive Typ-1-Diabetiker. Dementsprechend bewältigen sie auch ihre Erkrankung eher arztbezogen und aktiv-problemorientiert als Typ-1-Diabetiker. Inwieweit sich diese Unterschiede auch auf den Behandlungserfolg der Depression in Abhängigkeit vom Diabetes-Typ auswirken, wird im Rahmen der weiteren Analysen der DAD-Studie überprüft.