Dtsch Med Wochenschr 2003; 128(27): 1469
DOI: 10.1055/s-2003-40279
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Churg-Strauss-Syndrom unter Behandlung mit Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten

Demaskierung durch Glukokortikoidreduktion oder Nebenwirkung?B. Hellmich1 , W. L. Gross1
  • 1Poliklinik für Rheumatologie, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Lübeck und Rheumaklinik Bad Bramstedt
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Publication Date:
03 July 2003 (online)

Als Churg-Strauss-Syndrom (CSS) wird die Assoziation eines Asthma bronchiale mit einer nekrotisierenden Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Gefäße sowie einer Blut- und/oder Gewebs-Eosinophilie bezeichnet [1]. Das zu den systemischen Kleingefäßvaskulitiden zählende CSS ist eine sehr seltene Erkrankung, die jedoch bei Patienten mit einem vorbestehenden Asthma bronchiale mit 64 Fällen pro 1 Mio Patienten pro Jahr deutlich häufiger auftritt [2].

In diesem Heft berichten Reissig et al. über den Einsatz von Interferon-α bei zwei Patienten mit einem CSS [3]. Bei einem dieser beiden Patienten wurde die Therapie mit Interferon-α eingeleitet, da aufgrund einer rezidivierenden Aktivität des CSS eine Absenkung der Glukokortikoiddosis unter die Cushing-Schwellendosis nicht möglich war. Dieser Patient wurde aufgrund des Asthma bronchiale zudem mit dem Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten Montelukast behandelt.

Eine Vielzahl in jüngster Zeit publizierter Fallberichte deutet auf ein gehäuftes Auftreten eines CSS unter Therapie eines Asthma bronchiale mit Montelukast oder Zafirlukast hin [4, 5]. Bei einem Teil der Patienten trat das CSS in Erscheinung, nachdem zuvor eine zuvor bestehende Glukokortikoidtherapie aufgrund der günstigen Wirkung von Montelukast auf das Asthma beendet oder reduziert werden konnte [4, 5]. Es ist daher die Hypothese aufgestellt worden, dass ein zuvor bestehendes CSS durch die Reduktion der Glukokortikoide demaskiert worden sein könnte, so dass in diesem Fall ein unerwünschter Effekt der effektiven Asthmatherapie und keine durch die Substanz direkt ausgelöste Nebenwirkung vorläge [5]. Für die Hypothese einer Demaskierung eines „latenten” CSS sprechen einzelnen Fälle, die nach Absetzen von systemischen zugunsten von inhalativen Glukokortikoiden oder β-Mimetika bei Asthma bronchiale beobachtet wurden [4, 5]. Die unterschiedliche chemische Struktur der einzelnen Substanzen macht eine pharmakologisch vermittelte Reaktion mit gemeinsamem Wirkmechanismus eher unwahrscheinlich [4] [5] . Gegen die Hypothese eines „Steroidentzugssyndroms” als Ursache des CSS spricht jedoch, dass bei einer Reihe von Fällen ein CSS bei Montelukast-behandelten Patienten auch dann entstand, wenn die Patienten nicht mit systemischen Glukokortikoiden behandelt wurden [4]. Andere Autoren vermuten, dass die zur Verordnung von Montelukast führende Verschlechterung des Asthma bronchiale als Initialsymptom eines beginnenden CSS gewertet werden könnte [5]. Ein kasuistisch berichteter Abfall der Eosinophilenzahl nach Beendigung einer Montelukast-Therapie spricht hingegen eher für eine direkte Wirkung des Medikaments.

Fazit

Es bleibt derzeit noch unklar, ob die Assoziation des CSS mit einer Anwendung von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten kausal ist oder nicht, zumal die Pathogenese des CSS in den zentralen Aspekten unklar ist [6]. Die zuletzt steigende Zahl publizierter Fälle spricht jedoch dafür, dass die Zahl neu aufgetretener Fälle eines CSS in Assoziation mit einer Anwendung von Leukotrienrezeptorantagonisten eher höher ist als vermutet, zumal die Problematik noch neu ist und von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle ausgegangen werden muss. Bei ungewöhnlichen Symptomen bei einem Einsatz dieser in der Therapie des Asthma bronchiale wertvollen Substanzen in der täglichen Praxis sollte daher an diese Problematik gedacht werden. Eine Gabe von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten zur Therapie von Symptomen des Asthma bronchiale bei Patienten mit bereits bestehendem CSS scheint in Anbetracht der derzeit unklaren Datenlage wenig ratsam.

Literatur

  • 1 Gross W L. Churg-Strauss-syndrome: update on recent developments.  Curr Opin Rheumatol. 2002;  14 11-14
  • 2 Loughlin J, Cole J, Rothman K, Johnson E. Prevalence of serious eosinophilia and incidence of Churg-Strauss syndrome in a cohort of asthma patients.  Ann Allergy Asthma Immunol. 2002;  88 319-325
  • 3 Reißig A, Förster M, Mock B, Schilder C, Kroegel C. Behandlung des Churg-Strauss-Syndromes mit Interferon-α.  Dtsch Med Wochenschr. 2003;  128 1475-1478
  • 4 Weller P P, Plaut M, Taggart V, Trontel A. The relationship of asthma therapy and Churg-Strauss syndrome: NIH workshop summary report.  J Allergy Clin Immunol. 2001;  108 175-183
  • 5 Lilly C, Churg A, Lazarovich M, Pauwels R, Hendeles L, Rosenwasser L, Ledford D, Wechsler E. Asthma therapies and Churg-Strauss syndrome.  J Allergy Clin Immunol. 2002;  109 S1-20
  • 6 Hellmich B, Ehlers S, Csernok E, Gross W L. Update on the pathogenesis of Churg-Strauss syndrome.  Clin Exp Rheumatol. 2003;  (in press)

Priv.-Doz. Dr. med. Bernhard Hellmich
Prof. Dr. med. Wolfgang L. Gross

Poliklinik für Rheumatologie, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Lübeck und Rheumaklinik Bad Bramstedt

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