Pneumologie 2002; 56(3): 161-162
DOI: 10.1055/s-2002-20558
Brennpunkt
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Idiopathische Lungenfibrose: schlechte Prognose beim beatmeten Patienten

Idiopathic Pulmonary Fibrosis: Adverse Prognosis in Artificial Respiration PatientsJ.  Homolka1
  • 11. Lungenklinik, 1. Medizinische Fakultät, Karls Universität, Prag
Für Hilfe bei der Übersetzung danke ich Dr. med. K. Hastra
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Publication Date:
05 March 2002 (online)

Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine schwerwiegende Erkrankung unbekannter Ätiologie, die die Alveolen und das Lungeninterstitium betrifft. Nach dem Konsensuspaper der ATS und ERS versteht man unter der Bezeichnung IPF die übliche interstitielle Pneumonie (UIP) nach Liebow und Katzenstein [1] [2]. Die Prognose der Erkrankung ist ungünstig, trotz Therapie mit Glukokortikosteroiden, Immunsuppressiva bzw. Zytostatika sterben die Erkrankten innerhalb eines Zeitraumes von 3 - 5 Jahren nach Diagnosestellung [3] [4] [5]. Durch die bisher angewandte Therapie erzielt man eine Befundstabilisierung oder sogar -besserung nur bei weniger als einem Drittel der Erkrankten [6] [7] [8]. Derzeit gibt Anlass zur Hoffnung eine Kombinationstherapie von Prednison und Interferon-Gamma, die aber durch weitere Studien verifiziert werden muss [9]. Der Verlauf der Erkrankung gestaltet sich unterschiedlich, von subakuten Formen bis zu den chronischen, die jedoch überwiegen. Als Todesursache kommen vor die respiratorische Insuffizienz, Rechtsherzversagen oder Infektion. Mitunter kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer akuten Verschlimmerung der Atemnot, die zur Aufnahme auf eine Intensivstation zwingt mit assistierten oder nicht assistierter Beatmung [10]. Nach eigenen klinischen Erfahrungen haben wir den Eindruck, dass die Beatmung nicht zu einer Lebensveränderung führt. Publikationen hinsichtlich dieser Problematik fehlten bisher in der Literatur.

In der Juli-Ausgabe der Zeitschrift Chest in 2001 erschienen zwei Arbeiten aus drei französischen Städten (Lyon, Clichy, Paris), die das Überleben von IPF-Patienten mit der Notwendigkeit zur künstlichen Beatmung analysieren [11] [12]. Bei den Studien handelt es sich um retrospektive Analysen, die Lyoner Gruppe erfasste einen Zeitraum von 10 Jahren (1989 - 1998) mit 15 Patienten, die Gruppen Clichy und Paris innerhalb von 9 Jahren (1991 - 1999) 23 Erkrankte. Die Patienten in der ersten Studie erfüllten die klinischen, funktionellen und HRCT-Kriterien hinsichtlich einer UIP, bei 7 davon wurde die Diagnose durch eine Lungenbiopsie bestätigt. Das Durchschnittsalter der 15 Patienten betrug 64 ± 10 Jahre. Die Zeitspanne von der Diagnosestellung der UIP bis zur Aufnahme auf eine Intensivstation betrug 1,3 - 81 Monate. 11 Patienten wurden vor der Aufnahme mit einer häuslichen Sauerstofftherapie versorgt. Die TLC lag durchschnittlich bei 54 ± 17 %. Dlco/VA 55 ± 20 %, alle Patienten hatten eine ausgeprägte Hypoxämie. Der Anteil von Wabenstrukturen im thorakalen HRCT betrug bei allen Patienten 30 bis 70 %. Bei 9 von 15 Patienten wurde die Ursache der Verschlimmerung ermittelt (6× Infektion, 2× Pneumothorax, 1× Vollnarkose wegen geplanter OP). Eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) mit dem Befund einer neutrophilen Alveolitis (Neutrophilie 67 ± 37 %) wurde bei nur 6 Erkrankten durchgeführt. 3 Patienten wurden nicht assistiert über einen Zeitraum von 6,4 ± 4,5 Tage beatmet, der Rest assistiert über 14,7 ± 12 Tage. 11 Patienten verstarben während des Aufenthaltes auf der Intensivstation, 2 kurz nach der Entlassung. Nur ein Patient konnte nach Hause entlassen werden, und zwar der mit der Verschlimmerung nach Vollnarkose wegen geplanter OP.

Die zweite Studie fasst die Ergebnisse zweier Abteilungen zusammen. Sie analysierte insgesamt 23 Patienten mit einem Alter von 21 bis 82 Jahren. 5 davon standen zum Zeitpunkt der Intensivstationsaufnahme schon auf der Warteliste zur Lungentransplantation, bei 8 wurde diese Möglichkeit in Erwägung gezogen. Die klinischen Kriterien hinsichtlich einer UIP waren erfüllt, 9 davon durch eine Biopsie bestätigt. 3 Patienten erhielten vor der Aufnahme eine langfristige häusliche Sauerstoffdauertherapie. Die durchschnittliche Dauer der Erkrankung wurde nicht erfasst, ebensowenig der prozentuelle Anteil der irreversiblen Veränderungen im thorakalen HRCT.

Die Patienten auf der Warteliste sowie auch die, bei denen eine Lungentransplantation erwogen wurde, hatten deutlich schlimmere Ventilationsparameter (TLC 43,5 ± 8 % gegenüber 70 ± 8 %). Bei allen Patienten lag eine schwere Störung der Diffusion (Dlco 30 + 13 %) sowie eine deutliche Hypoxämie vor. Bei 9 von 23 Erkrankten konnte die Ursache der akuten Verschlimmerung identifiziert werden (5× bakterielle Pneumonie, davon 4× mit nosokomialen Keimen, 2× Linksherzinsuffizienz, 1× Pneumothorax, 1× BAL). Alle Patienten wurden assistiert beatmet. Die Zeitdauer der Beatmung schwankt von 1 Stunde bis zu 16 Tagen, sie war direkt abhängig von den Ausgangsparametern der TLC und VC und indirekt abhängig vom Ausgangswert des pCO2. Alle beatmeten Patienten starben noch auf der Intensivstation mit Ausnahme eines Patienten, bei dem 6 Std. nach Aufnahme auf die Intensivstation eine Lungentransplantation durchgeführt wurde. Die Ursache einer akuten respiratorischen Insuffizienz bei IPF bleibt bei mehr als 50 % unklar. Bei Patienten mit einer Leukozytose im Blutbild oder einer Neutrophilie in der BAL kann sie die Folge eieiner Progredienz der Grunderkrankung oder die Folge einer Infektion sein. Häufig treten vor der akuten Verschlimmerung Symptome eines Virusinfektes auf, ein überzeugender Beweis dafür wurde bislang nicht geliefert [10] [13].

Beide Studien lassen eindeutig erkennen, dass IPF Patienten mit akuter respiratorischer Insuffizienz und Beatmungsnotwendigkeit eine sehr schlechte Prognose haben, 36 von 38 sind verstorben. Es überlebte ein Patient, der nicht assistiert beatmet wurde, wegen einer Zustandsverschlimmerung nach Vollnarkose, sowie ein Patient mit assistierter Beatmung, bei dem 6 Std. nach Intensivstationsaufnahme eine Lungentransplantation durchgeführt wurde. Somit liegt die einzige Chance, in dieser Situation zu überleben, in der Lungentransplantation, wenn sie innerhalb weniger Tage nach Beginn der künstlichen Beatmung durchgeführt wird [14]. Auch beatmete IPF-Patienten können transplantiert werden unter der Voraussetzung, dass das einzige insuffiziente Organ die Lunge ist [15]. Eine unbedingte Voraussetzung für dieses Vorgehen ist die frühzeitige Aufnahme des Patienten in die Warteliste nach international geltenen Kriterien [14]. Für den Fall, dass die Möglichkeit einer schnellen Transplantation nicht gegeben ist, stellt die künstliche Beatmung bei akuter respiratorischer Insuffizienz eine unnötige Belastung für den Patienten und seine Familie dar. Da die Lungentransplantation bei IPF auch künftig eine eng eingeschränkte Möglichkeit bleibt, muss gegenwärtig unser primäres Ziel die Verbesserung der Ergebnisse der konservativen Therapie dieses schwerwiegenden Leidens sein.

Literatur

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  • 8 Selman M, Carillo G, Salas J. et al . Colchicine, D-penicillamine and prednisone in the treatment of idiopathic pulmonary fibrosis: a controlled clinical trial.  Chest. 1998;  114 291-296
  • 9 Ziesche R, Hofbauer E, Wittmann K. et al . A preliminary study of long-term treatment with interferon γ-1b and low dose prednisolone in patients with idiopathic pulmonary fibrosis.  N Engl J Med. 1999;  341 1264-1269
  • 10 Panos R J, Mortenson R L, Nicolli S A. et al . Clinical deterioration in patients with idiopathic pulmonary fibrosis: cause and assessment.  Am J Med. 1990;  88 396-404
  • 11 Blivet S, Philit F, Sab J M. et al . Outcome of patients with idiopathic pulmonary fibrosis admitted to the ICU for respiratory failure.  Chest. 2001;  120 209-212
  • 12 Stern J B, Mal H, Groussard O. et al . Prognosis of patients with advanced idiopathic pulmonary fibrosis requiring mechanical ventilation for acute respiratory failure.  Chest. 2001;  120 213-219
  • 13 Kondoh Y, Taniguchi H, Kawabata Y. et al . Acute exacerbation in idiopathic pulmonary fibrosis: analysis of clinical and pathologic findings in three cases.  Chest. 1993;  103 1808-1812
  • 14 Maurer J R, Frost A F, Estenne M. et al . International guidelines for the selection of lung transplant candidates.  J Heart Lung Transplant. 1998;  17 703-709
  • 15 Low D, Trulock E P, Kaiser L R. et al . Lung transplantation of the ventilator-dependent patients.  Chest. 1992;  101 8-11

Prof MU Dr. J. Homolka,DrSc 

1. Lungenklinik, 1. Medizinische Fakultät, Karls Universität

Katerinska 19

120 00 Prag 2/Tschechische Republik

Email: jhomolka@cesnet.cz

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