Gesundheitswesen 2003; 65(11): 620-628
DOI: 10.1055/s-2003-44628
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Arbeitszufriedenheit und Fehlzeiten in der Krankenpflege

Untersuchung an 1021 Examinierten und SchülernWork Satisfaction and Absenteeism of Nursing Staff Comparative Study of 1021 Nursing Trainees and Nurses F. U. Wenderlein1
  • 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Ulm (Leiter: Prof. Dr. H.-J. Seidel)
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Publication Date:
25 November 2003 (online)

Zusammenfassung

Ziel: Ziel der Studie war die Analyse hoher Fehlzeiten bei Pflegekräften im direkten Vergleich mit Pflegeschülern. Im Gegensatz zu bisherigen Studien standen Arbeitszufriedenheit und Motivationsaspekte im Vordergrund. Neu war die gezielte Zusammenführung von beruflicher Zufriedenheit und Fehlzeiten je Proband.

Methoden: Zur Erfassung der Arbeitszufriedenheit wurde ein standardisierter Erhebungsbogen mit 73 Items zu vier Bereichen erstellt und in einem Pretest (n = 150) überprüft. Die Befragung erfolgte bei 861 Pflegekräften und 159 Schülern. Die Fehlzeitenangaben der Probanden wurden mit den Daten der Personalabteilung verglichen.

Ergebnisse: Probleme mit Arbeitsorganisation, Personalführung und Betriebsklima belasten Examinierte und Schüler recht unterschiedlich:

Arbeitsorganisation: Obwohl Schüler die Organisation schlechter beurteilten als ihre Kollegen, hatte deren Unzufriedenheit geringeren Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Handlungsbedarf besteht bei Schülern: die Aussicht, den eigenen Arbeitsbereich mitgestalten und optimieren zu können.

Führung/Zusammenarbeit: Schüler waren mit Vorgesetztenverhalten und Stationsklima deutlich unzufriedener als Pflegekräfte. Es bestand direkter Bezug zu Zufriedenheit und Fehlzeiten.

Belastung: Schüler hatten trotz geringer Verantwortung das Gefühl, stark belastet zu sein, mit deutlichen Auswirkungen auf Arbeitszufriedenheit und Fehlzeiten.

Fluktuation: 44 % der Schüler konnten sich vorstellen, ihre Arbeit bis zum Renteneintritt durchzuhalten - Pflegekräfte nur zu 25 %! Bei allen Probanden zeigte sich ein nachteiliger Einfluss auf Fehlzeiten. Drei Viertel der Schüler und zwei Drittel der Examinierten würden ihre Berufsentscheidung nochmals so treffen. Demnach scheinen ungünstige betriebliche Umstände zur Unzufriedenheit zu führen und nicht die Tätigkeit an sich.

Schlussfolgerungen: Die hohen Fehlzeiten von Schülern sprechen für viel Handlungsbedarf seitens Schul- und Krankenhausleitung. Vor und während der Ausbildung sind mehr betriebliche Aufklärung und bessere Betreuung der Schüler notwendig - denn mit Ende der Ausbildung wird die Belastung zunehmen. Die Studienergebnisse sprechen dafür, dass die Arbeitszufriedenheit der Schüler erhöht werden kann und motivationsbedingte Fehlzeiten gesenkt werden können.

Abstract

Purpose: To analyse the high level of absenteeism among nursing trainees compared with nursing staff. Unlike previous studies, the present study focussed on work satisfaction and motivation. Specifically, combining satisfaction with absenteeism was a novel approach.

Method: For assessing work satisfaction, a standardised form with 73 items in four areas was drafted and checked in a pre-test (n = 150). 861 nurses and 159 trainees were interviewed. The absenteeism data given by the nursing staff were compared with the ‘missing’ records of the personnel department.

Results: In all areas it was found that, in particular, problems of organisation, personnel management and working atmosphere in the hospital were a burden on the employees. In detail, however, there were considerable differences between nurses and trainees in respect of appraisal.

Work organisation: Although trainees rated work organisation aspects lower than nurses, direct relationship to work satisfaction was less pronounced. For the trainees, improvements are imperative in respect of active self-responsibility.

Leadership/co-operation: Trainees rated supervisor behaviour and working atmosphere lower than their colleagues. There was a direct relation to satisfaction and absenteeism.

Workload/stress: Although their responsibility was less, a larger proportion of the trainees felt stressed. This was directly related to work satisfaction and absenteeism.

Fluctuation and turnover: 44 % of the trainees would be prepared to work up to the age of retirement, but only 25 % of the qualified staff. Nevertheless, three-quarters of the trainees and two-thirds of the nurses would choose the same profession again. Hence, unfavourable local (internal) circumstances led to the discontent and not the profession as such.

Conclusions: The extremely high absenteeism of nursing trainees calls for action on the part of school and hospital management. There is a need for better information and care before and during professional training, because workload will be higher at the end of the training. The study indicates possibilities of increasing work satisfaction and decreasing absenteeism of trainees.

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2 Hohe Fehlzeiten wurden hier definiert als zehn und mehr Tage.

Dr. Friederike Wenderlein

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