Pneumologie 2014; 68 - A7
DOI: 10.1055/s-0034-1376379

O2 als Therapeutikum – Segen oder Fluch?

W Windisch 1
  • 1Lungenklinik Merheim, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Universität Witten/Herdecke

Das respiratorische System besteht aus dem gasaustauschenden System (Lunge) sowie dem ventilierenden System (Atempumpe). Entsprechend führen Störungen im ersten Fall zu einer pulmonalen Insuffizienz mit Hypoxämie aber nicht erhöhtem PaCO2, während Störungen der Atempumpe in erster Linie mit Hyperkapnie und sekundär ebenfalls mit Hypoxämie einhergehen.

Bei einer ventilatorischen Insuffizienz ist eine Sauerstofftherapie grundsätzlich ungünstig, da die Hypoventilation nicht gebessert, sondern eher noch aggraviert wird. Im Gegensatz dazu kann eine Sauerstofftherapie bei vielen Erkrankungen mit pulmonaler Insuffizienz eine Verbesserung hinsichtlich der Luftnot, der körperlichen Belastbarkeit und zumindest bei der COPD auch der Prognose führen. Hier profitieren insbesondere solche Patienten, die unter Sauerstofftherapie einen leichten PaCO2-Anstieg aufweisen, offensichtlich als Ausdruck einer Schonung der Atempumpe. Bei PaCO2-Werten über 50 mmHg sollte aber die zusätzliche nicht-invasive Beatmung erwogen werden.

Eine Sauerstofflangzeittherapie sollte mind. 16 Stunden, besser 24 Stunden pro Tag durchgeführt werden. Zudem ist aufgrund der leichten Entflammbarkeit große Vorsicht geboten, weshalb unter Anwendung der Sauerstofftherapie nicht geraucht oder Feuer gemacht werden darf; Verbrennungen werden hier immer wieder berichtet.

Auch in der Akuttherapie sind die günstigen Effekte der Sauerstofftherapie unbestritten, wenn eine Hypoxämie ausgeglichen wird. Eine Hyperoxämie muss jedoch vermieden werden. Hier kann es bei COPD Patienten zu einer gefährlichen CO2-Retention kommen, weshalb eine kontrollierte Sauerstofftherapie anzustreben ist (SaO2 88 bis 92%). Aber auch bei anderen akuten Erkrankungen kann ein Zuviel an Sauerstoff ungünstige Effekte haben. Zu nennen sind hier die Erhöhung des systemvaskulären Widerstandes bei Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz sowie die erhöhten Todesraten beim Schlaganfall sowie nach erfolgreicher kardiopulmonaler Reanimation.

Eine Sauerstofftherapie kann somit akut und chronisch sowohl Segen als auch Fluch bedeuten und muss wie jede andere Therapiemaßnahme in der Medizin wohl überlegt, richtig dosiert und im Verlauf kontrollierend angewendet werden.