Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72 - P50
DOI: 10.1055/s-0032-1318571

Die postpartale Kardiomyopathie (PPCM) – Der Weg zur Diagnose anhand einer Kasuistik

CKM Schmidt 1, M Franitza 1, A Wischnik 1
  • 1Klinikum Augsburg, Frauenklinik

Die peri-/postpartale Kardiomyopathie stellt in den letzten Wochen der Schwangerschaft bis ca. 5–6 Monate nach Entbindung eine seltene, plötzlich eintretende und potentiell lebensbedrohliche Erkrankung dar (Inzidenz 1:3500–1:4000). Oftmals werden auftretende, unspezifische Symptome oder Beschwerden im Rahmen der Schwangerschaft und Entbindung als regelrecht interpretiert oder als ein anderweitiges Krankheitsbild gedeutet, so dass die PPCM unerkannt bleibt.

Somit erklärt sich der häufig langwierige Verlauf mit oftmals zu spät gestellter Diagnose und Therapieeinleitung. Das Ausmaß der schnell voranschreitenden Erkrankung reicht von einer restitutio ad integrum bis hin zur fortschreitenden Herzinsuffizienz mit Herzversagen, der Notwendigkeit einer Herztransplantation oder dem letalem Ausgang.

Die vorliegende Kasuistik schildert eindrucksvoll den klinischen Verlauf (prä-/postpartal) einer in der 37+1 SSW via primären Re-Sectio entbundenen, gesunden Patientin, bei der sich innerhalb weniger Tage postpartal eine rasch fortschreitende Kardiomyopathie entwickelte. Obwohl differenzialdiagnostisch an eine PPCM gedacht, eine nicht invasive kardiologische Standarddiagnostik durchgeführt und eine Herzinsuffizienztherapie eingeleitet wurde, konnte erst eine Herzkathteteruntersuchung die Diagnose einer dilatativen Kardiomyopathie mit einer beträchtlich reduzierten LVEF von 30–40% verifizieren. Es wurde die intensivierte Herzinsuffizienztherapie unter engmaschigem kardiologischem Monitoring fortgeführt und die Patientin mit Bromocriptin abgestillt. Wegen in der Telemetrie darstellbarer rezidivierender kurzer Kammertachykardien, erfolgte die Versorgung der Patientin mit einem WCD-System (wearable coardioverter difibrilator). Vier Monate postpartum war die Auswurffraktion mit 52% noch gering erniedrigt bei regelrecht größenkonfigurierten Ventrikeln. Somit konnte vorerst auf eine ICD-Implantation (implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) verzichtet werden.

Angesichts der hohen Morbidität und Letalität der PPCM ist die rechtzeitige Diagnosestellung mit adäquater Therapieeinleitung von größter Notwendigkeit. Daher sind unspezifische Symptome wie u.a. Abgeschlagenheit, Dyspnoe, Husten, Pneumonie, Beinödeme etc. zeitnah kardiologisch abzuklären, um eine PPCM nicht zu übersehen. Befunde aus Bildgebung oder nicht invasiver Diagnostik sind bei beispielsweise therapieresistenten Beschwerden zu hinterfragen und durch eine invasive Diagnostik zu überprüfen. Durch rechtzeitiges Abstillen und fortgeführte Therapie mit Bromocriptin kann ein positiver, klinischer Verlauf erreicht werden. Zusammen mit einer intensivierten Herzinsuffizienztherapie (ACE-Hemmern, Aldosteron-Antagonisten Diuretika, Betablockern) im interdisziplinäre Management ist die Möglichkeit zur Normalisierung der Herzfunktion und Ventrikelgröße gegeben.